Morgenappell, Blut und Glorie

"Ich will nach Orr!"
Veruca bestimmte es mit einer Entschlossenheit, die den bepelzten Kriegsmeister kurzzeitig blinzeln ließ. Nicht genug, dass die Menschenfrau mit völlig aufgequollenenden Augen vor ihm stand, gesegnet mit dem dunklen Schatten einer langen Nacht- immerhin war sie ja auf dem Ball ihrer Famile gewesen- nein, da roch sie auch noch wie ein köstliches Frühstücksbuffet, mit noch schlagenden Herzen.
Kurzzeitig verzog sich die Charrmiene ins selige Fänge blecken mit dem Ausdruck 'ich mags blutig', dann paffte er wieder an seiner Wasserpfeife im Büro und glotzte die ruhelose Iorga nur verständnislos an.
"Du bist zum schreiben hier, nicht zum Krieg spielen." Grom paffte ihr einen Schwall süßlichen Tabakdampfes entgegen, in dem die faulige Note von Fleischresten mitschwang, die sich zum sterben zwischen seine Reisszähne gelegt hatten und noch nicht von gelangweilten Krallenspitzen geborgen wurden.
Vom Trotz beflügelt, der sicherlich auch der Übermüdung zu verschulden war, schwang sie herum und stemmte die Hände in die Hüften, die noch immer im überteuerten, weissen Stoff des Ballkleides steckten.
"Ich will da nicht zum Krieg spielen hin!" Höher reckte sie das Kinn, erhaben und vom Unverständnis übermannt, dass der alte Charr ihr überhaupt sowas unterstellen konnte.
"Wofür dann? Wohl nicht zum Landschaft betrachten. " und wieder zog der Charr am übergroßen Mundstück der Wasserpfeife und beräucherte in der Ahnung, dass die Frau ihm gleich noch einige Nerven annagen würde, weiter seine Sinne.
"Ne. 'Er' ist doch da. Ich weiss jetzt wo, ich will da hin!" Es fehlte nur noch das bockige aufstampfen mit dem Fuß, um das Bilde des 'ich will aber!' Kindes abzurunden.

"Musst du zur Begattung ganz nach Orr? Bitter." Grom wollte gar nicht sarkastisch klingen, noch war es seine Art- dennoch hafteten übermüdete Ohren seinen Worten viel zu viel Boshaftigkeit an, so dass keine zwei Sekunden später das Tintenfaß vom Tisch, an seinem breiten Schädel vorbei segelte, eins seiner Hörner striff und an der Wand hinter ihm zerschellte.
Er zuckte nicht mal- dafür erstarb das blubbern in der Wasserpfeife.

"Echt jetzt?" Gute zehn Sekunden hatten beide sich nur angestarrt, bis Veruca im stillen Entsetzen über ihren Ausbruch, dass Haupt gesenkt hatte und die Schultern anzog. Sie zitterten verdächtig.
"Verflammt, Iorga! Wir könn' hier grad niemanden entbehren. Nich' mal n' Blattschubser wie dich! Hast gehört was mit dem Salatkopf passiert ist. Noch mehr Ausfälle sind nich' drin." Die Unzufriedenheit über den Ausfall eines Truppmitgliedes, verleihte dem ohnehin tiefen Grollen der Charrstimme noch mehr Bedrohlichkeit. Ein Klang, der an der Menschenfrau nicht spurlos vorbei zog und den Leib zum anspannen der Muskeln lockte, ala natürliche Reaktion auf den unterdrückten Fluchtinstinkt und der Erinnerung an die schlechte Kunde vom letzten Tag.
Der Verlust der Späherin tat ihr leid, aber nicht leid genug, um dem Gefühl mehr als fünf Sekunden in der Mimik einzuräumen, bevor der Ärger und Trotz wieder gewann.

Indess hatte sich eine der Recken ins Büro verirrt und unterstützte das zuqualmen des Raumes, mit dem Glimmstengel im Mundwinkel. Obwohl Die Wächterin in Verucas Rücken sich keine Mühe gab leise zu sein, blieb sie dank der müden Sinne und dem Fokus auf den Kriegsmeister unbemerkt.

