Wintertag in Orr

Etwas war gewaltig schief gelaufen in seinem Leben, da musste Spaxx nicht lange überlegen. Nun saß er also hier, auf einem verrottenden Sofa, das auf einem Hügel irgendeines orrianischen Strandes stand, neben einer mit Lametta und Korallen überwucherten Leiche. Gewärmt von zwei lodernden Scheiterhaufen voller Leiber, mit einem verbundenen, halb abgeschnittenen Bein, dabei eine übergroße Wintertagsmütze auf dem Kopf tragend...In Gesellschaft von alkoholisierten, aufgeputschten Wahnsinnigen, die mit ihm Wintertagsgeschenke Toter auspackten. Dass er sich dabei so sicher fühlte wie lange nicht mehr, löste die widersprüchlichsten Gefühle in ihm aus... aber er war nicht verrückt, er war keiner von ihnen. Er war nicht verrückt, alle anderen waren es. Und auch wenn diese Phrase sich nach einem Ursymptom des Wahnsinns anhörte, diesmal stimmte es. Er schien wirklich noch der einzige bei klarem Verstand zu sein, er und Farlif, wobei sich auch das irgendwie zu ändern schien. Dabei war der Beginn des Tages um Längen unangenehmer gewesen als sein Ausklang, die surreale, makabre Wintertagsfeier erschien ihm noch vergleichsweise erbaulich...


Die Horde hatte das Lager im Morgengrauen überrannt, danach wollten sie einfach nicht mehr gehen. Spaxx hatte die Zeit mit Farlif hier im Zelt der Abtei verbracht, sie waren keine Kämpfer. Sie hatten damit gerechnet, dass Hauptmann Oelsund den Angriff wie immer zurückschlägt, aber etwas war schief gelaufen. Als sie das erkannten, hatten sie es nicht gewagt zu fliehen. Also blieb nur das Verstecken. Kämpfen und heldenhaft sterben? An einem anderen Ort vielleicht, aber nicht auf dieser verfluchten Insel. Zu allem Überfluss war auch noch ein verirrter Schrapnellsplitter durch das Zelt geflogen und hatte seinen Unterschenkel gestreift, was jede Flucht umso unmöglicher erscheinen ließ. Die Verstärkung hätte vor zehn Stunden eintreffen sollen. Vielleicht war sie schon da, aber kämpfte inzwischen für die andere Seite.
Spaxx zitterte vor Angst, Kälte und Schmerz, den halben Tag hatte er sich mit Farlif unter der Plane versteckt gehalten, war unbemerkt geblieben. Der Sylvari war bei ihm gewesen, was ihm Sicherheit gab, trotz der schrecklicken Geräusche draußen. Der Kampflärm waren bald stillem Schlurfen und vereinzeltem, sinnlosen Monstergeplapper gewichen. Am liebsten hätte er kleine Menschenohren gehabt, aber er hörte alles.
Aber dann begann etwas, direkt auf sie zu zu schlurfen. "Darf ich...sehen....darf ich dich....", säuselte das untote Wesen benommen, heiser vor sich hin. Es war in das Abteizelt eingedrungen. Es musste nur noch nach der Plane greifen, dann würden sie alle angeschwärmt kommen und sie beide...er wollte nicht daran denken!
Doch Spaxx hatte schon immer eine sehr bildliche Fantasie gehabt und er hatte ein starkes Gedächtnis für Schmerzen. Das war ihm dann zu viel - er verlor für einen Moment die Kontrolle über seinen Atem, über seinen Körper, er wollte sich entgegen aller Logik losreißen und nur noch wegrennen. Der Sylvari hielt ihn aber mit der Kraft die ihm bleib fest, drückte ihm die Hand auf den Mund, hielt seine kleinen Hände umfasst, bis er wieder Herr seiner Sinne war.
"Leuchtet...", keuchte die Kreatur alarmiert, taumelte in ihre Richtung, als hätte sie eine Regung unter der Plane erspürt.
Eine weitere Gestalt stolperte ins Zelt, sie gurgelte und röchelte vor sich hin. Spaxx beobachtete die beiden durch ein Löchlein in der Plane. Ein Mann und eine Frau, oder was davon übrig war. Ihre Augen und Lippen waren lange fort. In den Händen hielt er eine Schaufel, sie ein Stück Koralle als Schlagwaffe. Orrianische Dorfbewohner. Plötzlich blieben beide stehen.
"Zeit ist...ewig hungrig....", presste der mit der Schaufel hervor, durch die Plane schien der augenlose Untote Spaxx direkt zu fixieren. Spaxx erschauderte, hielt sich am Sylvari fest. Sprach das Ding zu ihm?
