Planlos in Orr

[Fortsetzung zu Wintertag in Orr]


"Gehen wir bitte außenrum...ich kann gehen...", bat Spaxx Farlif, als sie sich den Strand hinab auf die Saftpfütze aus zerfetzten Larven zubewegten. Die mannsgroßen, untoten Wurmwesen waren den Soldaten direkt vor dem Zelt in die Arme gelaufen - Sie hatten sich wie die Metzger auf sie gestürzt, ohne dass irgendein Befehl zu hören gewesen war. Es dauerte nicht lange. Der Norn hackte und schlug mit Axt und Faust auf sie ein, Roy zerschlug die Köpfe mit Kolben und Schild zu einer breiigen Masse, zwei Larven erstarrten nach einem Zauber aus dem flachen Großschwert der Norn in magischem Frost. Sie wurden von den anderen in Stücke gehauen oder vom Asura in Splitter geschossen. Das Gewehr des Charr erwies sich dabei außerdem als grausame Nahkampfwaffe.
Als nichts mehr lebte, die Rüstungen von weiterem Schmutz bespritzt, wurde einfach durch die Leichen hindurchgeschritten, niemand sah sich hier nach Goldzähnen um. Das Gemetzel war längst vorbei, als Farlif und Spaxx sie erreichten. Sie umrundeten den Ort und sahen sich um. Als sie das Lager zuletzt gesehen hatten, war es...aufgeräumter gewesen. Von den drei Zelten hier unten war nun eines ausgebrannt, eines zusammengefallen, nur noch das Kommandozelt war intakt. Die beiden Zelte seines Ordens auf dem kleinen Hügel im Osten waren durchlöchert und versengt. Cranguz Signatur. Im Dreck zwischen allem lagen erschlagene und zerfetzte Orrianer neben der Körpern ihrer Kameraden. Vor dem Kommandozelt waren drei untote Körper, die vor sich hin schwelten, Qualm zuckte aus ihren offenen Bäuchen.
Der Sylvari blickte bestürzt drein, als er die eigenen Toten erkannte. Oelsund, Dirk, Prazzi, Garf....
"Wir...hätten nichts ändern können...", beschwichtigte Spaxx ihn. Und sich selbst. Er hatte sich nie wirklich für Schnaps oder Alkohol interessiert, doch nun leerte er den Rest von Roys Schnapsflasche in seinen Rachen.


Das Kommandozelt hatte Hauptmann Oelsund direkt neben das riesige Skelett eines Tiefseedrachen oder Tiefseefisches gebaut, eine Plane darübergelegt und beides miteinander verbunden. Ein Norn konnte in dem Skelett stehen, so hoch war es. Die Plane des Kommandozeltes hob sich, heraus trat schließlich eine blonde Frau, die zwar keine Rüstung trug, die aber nicht weniger verbraucht und schmutzig wirkte als ihre Kameraden. Die mit Leder verstärkte Robe, das Zepter der Wachsamen und der große, spitze Fokuskristall, wie ein Weihrauchfass an einer schweren Kette baumelnd, identifizierten sie als Magierin. Sie begrüßte die kleine Soldatengruppe mit triumphierendem Lächeln, eine Weinflasche und eine silberne Box in den Händen.
"Sam! Du Lügnerin!", knurrte Cranguz sie an und stampfte auf sie zu.
Sie kaute irgendetwas herunter, lachte dann unbesorgt und sprach mit einer Stimme, die viel zu jung für ihr Äußeres schien. "Ruhig...genug für alle da. Der Boss hier war wohl Norn." Sie stellte die Weinflasche im Matsch ab und öffnete die Box, präsentierte sie der Gruppe.
Zigarren, neun an der Zahl, in Norngröße.
"Glück gehabt...", brummte der Charr besänftigt und schnappte sich eine. Die anderen vier bedienten sich ebenso. Sam brachte ihren Zeigefinger zum Glühen und strich jedem damit über die Zigarrenspitze, ehe sie sich selbst bediente.
"Ach, habt ihr Heiler aufgestöbert?", fragte sie mit Blick auf Spaxx und Farlif, als diese endlich angehumpelt waren.
Roy sah zu ihnen, dann zu Sam. "Nein, das sind nur irgendwelche...was nochmal? Logiker?"
"Logistiker. Spaxx, vom Orden der Gerüchte. Das ist Farlif, Abtei-Novize, historisch spezialisert auf orrianische Geschichte...und das ist Hauptmann Oelsunds persönliche Zigarrenschachtel." Protest lag in Spaxx müder Stimme, doch wurde dieser wohl ignoriert.
"Danke an Hauptmann Oelsund.", sagte der Norn nur und atmete Rauch aus der Nase.
Spaxx riskierte einen Blick über die Schulter. Oelsunds gerüsteter Körper lag mit dem Gesicht im Dreck, eine rostige, abgebrochene Lanze steckte in seinem Hals. Schnell wandte er den Blick ab.
Farlif räusperte sich, deutete auf den Zigarrenkasten. "Das beruhigt, ja? Kann ich vielleicht auch eine probieren, weil-"
"Klar.", sagte Sam und reichte ihm eine übergroße Zigarre, die sie beim Überreichen auch gleich entzündete. Farlif nickte dankend, sah zwischen den Soldaten her, irritiert schmunzelnd, dann vorsichtig ziehend.
Jetzt fühlt er sich von den Großen aufgenommen, dachte Spaxx sich. Farlif mochte es, dazu zu gehören. Aber er war erst vier, es sei ihm verziehen.
Sam musterte Farlif, zupfte an der Robe.
"Kannst du zaubern? Wenn man hier ne' Robe trägt, sollte man auch zaubern können." Sie zwinkerte. Nicken und zustimmendes Gebrumme von der Gruppe.
Farlif nickte knapp. "Ich...habe nicht nur Geschichtsbücher gelesen." Er öffnete die rechte Handfläche und ließ die Finger kurz von Blitzen durchfahren.
Der Charr grunzte amüsiert. "Das war's?"
"Kannst du damit was totzaubern?", fragte die Norn.
"Ich...habe es noch nicht getestet."
"Meine Güte, wir haben zwei Feiglinge gerettet!", spottete die Norn.
Roy winkte schließlich ab, ließ Qualm aus den Nase entweichen. "Na, schreibt sie noch nicht ab, Sam hat uns mir ihrer Brille und ihren Zöpfchen auch erst nicht beeindruckt, und jetzt schaut sie euch an. Kampfmaschine." Roy zwinkerte ihr zu, stolz hob die Blonde einen Mundwinkel. Weder von einem Zopf noch von einer Brille sah man noch irgendetwas, ihr kurzes, verdrecktes Haar sah aus, als hätte ein Laie es ihr für den Kampf bis auf Ohrlänge gekürzt.
Der Norn lachte auf.
"Na los, seh'n wir uns um. Svantje, wir geh'n zum Schiffswrack da. Der Laderaum lacht mich an. Ihr könnt ja schon mal die Toten...einsammeln."
"Gut. Bringt alles brauchbare zum Hügel. Dann sammelt ihr mit.", befahl Tzup den beiden, wobei der Qualm aus seinem Mund strömte. Er sah den Rest an. "Wir gehen zum Hügel...und wir brauchen zwei Scheiterhaufen. Dann wird eingesammelt."
Er machte eine knappe Kopfbewegung, dann folgten sie dem Asura den Hügel hinauf.
Die beiden Norn machten sich auf den Weg zum Strand.
"...was 'nen Logistricker?", murmelte die Norn fragend, ihr Gefährte zuckte mit den Schultern.
"Klingt überflüssig. Vor allem mit seinem Bein."
"Aye, den kanns' vergessen..."
Spaxx seufzte.


