Cyra - Freund

Cyra war müde.
Sie knetete den Griff ihrer Axt und presste angespannt ihre Kiefer aufeinander. Sie starrte den Rücken des vor ihr stehenden Charr eine Weile an und schnaubte dann, als ihre Gedanken abzudriften drohten. Sie versuchte sich zu erinnern, wie lange sie hier schon standen. Fragte sich, wie lange sie noch die Mordrem abwehren müssen. Wie hoch die Stapel der Mordremkadaver an ihrer Seite noch werden würden.
Ein Kriegshorn erscholl und der raue Ton dröhnte in Cyras Kopf. Selbst als das Horn verstummt war, brummte es weiter in dem Schädel der Blutsoldatin. Ihre Pranken zitterten. Irgendwas stimmte nicht.
Es folgte ein unheimliches Geheul und der Boden erzitterte unter dem Heranstürmen unzähliger Mordremhunde. Cyra seufzte und kniff die Augen kurz zu. Ihr Herz pochte wild und lies ihren eigenen Puls in ihren Ohren hämmern, wie ein unveränderter schneller Rhythmus. Sie stand hier seit Stunden und wehrte die Mordrem ab, wie es der Befehl des Zenturio war. Dessen Kriegsschar war gut eingespielt. Tödlich und genau. Doch es war eben nicht Cyras Trupp. Plötzlich durchflutete sie für eine Sekunde ein Gefühl der Einsamkeit. Broxx hatte keine Wahl, als ein fähiger Soldat vom Zenturio gebraucht wurde. Cyra musste aushelfen und stand nun hier. Allein und mit diesem seltsamen Gefühl im Herzen. Sie überprüfte schnell noch ihre Ringe um ihre stählernden Handschuhe, welche ihre Magie unterdrückten.
Irgendwas stimmte nicht.
Die neue Woge der Mordremoth Diener schlug heftig gegen die erste Reihe der Charr Soldaten. Es folgte eine Kakophonie aus Brüllen, Knurren, Reißen und stählernen Geklirre. Cyra stand in der dritten und letzten Reihe der Formation und würde alles das klein schlagen, was die Frontkrieger durchließen. Sie sammelte sich und zwang ihre Gedanken endlich dazu, sich zu konzentrieren. Ihr innerer Rhythmus rauschte durch ihre Ohren und sie überlagerte das Unbehagen darin mit einem lauten Knurren.
Die ganze Kriegsschar wurde etwas zurück gedrängt, als sich schließlich ein großes Exemplar eines Mordremwolfs eine Bresche schlug und einen Soldaten der zweiten Reihe ins Maul nahm und wie ein Spielzeug davon schleuderte. Sein Schreien verstummte, als er gegen den Kameraden neben Cyra prallte und ihn schwer zu Boden riss. Cyra knurrte den Wolf an und setzte sich in Bewegung.
Ihr Befehl. Ihre Verantwortung. Sie würde das Ungetüm aufhalten müssen. Sieg um jeden Preis.


Die Blutsoldatin wehrte einen Prankenhieb des Monsters mit der flachen Seite ihrer Axt ab und lies dann blitzschnell ihren Dolch vorschnellen. Das Tier erlitt einen kleinen Schnitt an der Schulter, der ihn jedoch nicht im Geringsten zu interessieren schien. Die mächtigen Kiefer flogen auf Cyra zu und sie musste einen Satz nach hinten machen. Sie funkelte das Biest an und schnaufte schwer.
Es verschwamm für eine Sekunde vor ihren orangenen Augen. Die Müdigkeit. Die Erschöpfung. Cyra lies das Biest heranrücken und wehrte einen weiteren Prankenhieb ab, doch als das ganze Untier sich plötzlich seitlich stellte und sie zu Boden schubste, war die Charr zu langsam. Sie landete ungelenkig, halb auf der Seite, ächzte und knurrte wieder gegen das Gerausche und das Pochen ihres Herzens in ihren Ohren an. Sie hob den Kopf, und alles, was sie sah, waren die Kiefer des Mordremwolfes. Sie keuchte und öffnete das Maul. Doch von ihrem Schrei hörte sie nichts.
Sie spürte auch nichts, als ihre Welt verschwamm und sich wie ein Standbild festsetzte. Die Farben verblassten. Das letzte Bild vor Ihren Augen, die Zähne und der Rachen des Mordrem löste sich auf.


Cyra hatte für den Sekundenbruchteil das Gefühl zu fliegen. Schmerzlos zu gleiten. Es ging viel zu schnell, als das sie ihn erkannt hätte. Ihren Freund, der sie ihr halbes Leben lang begleitete. Den sie immer verabscheute, obwohl er alle miteinander verbindet. Cyras Körper sank schwer zurück und entlies Unmengen an rotem Lebenssaft in die kalte Erde unter ihr als sie fiel…und fiel. Bis ihr Freund, der Tod, sie stumm auffing und mit sich nahm.

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