Zeit ist ewig hungrig?
War seine Zeit also gekommen?
Oder meinte er Zhaitan?
Draußen war ein Knall zu hören, so wie Rufe, Schläge. Das Jammern der Zhaitandiener.
Die beiden verottenden Eindringline standen nun da wie festgewachsen. Sahen zu den Zeltausgängen, dann wieder auf die Plane, knirschten die Zähne, wiegten die Köpfe hin und her.
"Er....hungert...", krächzte die 'Frau' noch, wollte einen Schritt auf sie zu tun.
Durch die Zeltplane kam eine gerüstete Gestalt hereingestolpert, mit ihrem Schild stieß sie die Orrianerin äußerst gewaltsam über den Frühstückstisch, der noch für vier Personen gedeckt war, das Möbelstück wurde ihr gleich darauf splitternd entgegengetreten und purzelte über ihren Leib. Dem zweiten wandelnden Toten wurde von oben ein Hieb mit einer groben Schlagwaffe verpasst, dem über Jahrzehnte zersetzten und unheilig zusammengehaltenen Körper gab das den Rest - samt Rückgrat wurde der Schädel des Untoten herausgebrochen, doch die Wirbel wurden von den Kleidungsfetzen noch irgendwie am Körper gehalten. Dann sackte er zusammen.
Eine weitere Person war durch die Zeltwand getreten - ein brauner Asura, bewaffnet mit einem Gewehr. Ohne große Eile schritt er an dem umgeworfenen Tisch vorbei. Die am Boden liegende Orrianerin wollte sich gerade mühsam erheben.
"...ihr Kindlein, speist-"
Er feuerte eine blitzende Ladung in ihre platzende Stirn, Splitter regneten gegen die Plane. Der Krach liess Spaxx zusammenzucken und sich umso fester an Farlifs Schulter kauern. Die Kreatur zuckte noch einmal mit allen Gliedern, ehe sie ihr unheiliges Leben für immer aushauchte und mit weit geöffnetem Maul liegen blieb. Der Asura beugte sich über sie und fasste sich an sein Monokel, als untersuche er sie. Er schob den Finger gegen ihre obere Zahnreihe. So schnell wie er hier aufgetaucht und die Untote niedergestreckt hatte, so schnell war er auch wieder aus der anderen Seite des Zeltes verschwunden. Bald hörte man weitere Schüsse seiner Waffe, das stets präsente Gestöhne und Gejammere der Untoten vor dem Zelt wurde intensiver, immer wieder unterbrochen von einem fast erleichtert klingenden Aufseufzen nach einem erfolgreichen Abschuss.


Nach Stunden des hoffnungslosen Bangens schob Farlif also die Plane von ihnen. Sie sahen auf zu der Gestalt, einer Menschenfrau, die vor ihnen stand. Die spitzen Schulterplatten und der Kriegshelm mit dem geschundenen Kamm wiesen sie als Kriegerin der Wachsamen aus, der Rest der Kleidung und Rüstung wirkte grob zusammengestellt, doch durch die dunkle Tönung harmonierten sie. Ihr runder, verrotteter und zerschlagener Holzschild musste einst einem Orrianer gehört haben. Ihr Kopf ruckte überrascht herum, sie sah sie mit stechenden Augen an.
Sie hoben die Hände vor sich, Farlif öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch bis er die Worte fand, hatte sich ihre Haltung wieder entspannt, ihnen wurde nur knapp zugenickt. Sie kniete sich hin, packte die Leiche des von ihr erlegten Orrianers mit dem dunklen, gepanzerten Handschuh am Kiefer. Sie schob der Leiche einen Daumen in den Mund, öffnete ihn und beugte sich darüber, um hineinzusehen. Es wirkte routiniert und fachmännisch wie bei einem Zahndoktor. Dann wurden Zeigefinger und Daumen eingeführt, im hinteren Kieferbereich herumgerüttelt. Der Unterkiefer wurde mit einem matschigen Knacken heruntergebrochen. Dann ein Ruck, und die Finger waren wieder draußen, hielten einen kleinen Klumpen Schmutz in den Händen, leicht glänzend. Die Kriegerin spuckte darauf und wischte mit dem Daumen darüber. Ein Goldzahn. Sie verstaute ihn eilig in einer Tasche an ihrem Gürtel und blickte über die Schulter zum Zelteingang, die beiden nicht beachtend. Anschließend klopfte sie den Körper des Untoten ab, wohl auf der Suche nach weiteren Schätzen.
