Mal wieder über den Tisch gezogen (Gildas)

Es war mal wieder einer dieser typischen Tage... Der Himmel schien einem über dem Kopf zusammen zu fallen, so stark regnete es und als wäre das nicht schon genug, schien einfach nichts so zu sein wie es sollte. Zu allem Überfluss hatte Gildas genau an diesem Tag ein Treffen mit seinem zukünftigen Auftraggeber. Die Stimmung war bereits schlecht, als er aufgestanden war. Ein unbequemes Strohbett in einer heruntergekommenen Kneipe. Doch was hatte er denn erwarten sollen? Wenn man in irgendeinem Dorf, von dem man zuvor nicht einmal gehört hatte, mit den Worten 'Einmal das billigste Zimmer' in einer Kneipe aufkreuzte, konnte man froh sein, nicht mit den Kühen im Stall zu kuscheln. Der Rücken schmerzte, der Kopf brummte und die Haare klebten an ihm, so durchnässt waren sie. Aber nur wegen soetwas einen Auftrag verpassen? Keineswegs.
Wie immer setzte er das fröhliche Summen auf, das er immer hatte. Das Lied hatte sich schon seit geraumer Zeit in seinen Kopf gebrannt. Vor gut 10 Jahren, als er in Ebonfalke unter einem Kommandanten gedient hatte, hatte er das Lied das erste mal vernommen. Aber das ist eine andere Geschichte. Seine Schritte wurden von dem prasselnden Regen geschluckt und egal wo er hin sah, sah man doch nur die grauen, gesichtlosen Gestalten irgendwelcher Dorfbewohner die er nicht kannte. Grimmige Blicke fing er sich ein, nur weil er anscheinend seine gute Laune wahren wollte. Aber darauf gab er nichts, war er sich schlimmeres gewohnt. Immerhin ist alles besser, als mit einem Stein gegen den Kopf begrüßt zu werden und das jeden Morgen. Doch wer war er sich zu beschweren?
Nach nur einer kurzen Wanderschaft kam er endlich am Zeltlager an, der ihm genannt wurde. Das Feuer war schon länger runtergebrannt, hatte man wohl nicht mit einem solchen Schauer gerechnet. Auch die Zelte schienen improvisorisch auf den plötzlichen Sturm abgestimmt zu sein. Der große Karren stand verlassen, hätte er wenigstens eine Wache erwartet. Wenigstens hatte der Regen etwas nachgelassen auf dem Weg hierher, doch wunderte es ihn immer noch, das er niemanden sah. Er räusperte sich kurz, bevor er tief einatmete. "Jetzt bin ich schon wegen einem Auftrag hier, den ich gar nicht machen will, und jetzt ist niemand Wach oder was?!" ,rief er dann so laut er konnte und zu seinem Vergnügen hörte man ein Poltern aus einem der Zelte. Anscheinend wurde gerade jemand aus dem Schlaf gerissen und stieß überall dagegen, wo man gegen stoßen konnte. Ein leises, zufriedenes Kichern konnte er sich nicht verkneifen.
"Verflucht nochmal." ,hörte man die Stimme eines alten Mannes, ehe die Zeltplane aufschlug und eine Gestalt in brauner Robe hinaus stolperte. "Ihr Mietklingen wisst euch alle nicht zu benehmen, was?!" Die fast schon knurrenden Worte des Mannes wurden zwar vom Regen halb verschluckt, doch hörte man noch immer den Ärger, der in der Stimme lag. "Wie dem auch sei... Ihr seid hier, wegen des Auftrags, sagtet Ihr?"
Gildas nickte und verschränkte die Arme vor der Brust. "Aye. Und machen wir das ganze Formelle schnell. Umso eher dieser Auftrag vorbei ist, desto besser." Man konnte seinen Missmut deutlich heraushören. Eine einfache Eskorte eines Karrens. So eine Aufgabe war eine Beleidigung für ihn. Aber er brauchte nun mal das Gold.
Der alte Mann kam näher, schien er beim Laufen fast dem Regen ausweichen zu wollen, was eher sehr amüsant aussah. "Ich habe es Euch doch gesagt. Eine einfache Eskorte. Ihr geleitet uns nach Götterfels. Sobald wir dort angekommen sind, gibt es die Bezahlung und unsere Wege trennen sich." ,grummelte er. "Danach seid Ihr wieder ein freier Mann und ich habe meine Ruhe."
So gerne er dem alten Mann auch einfach mal die Meinung geigen würde, so verhielt er sich doch höflich und nickte nur. Wieso machte er sich die Arbeit überhaupt? Wenn er zurück zu seinem Vater gehen würde, könnte er vielleicht die Wogen wieder glätten. Aber das lies sein Stolz einfach nicht zu. Verflucht sei sein Stolz. Somit begab sich Gildas einfach nur zu dem großen Karren und lehnte sich daran mit dem Rücken, beobachtend, wie das Lager langsam abgebaut wird und immer mehr Leute aus den Zelten schlüpfen. Ingesamt war es eine zehnköpfige Truppe. Der alte Mann, sein scheinbarer Sohn und sonst nur Söldner und Halsabschneider. Gildas vertraute keinem dieser Leute auch nur ein Stück. Er hatte oft genug mit anderen Mietklingen zu tun und bevorzugte deshalb alleine zu arbeiten. Sobald man auf einem Auftrag an den nächst Höherbietenden traf, sprangen sie sich gegenseitig an die Kehle. Idioten ohne Verstand, Ehre oder Prinzipien. Er verabscheute sowas. Es waren nämlich genau solche Leute, die Gildas solch schlechten Ruf einbrachten. Aber sei's drum. Das Lager wurde abgebaut, die Reise begann.


