Vom Rudel

TOCK!

TOCK!

TOCK!



Es war recht früher Morgen, als das Schlagen von Stahl auf Holz die Schneestille zerbiss. Das Wäldchen, dem das Hacken entsprang war ein Stück weit entfernt vom Gehöft und so kam dort nicht viel mehr an als jener helle, hallende Lärm von Äxten. Eins. Zwei. Tock...Tock, nicht zu hastig, nicht zu träge. Wie ein zufriedener Herzschlag. Wer auch immer da hackte, er hatte Zeit und keine Eile.



"Hick uuund hack,

die Rinde geknackt,

das Holz schön gespalten,

du kannst dich nicht halten!


Hack uuund hick,

der Stamm ist noch dick!

Fällt Schnee von den Zweigen

musst du dich bald neigen!"




In den scharf ausschlagenden Rythmus zweier Äxte schmiegten sich zwei Stimmen. Ein Mann und eine Frau sangen miteinander und wo die Frauenstimme Talent und Wärme mitbrachte, ergänzte die Männerkehle mit Kunstfertigkeit und Mut das fröhliche Holzfällerlied. Eik und Grit waren das, die mit abwechselndem Axtschlag eine anständige Schneekiefer in der Mangel hatten. Schlug die eine zu, zog der andere zurück, dann ging es von vorne los und zwischendrein wurde lautstark miteinander gesungen.


Es ging schon eine ganze Weile so, Eichhörnchen und Schneehasen hatten sich längst protestierend verzogen, als der Skalde mit einem Altherrenächzen dann schließlich die Axt streckte. "Oah, halt, aus, Päuschen." verlangte er außer Atem und musste prompt lachen, als es Grit einmal um die eigene Achse wirbelte weil sie den Schwung des aussetzenden Schlages nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte. Oder wollte, immerhin lachte auch sie fröhlich. "Danach machen wir gleich den nächsten, ja? Ja?!" verlangte die ungestüme Frau mit roten Wangen und einem Strahlen, das den Schnee von den Lärchenästen schmolz.

"Sei halt nicht so ungeduldig. Jetzt trinken wir erst einmal was, dann essen wir was, dann rauchen wir ein Pfeifchen und dann..."

"Eik! Du fauler Köter!" schimpfte Margrit lachend und schippte mit dem Fuß Schnee gen den Skalden, der den Teufel tat, um sich zu ducken.

"...dann lege ich ungeduldige Welpen übers Knie und DANN bringen wir mal diese erste Kiefer zu Fall. Ist das ein Geschäft? Das ist ein Geschäft." Der Mann nickte zufrieden, schaute den Baum hoch und so schnell nicht mehr hinunter. Es wurde still.

"Was siehst du da oben, Honigschnauze?" verlangte die Frau nach einer Weile zu wissen, als sie sich neben ihn stellte, die Hände in den Hüften und den Kopf in den Nacken gelegt, so dass der Atemdampf senkrecht stieg. Eik brummte ein leises Lachen und legte seinen Arm um Grits Schultern. "Ein, zwei Flöten. Vielleicht eine Bodhran für dich." Skeptisch legten sich die nachtschwarzen Augen seiner Tochter auf den alten Köter. "...das ist aber ein bisschen viel Schneekiefer für ein bisschen wenig Werkstück, oder?" Schräg neigte sie das dunkle, schneebetupfte Haupt, um zu ihrem Vater aufzublicken. Eine Weile betrachtete sie das zufriedene Wolfslächeln im blonden Bart, das kühne Messen goldgelber Wolfsaugen und das entschlossene Nicken des Mannes, ehe sie nachhakte. "Was tun wir denn mit dem Rest jetzt?" Seine Antwort ließ sich ein wenig Zeit, als hätte er sie just erst in diesem Moment, mit dieser Frage für sich selber eindeutig beantwortet.

"Mit dem Rest? Richten wir ein Dach. Was dachtest du denn."

Margrit Eddadottirs Kopf legte sich zurück in den Nacken, damit sie den Blick in den hohen Kiefernwipfel hinaufschicken konnte. Sie kam nicht umhin, in sich hineinzulächeln. Die Jägerin mit dem Hochgipfelblut kannte ihren Vater erst kurz und wusste noch kaum etwas von ihm. Aber eines war ihr klar: Solange er etwas zu tun hatte, würde er bleiben.


Fürs Erste.