Spaxx beobachtete sie einen Moment, sah unsicher zu Farlif. Farlif räusperte sich schließlich. "Wir...brauchen einen Heiler. Sein Bein ist verletzt. "
Sie beendete ihre Tätigkeit und blicke wieder über die Schulter.
Wie ein Guhl oder Raubtier, das man beim Essen stört, dachte Spaxx sich.
Sie sah ihn an. Ihre Augen wirkten geweitet, die Iris war komplett sichtbar, die Pupillen klein. Er schluckte und als er ihr zu lange in die Augen gesehen hatte, musste er den Blick abwenden. Sie sah zwischen beiden hin und her, als realisiere sie langsam, dass es sich bei ihnen nicht um Leichen oder Statuen handelt. Der Blick normalisierte sich ein klein wenig. Dann sah sie zum Bein. Sie griff in eine ihrer Taschen, holte eine flache Glasflasche hervor, auf die nur drei rote X gekrakelt waren. Sie zog den Korken mit den Zähnen heraus und nahm mehrere Schlucke, als trinke sie Wasser nach einem anstrengenden Marsch. Anschließend streckte sie die Flasche aus, um ungefragt einen Teil des Inhaltes über die Wunde am Bein zu kippen. Farlif hielt Spaxx erneut fest, welcher begann loszufluchen. "Was bei der ewigen...AU!""
"Medizin. Mehr haben wir nicht. 'Soll ruhig trinken", erklärte die Frau mit kratziger, dunkler Stimme und drückte Farlif die Flasche in die Hand. Dann besah sie sich die zerfledderten Abteiroben des Sylvari. "Dachte du wärst Heiler...", meinte sie nur, irgendwie entschuldigend, ehe sie sich abwandte.
"Mein Name ist Farlif, Novize der Abtei-Durmand, ich bin allerdings Historiker. Das ist Spaxx, Logistiker im Orden der Gerüchte, wir..."
Sie hatte sich schon längst abgewandt und wohl nicht mehr zugehört. Sie kniete nun vor einer hölzernen Vorratskiste. Sie war verschlossen.
"Der Schlüssel ist..." Farlif drückte Spaxx die Flasche in die Hand und nahm den Schlüssel vom Gürtel des Asura. Er hielt ihn ihr in den Rücken, doch da hatte sie schon die Scharniere mit den Ende ihres Streitkolbens zerschlagen, den Deckel warf sie zur Seite. Zwiebeln und ein Knoblauchring. Sie wühlte herum, griff nach der erstbesten Zwiebel und biss in das ungeschälte Gemüse, gierig, Schalenreste wurden zum Teil ausgespuckt, teils mit heruntergeschluckt. Auch Knoblauchzehen wurden mit den Zähnen abgetrennt und verschlungen wie saftige Apfelstückchen.
Spaxx und Farlif beobachteten sie wieder, ehe Farlif sagte: "In dem Fass sind auch Fische, die wir-"
Sie blickte kurz über die Schulter und nickte dankend, warf Farlif die angebissene Zwiebel zu und schlug das Fass neben der Truhe mit dem leichenbeschmutzten Streitkolben ein. Der Deckel hatte nur lose daraufgelegen. Etwas Salz rieselte zwischen den Holzsplittern heraus, sie griff hinein und biss in den rohen, unzubereiteten Fisch. Wie ein Guhl...
Durch die Zeltplane, durch die auch sie und der Asura gekommen waren, schob sich ein gelber, graumelierter Charrkopf, schnupperte. "Fisch?", fragte er und ließ ein Ungetüm von einer groben, klingenbewährten Schusswaffe auf den Boden fallen, ehe der beleibte Charr zu der kniendenen Kämpferin tapste und sie zur Seite schob. "Platz, Roy.", brummte er und griff in das Fass, samt Salz verschlang er drei Lachse aufeinmal. Er wischte sich den Mund und griff wieder zu, wieder drei Lachse weniger. Es wurde gerülpst, dann weitergemacht. Die fremden Retter waren dabei, alle Vorräte zu plündern.
"Achtung!", rief der Monokel-Asura von draußen, nach dem er einen Schuss abgegeben hatte. Ein nun einbeinig geschossener Orrianer stürzte kurz darauf gegen die Plane, zog sich an den Händen hinein. "...immer marschieren..!", klagte er, als seine aufgeplatzten Fingernägel in der Erde wühlten, beim Versuch sich fortzubewegen. Die Kriegerin war gerade dabei einen Fisch zu zuzeln, als sich der Untote ihr näherte. Mit einem halben Fisch zwischen den Zähnen robbte sie auf den Knien zu der Kreatur herüber und drückte ihm die Panzerhandschuhe auf den Hinterkopf. Der Kopf wurde zu einer matschigen Masse, als die Daumen knackend durch die Schädeldecke brachen. Wieder wurde ins Maul geschaut, der Unterkiefer ausgerenkt.