Eine lange Zeit passierte überhaupt nichts. Ab und zu versuchte sich ein Bandit dem Karren zu nähern, doch wurde dieser so schnell von einem Pfeil getroffen, das er nicht mal den Wagen greifen konnte. Zum größten Bedauern war es nicht Gildas, der den Bogen führte. Er lief einfach nur hinter dem Wagen her, den Zweihänder auf den Rücken gebunden. Ihm war Langweilig. Aber mit den Leuten wollte er auch nicht sprechen. Wer konnte es ihm auch verübeln? Jedes mal wenn er einen anderen Söldner anblickte, hätte der Blick dieser Person töten können. Irgendwas war an dieser ganzen Sache faul, aber er konnte sich einfach keinen Reim bilden. Das Einzige was jetzt noch zählte: Den Karren sicher nach Götterfels bringen und niemanden aus den Augen lassen. Weder Freund noch Feind. Ach, was sagte man da schon wieder? Hier gab es keinen Freund. Nur goldgierige Schakale.


Wieder verging die Zeit und sie waren bestimmt schon zwei Stunden unterwegs. Doch immer noch hatte Gildas den Verdacht, das etwas nicht stimmte. Zehn Leute für eine einfache Eskorte auf einer der Handelsstraßen? Die Stützpunkte der Seraphen waren hier überall verteilt. Also wieso hatten sie zehn Mann dabei? Er verstand es einfach nicht, aber wurde auch nicht fürs Verstehen bezahlt. Wenigstens wurde es langsam spannender. Je näher sie Götterfels kamen, desto mehr Banditen gab es, was seltsam war. Die Seraphen hatten eine große Kontrolle um das Areal von Götterfels. Doch er beschwerte sich nicht. Es war zwar selten der Fall, das es genug waren, das auch er Kämpfen durfte, allerdings kam es immerhin vor. Er beschwerte sich also nicht. Naja. Nicht mehr als sowieso schon. Würde auch nichts nützen. Er hatte keinen Vertrag unterzeichnet, weshalb er eher mit dem alten Mann im Guten stand.