"Aber ich fall nicht aus! Schau Grom..." bemüht darum, sich selbst zu besänftigen und auch den alten Charr damit milder zu stimmen, trat sie näher an den Schreibtisch, wo bereits halb in sich gerollt, die Landkarte wartete und grob wieder ausgebreitet wurde. "Hier, schau. Der Versorgungstrupp von Kriegsmeisterin Yornsdottir, rückt in einer Woche aus. Die bleiben auch nur zwei, zum verteilen der Güter und so. " sie kam sich unheimlich klug vor, dass offensichtliche wie ein Geheimnis zu verkünden und die Worte mit einem Deut des Zeigefingers auf der Karte zu betonen. "Da kann garnichts schief gehen. N' Monat, dann bin ich wieder da." Natürlich konnte so ziemlich ALLES schief gehen, dass wussten alle im Raum, aber niemand sprach es aus.

Grom runzelte die Stirn, was sich im wullstigen aufstellen des dunklen Fells über den Augen äußerte, die er zeitgleich engte. "Hast du letzte Nacht dein Hirn versoffen und auf dem Tanzparkett zertrampelt?!" Er meinte die Frage absolut Ernst, wo er ihr doch allen Grund dazu gab, an ihrem sonst so ausgebufften Verstand zu zweifeln. Die Lippen schon einen Spalt weit geöffnet, um zur Antwort anzusetzen, lenkte sie das 'He Vera?' Von der Seite ab.
Das Gesich drehte sich zur Seite und mit der Regung kribbelte die böse Vorahnung unangenehm im Nacken, als Dele's Züge vor dem Blick verschwanden, ersetzt durch eine formschönen Plattenfaust.
Es blieb nicht mal Zeit für ein entsetztes, erschrockenes jappsen, da knackte und knirschte es auch schon leidig in ihrem Schädel, als das Nasenbein ächzend unter dem Schlag nachgab und brach.
Es war ein widerliches Geräusch, dass als Vorbote des explodierenden Schmerzes im Schädel, wie ein spottender Sadist widerhallte- dann rollte sie auch schon mit den Augen und kippte um.

"Ups." Dele klang fürchterlich gleichgültig beim ausschütteln ihrer Faust und betrachten der bewusstlosen Iorga, deren Nase den Bruch schon Sekunden später im leuchtenden Rot verkündete, während Blut aus dem Nasenloch rann.
"VERFLAMMT BARION! WAS soll der Scheiss?! Haben dir deine Götter in den Schädel gespuckt und vergessen auszuwischen?!" Grom war aufgesprungen und marschierte längst um den Schreibtisch, von dem der unruhig umher zuckende Schweif die ersten Papiere fegte.
Unbekümmert und sich keiner Schuld bewusst, zuckte die Wächterin mit den Schultern und beugte sich schon hinab, um den schlaffen Leib der Künstlerin am Arm hoch zu ziehen und sich über die Schulter zu werfen. "Was denn? Schreibs als Unfall im Einsatz ab. Wenn jemand fragt, ist sie gegen den Aktenschrank gelaufen. Ich geh sie mal ins Bett verfrachten und ihr ne Tablette fürs aufwachen besorgen."
Fassunglos betrachtete der große Charr und Kompanieführer, wie das Großmaul seiner Truppe, die weit zartere Iorga über die Schulter warf, als wäre sie nicht mehr als ein halb voller Sack Kartoffeln- nur das dieser hier einen kleinen Hintern hatte, den die Reckin gutmütig mit dem Plattenhandschuh tätscheln konnte, der zuvor noch die Bewusstlosigkeit eingeprügelt hatte.
"Reg dich ab Spitzklaue. Da unten überlebt's Prinzesschen keinen Tag, wenn sie nich' mal n' Schlag von mir aushält. Sie wirds einsehen, wenn die Kopfschmerzen vorbei sind. Ausserdem kannst den Antrag nu ablehnen. Is' ja verletzt das Püppchen, hehe."
"Oh." Nachdenklich kratzten zwei Krallen unter dem Charrkinn herum, während der Kriegsmeister über die Worte sann und recht bald die Fänge bleckte.
"Weiber, verflammt. Abgetreten. Will dich hier heute nicht mehr sehen Barion. Und die da auch nicht!" Selten bestimmt klang das Grollen aus der Charrkehle, dass im halben Knurren endete und der Wächterin deutete, die Grenze seiner Geduld nun nicht mit dem Drang zum letzten Wort über zu strapazieren. Somit blieb es beim gut gelaunten "Blut und Glorie!" Bevor die Reckin ihre Beute aus dem Büro schleppte und tatsächlich glorienhaft vollgeblutet wurde.~