"Zahn?!", rief der Asura von draußen.
"Ne!"
"Vereier mich nicht!", kam es gereizt.
"Bitte!" Sie warf ihm den abgerissenen Unterkiefer heraus. Schnell strich sie dem Erlösten auch einen ehemals silbernen Ring vom Finger und verstaute ihn.
"Pah." Der Asura trat wieder ins Zelt. "Perimeter gesichert, blah – was war das eben mit Fisch?" Doch die Situation war selbsterklärend, auch er griff schnell zu und zerriss einen Lachs zwischen seinen spitzen Zähnen, solange noch etwas übrig war. Kurz bekamen Spaxx und Farlif einen Seitenblick, aber das war es auch schon an Interesse.
In das Zelt kamen bald weitere "Gäste" Zwei Norn, Mann und Frau, in geschundenen Wachsamenuniformen. Die Frau wollte schon zu den Fischen, doch der Norn hatte etwas anderes entdeckt. Bisher unbemerkt, rechts vom Eingang, in einer offenen Kiste: Die Würstchenkette! Die hätte es zum Abendessen geben sollen. Der Norn fasste die Frau an der Schulter, zeigte ihr die Kette, die sie dann gemeinsam gierig in sich aufnahmen.
Wie Guhle die Gedärme.
Der Norn blickte sich rasch um, als Spaxx das dachte, als hätte er seine Gedanken gelesen. Kauend sah der schwarzbärtige Riese über seine Schulter, starrte Spaxx mit glasigen Augen an, als wollte er sagen: Sag' bloß nichts oder du bist der nächste. Die beiden Norn verdeckten ihr Festmahl mit ihren Körpern vor den Blicken der abgelenkten Kameraden. Spaxx und Farlif blieb vorerst nichts anderes übrig als abzuwarten und zuzusehen, wie die Soldaten sich satt aßen. Wie Maschinen bewegten sie sich dabei. Oder wie konditionierte Skritt im Labor. Oder reanimierte...ein Schauder durchfuhr ihn. Und eine fürchterliche Erkenntnis holte ihn ein - Es waren keine einfachen Wachsamen! Sie waren Wiedererweckte, getarnt durch Mesmermagie und es waren keine Zwiebeln und Fische, es waren die Innerein seiner Freunde! Sie wollten sie fressen!! Es drehte sich, es wurde trüb, ihm wurde schwarz vor Augen.


"Gestorben?", vernahm Spaxx die Kriegerin, die der Charr Roy genannt hatte, gedämpft. Sie kniete neben ihm und schien nicht untot. Inzwischen hatte sie den Helm abgelegt. Der verwirbelte, nassgeschwitzte Schopf ihrer hochgesteckten schwarzen Haare stand in alle Richtungen. Farlif, der daneben kniete, schüttelte den Kopf.
"Es war ihm alles zu viel. Das Grauen. Die Angst. Dazu der Schmerz der Wunde....er wird schon wieder, denke ich...oh du bist wach?" Er redete beruhigend auf ihn ein.
Roy wandte sich ab, schulterzuckend. Das Essen war weg, die plündernden Wachsamen hatten inzwischen die im Schmutz liegenden Frühstückstörtchen und Riegel aus Omnombeeren entdeckt, die Drozzi für sie gebacken hatte...
Die Panik war verflogen, Schwermut überkam ihn. Drozzi...Sie hatte ihn gern gehabt, da war er sich sicher. Er musste ihren Körper finden. Jetzt fand ihre liebevolle Backarbeit gleich fünf Abnehmer. Doch es wurde nicht brüderlich geteilt, jeder sah zu, dass er selbst genug bekam.
"Unser Lager...wurde heute Morgen überrannt. Wir waren zwanzig an der Zahl.", berichtete Farlif. Ab und zu wurde zu ihm nach hinten gesehen, aber gerade waren den hungrigen Soldaten die Omnombeeren wohl wichtiger. "Gehört ihr zur Verstärkung aus der 3. unter Hauptmann Kerbler? Trupp Eisensporn?"
"Nein...die hat's erwischt so weit ich weiss.", kommentierte der Asura zwischen zwei Bissen.
"Zu...welcher Einheit gehört ihr?", fragte Farlif.
Kurz wurden Blicke ausgetauscht.
"Ach was weiss ich...", brummte der Charr und stopfte sich ein Törtchen in den Mund.
Nach einer Weile antwortete die Kriegerin kauend.