Götterfels war mittlerweile schon in Sichtweite. Der Regen hatte der Sonne platz gemacht, doch die Moral der Söldner sinkte immer weiter. Eine langer Weg, keine Pausen und so gut wie keine Gespräche. Anscheinend waren alle Söldner, die bei dieser Truppe dabei waren, freischaffend. Es machte auf jeden Fall den Eindruck, da sich niemand auch nur mit dem Hintern ansah. Wenn man von den tödlichen Blicken die Gildas zugeworfen werden mal absieht. Das war noch ein seltsamer Punkt. Alle starrten Stur geradeaus. Keiner besah sich die Umgebung oder die anderen Leute. Neugier war wohl nicht so deren Ding. Doch er war froh, das das Ende der Reise endlich in Sicht gekommen ist.
Doch kaum als er diesen Gedanken beendet hatte, kam der gesamte Zug ins Stocken. Er runzelte die Stirn unter dem Helm und versuchte zu sehen, was vor dem Karren los war. Er konnte jedoch nicht viel erkennen, denn einige Söldner verdeckten ihm die Sicht. Er hörte nur leise das Gegrummel des alten Mannes und konnte somit nur Wortfetzen verstehen. Irgendwas von Schwierigkeiten, der Ware und... Was?
Gildas zog sofort den Zweihänder vom Rücken und preschte durch die Reihe der Söldner. Natürlich gab es verärgerte Rufe, doch das war ihm egal. Seine Aufgabe war klar. Den ganzen Karren durch die Mission zu bringen. Mit einem ausfallenden Schritt schlug er den Knauf seines Schwertes dem Ersten, der vor dem Wagen stand, mitten ins Gesicht. Es knackte laut auf, hatte er anscheinend die Nase eines armen Banditen erwischt. Denn genau das waren die vermeintlichen Seraphen vor ihnen. Die Art, wie sie gesprochen hatten war nicht richtig und auch nicht was sie verlangt hatten. Ein Teil der Ware konfeszieren für 'ein größeres Wohl'. Das er nicht lachte.
Er parrierte zwei schnelle Dolchhiebe mit der breiten Klinge, bevor er mit einem gezielten Tritt in die Magengrube einen zweiten Banditen auf die Bretter schickte. Natürlich starrten ihn die anderen Söldner nur dumm an, hatten sie den Ernst der Lage wohl nicht begriffen: Sie waren in einen geplanten Hinterhalt geraten. Kaum hatte er aber den zweiten gefällt, kam schon der Dritte auf ihn zu. Ein großer Kerl mit einer Axt, die er wild über dem Kopf schwang und so auf Gildas zustürmte. Er lächelte Selbstsicher, denn wenn er einen Vorteil gegenüber den Banditen hatte, dann war es die hervorragende Kampfausbildung die er genossen hatte, als er noch Klein war.
Somit rammte er den Zweihänder in den Boden, schlitterte auf die Knie um dem Axthieb auszuweichen, der ihn vermutlich enthauptet hätte wenn er stehen geblieben wäre. Sobald der Bandit fast an ihm vorbei war, packte er mit der bepanzerten Hand das Bein des Banditen, drehte sich dann um die eigene Achse und brachte den Bandit zum Stolpern, während er selbst aufsprang. Etwas verwirrt sah Gildas sich um, hatte er schon immer dieses Manöver gehasst. Doch der Bandit lies nicht lange warten, sondern stand so schnell auf wie er konnte und rannte erneut auf Gildas zu. Da kam auch endlich der erste Angriff der anderen Söldner, die bei dem Karren dabei waren. Zwei Pfeile trafen den Banditen und streckten ihn nieder. Genau in diesem Moment knallte etwas gegen den Kopf von Gildas und ihm wurde schwarz vor Augen.


"Sollten wir den nich' zum schweig'n bring'?" ,brummte eine gedämpfte Stimme. Jedenfalls klang sie sehr gedämpft in den Ohren von Gildas. Klar, sein Blick war auch verschwommen und sein Kopf pochte wie wild.
"Lass 'n liegen. Sobald der wieder aufsteht sin' wa weg." ,mischte sich nun auch eine zweite Stimme ein.
"Der Kerl hat die ganze Operation gefährdet! Wo hast'n den her, Duncan?" Die dritte Stimme kam ihm bekannt vor. Der Sohn des Alten?
"Schaut mich nicht so an! Er hat gute Arbeit geleistet. So müssen wir nicht die Beute mit diesen Idioten von Davon's Bande teilen!" Und da war auch schon die Stimme des alten Mannes. War ja klar.
"Soll mir recht sein. Sollt'n jetz' aber langsam gehen. Seraph'n könnt'n kommen." ,brummte die erste Stimme wieder auf.
"Wulfgar, verpass ihm noch mal eine. Ich glaube der kommt bald zu sich. Dann wird er wahrscheinlich nach dem Gold fragen." ,hörte er noch den Alten lachen bevor sein Kopf wieder dröhnte und er einen erneuten Schlag abbekam. Wieder wurde die Welt schwarz. Wieder wurde er über den Tisch gezogen.


"Nie wieder einen Auftrag ohne Vertrag..."

Kommentare 1

  • Sehr schön und kurzweilig :) Ich mag deinen Schreibstil, lebendig und angenehm zu lesen. Und toller Spannungsaufbau! So als völliger Outsider habe ich natürlich keine Ahnung, was für eine ominöse Lieferung da im Gange war. Vielleicht erfahren wir es ja noch in einer der nächsten Geschichten? =)
    Liebe Grüße, Isidal