Gedankensalat - Oder: Wer braucht schon Heiler?

Diesmal nur ein ziemlich unspektakulärer Einblick in Hannahs verquere Gedanken... Doch die drehen sich gerade eben nur um das Eine!


Die junge Frau saß an ihrem Küchentisch, vor sich mehrere aufgeklappte Fachbücher der Natur- und Heilkunde liegend, und raufte sich die Haare. Immer wieder schüttelte sie den Kopf und lehnte sich schließlich mit einem Brummen gegen die Stuhllehne.


Naturheilkundige. Heilerin.

Sie hatte diesen Bereich immer als eine von vielen Disziplinen der Naturkunde verstanden, der sie sich schon als Kind verschrieben hatte. Nie war sie auf die Idee gekommen, die Heilkunde gesondert zu behandeln oder gar selbst in diesem Bereich tätig zu werden... Es gab schließlich noch so viel anderes zu lernen, so viele weitere Wunder, die die Natur darüber hinaus zu bieten hatte.

Bis... ja, bis sie nach Götterfels kam.

Der ausschlaggebende Punkt sich genauer mit der Naturheilkunde zu befassen war die Bitte Herrn Grafens gewesen, die Brücke durch ihre Fähigkeiten zu unterstützen. Sie war weiterhin der Meinung, dass man die Naturheilkunde nur schwer von der Naturkunde an sich trennen konnte, ja, das auch gar nicht sollte, doch das Ministerium sah das anders und verlangte für diesen einen speziellen Bereich eine Überprüfung von Wissen und Fähigkeiten. Wer nicht vorhatte zu heilen konnte anscheinend machen was er wollte und sich einfach 'Naturkundiger' oder 'Kräuterkundiger' nennen, ohne das derartiges Wissen überprüft wurde.
Nun wartete sie bereits eine ganze Weile auf einen Termin mit einem Prüfer, um offiziell als Brückenheilerin tätig werden zu können. Sie machte sich keine Gedanken, ob sie die Prüfung wohl bestehen würde – Sie hatte gleich mehrere Fachbereiche zur Prüfung angemeldet und wollte vor allem für sich selbst einmal austesten und in Erfahrung bringen, in welchen Bereichen sie mit ihrem Wissen tätig werden konnte und in welchen sie sich erst noch weiterbilden musste.

Worüber sie sich aber durchaus Gedanken machte war das „danach“.
Wollte sie als anerkannte Naturheilkundige vermehrte Lehrstunden abhalten, nur ab und an bei der Brücke aushelfen oder vielleicht gar eine kleine Heilpraxis eröffnen? Was waren die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten?
Was musste sie alles anschaffen, um mit den starken und oftmals gefährlichen lizenzpflichtigen Pflanzendrogen arbeiten zu können, die sie bisher gemieden hatte um nicht womöglich jemandem zu schaden? Phiolen und Dosen, Verbände, Kisten und Schachteln waren einleuchtend. Auch neue Mörser, Messer, Schalen und Töpfe würde sie brauchen. Aber musste sie auch extra Schränke kaufen, die abschließbar waren? Welche Kräuter genau wollte sie überhaupt besorgen? Konnte sie diese alle selbst sammeln oder musste sie dazu streckenweise auf Lieferanten zurückgreifen, und wenn ja, welche Lieferanten waren vertrauenswürdig und sammelten noch dazu nach den Regeln Melandrus?

„Hargarg!“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und haute kurz darauf auf das Holz des Tisches. Abrupt erhob sie sich und ging ein paar Schritte, um sich einen Becher Wasser einzuschenken.


Ein quälendes Wort ging ihr bei all diesen Überlegungen nicht aus dem Kopf, lag wie eine düstere Wolke über ihren Gedanken und war auch der Auslöser ihrer schlechten Laune: „Waage“.
Sie brauchte eine besondere Waage, die kleinste Einheiten genauestens abwiegen konnte... Grammweise. Mindestens. Besser noch: in Halbgrammschritten. Bei den Pflanzendrogen, mit denen sie arbeiten würde, konnte schon ein halbes Gramm oder Gramm zwischen Unwirksamkeit, Genesung und Tod entscheiden. Natürlich gab es derlei Waagen, aber der Preis für eine solche Spezialwaage war jenseits von Gut und Böse, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie eine solche bezahlen sollte. Und dieser Umstand brachte sie zu der Frage, ob ihr Streben nach dem Heilertum nicht einfach eine ihrer schlechten Ideen war: Wie wollte sie ihre Arbeit aufnehmen, wenn es schon an der Beschaffung der nötigsten Materialien haperte?


„Blöde Waage... Wer braucht schon Heiler?“ brummte sie und stiefelte nach oben in die Stube, ohne auch nur einen weiteren Blick auf die Bücher zu werfen.

Kommentare 3

  • Haha, Gulmy!
    Wie du halt fehlst, alter Pilzdruide <(^o^)>


    Danke euch

  • Einfach in den Wald, Pfeifchen angezündet, diesen einen gelben Pilz mit dem grünen Punkten in einem Tee aufgekocht - schon sagt Melandru einem ganz genau, was man tun muss und einsammeln kann, ganz ohne Bürokratie!

  • Kleine Hunde auf die dicke Yarims gefallen sind brauchen Heiler!
    Kleine Welpen, die gebissen wurden brauchen Heiler!
    Große Iorgas, die einen Splitter im dicken Zeh haben brauchen Heiler!
    Waagenverkäufer brauchen Heiler!


    SEI NICHT SO EGOISTISCH, HANNAH! Haha nein Spass. Sehr gerne hab ich das gelesen. Kurz aber lieb <3