"Ändert sich ständig. Bin in der vierzehnten hier angekommen, war zwischendrin in der achten und jetzt...keine Ahnung. Bei den andren so ähnlich. Wir sind zusammen durch den Fleischwolf hier her. War'n auch mal mehr."
"Sin' die Fleischwölfe!", lachte der Norn, blickte über die Schulter...wandte sich schnell wieder seiner Wurstkette zu.
"Wieso willst du alles das wissen?", fragte seine Gefährtin.
"Ich will mir einen Überblick...wer hat überhaupt das Kommando unter Euch?"
Die Kämpfer sahen wieder einander an, ehe die Mehrheit zum Charr blickte. Die Norn wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. "Wir lassen Cranguz immer vorne laufen, 'is ja so eine Art Anführer oder nicht?"
Der Charr lachte auf. "Ich bin alt, ich bin kampferfahren, aber ich bin hier nur Rekrut! Bin hier nur zum Menschen töten, wenn ich eins kann dann Menschen töten!" Er lachte und verputzte sorglos das letzte Törtchen.
Die Soldaten schwiegen einen Moment. Farlif hatte eine sehr berechtigte, wichtige Frage gestellt, mit der sich die Wachsamen wohl noch nicht genauer befasst hatten.
"Ich bin Taktiker Tzup.", erwähnte der Asura mit dem Monokel, der sich nach dem Essen einen der erlegten Untoten ins Zelt gehievt hatte und mit einer kleinen Zange in dessen Rachenraum griff. Die Blicke der anderen Soldaten wirkten etwas überrascht, als er seinen Rang nannte.
Unbekümmert sprach er weiter. "Eine Ahnung was die Lage hier im Gebiet ist? Seit Tagen nichts mehr mitbekommen. Wo sind wir überhaupt?" Tzup entfernte eine silberne Krone aus seinem Orrianer. Er wirkte sehr gelassen dabei. Oder nein, das war nicht Gelassenheit, aber sie wirkten alle so stumpf, abgestumpft, betäubt. Und dieser Geruch. Sie waren alle irgendwie alkoholisiert. Sie irrten wohl schon zu lange alleine auf diesem verlorenen Kontinent voll unaussprechlichen Wahnsinns umher. Ohne Struktur. Man sah die Furchen unter ihren glasigen Augen. Die Rüstungen waren verbeult, beschichtet mit getrocknetem und frischen Schlamm, Blut und Dreck. Und Ruß. Im Gesicht. Auf den Knien, an den Händen bis zu denn Ellbogen. Sie rochen nach verbrannten Lebewesen... Das war nicht die Verstärkung, das waren kümmerliche Reste, verloren im Feindgebiet. Wie sie selbst.
Farlif berichtete weiter. "Wir wollten mit Trupp Eisensporn von der 3. zusammentreffen, Trupp Stahlwespe wollte Magier und Heiler einfliegen, dann sollten wir an der Küste entlang vorrücken. Nichts von ihnen gehört."
Der Asura zuckte mit den Schultern. Er hatte scheinbar nicht viel erwartet. Es folgte ein Moment der ratlosen Stille.
"Ne Ahnung wo Sam ist?", fragte Roy schließlich.
Der Charr, den die Norn Cranguz genannt hatte, antwortete. "Die wollte im Kommandozelt nachsehen, ob es eine Karte-" Er fuhr hoch, brummte. "Miststück, verottetes...", knurrte er, ehe er sich sein Gewehr schappte und eilig aus dem Zelt trat. Dabei riss er eine Zeltstange mit sich, was das Zelt in eine gefährliche Schieflage brachte, ganz langsam begann es zusammenzufallen.
"Hier gibt's nichts mehr. Los, bevor Cranguz Sam was antut.", befahl Tzup und folgte Cranguz, machte eine Handbewegung, die übrigen Soldaten folgten ihm. Alle dem alten Charr nach, einem Rekrut ohne Kommando...
Farlif und Spaxx blieben alleine zurück. Sie sahen einander an. Es könnte schlimmer sein. Sie hatten unverschämtes Glück gehabt. Der Sylvari lächelte aufmunternd, half Spaxx schließlich auf die Beine.
Gemeinsam humpelten sie der Gruppe nach, hinter ihnen fiel das Zelt in sich zusammen.

Kommentare 4

  • Das ist verdammt großartig. Selten ein besseres Kriegsszenario in diesem Setting gelesen. Ich bereu's ein bisschen, dass ich nicht früher reingelesen habe.

  • Danke dir fürs Lesen, mehr ist aus dem Weg. *untoter Smiley*

  • Mag ich! :)
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