Nach diesen ermutigenden Worten hatte er sich also auf den Weg zum Hügel gemacht, der ihnen früher als Versammlungsort gedient hatte. Er hatte gedöst, sich ausgeruht, die anderen hatten gearbeitet.
Wie damals im Logistikzentrum.., dachte er sich in einem Anflug von Galgenhumor.
Die Norn, die sich Olbert und Svantje nannten, hatten das Schiffswrack durchstöbert. Sie waren vor ihrer Zeit bei den Wachsamen Piraten gewesen, so viel hatte er mitbekommen. Ihr kurioser Fund: Eine Diwan, verrottet, aber wieder trocken, darauf festgewachsen saß ein toter Mann, der mit dem Kopf auf der Lehne hing. Ein schon sehr lange toter Mann. Sein Körper war mit toten, vertrockneten Korallen und Meeresgetier bewuchert, das zu Zeiten höheren Wasserstandes in seinem Inneren gehaust hatte. Die Diwan stand nun auf dem Hügel, mit Blick auf das grüne Meer, Malchors Fingerspitzen in der Ferne. Da sein Feldbett zertrampelt und zerschossen war, hatte Spaxx darauf Platz genommen. Glücklicherweise nicht direkt neben der Leiche, die die Soldaten in ihrem Zynismus mit Lametta behängt hatten. Sie hatten im zerschossenen Vorratszelt den Wintertagsschmuck gefunden, den Drozzi vorbereitet hatte. Für die Stärkung der Moral...
Die Soldaten hatten sogar einen Kranz mit Kerzen angezündet, als hätten die beiden lodernden Scheiterhaufen nicht gereicht. Es gab einen Haufen für die untoten Angreifer und einen für die...ehemaligen Verteidiger des Lagers. Ob sie beim Erscheinen der Soldaten noch tot waren oder bei der Säuberung des Lagers schon wieder begonnen hatten umherzuwandeln, danach hatte er nicht gefragt und er wollte es auch nicht wissen.
Auch Farlif war ihnen beim Einsammeln der Toten behilflich gewesen. Er hatte Drozzi gefunden, sie aber schon dem Feuer übergeben, bevor er Spaxx informieren konnte. Er habe vergessen ihm Bescheid zu geben, für einen letzten Abschied. Das behauptete er zumindest. Doch er konnte ihm nichts vormachen, sicher wollte er Spaxx vor einem schrecklichen Anblick bewahren...am besten war es vielleicht, Drozzi und alles schöne, das hätte sein können, so schnell wie möglich zu vergessen. Der gute Farlif...ohne ihn wäre er wohl verloren gewesen. Hinter dem Scheiterhaufen hatte der Sylvari mit Roy, Sam und dem Asura einfache Grabstätten für die achtzehn Gefallenen errichtet. Dabei gingen die Soldaten erschreckend routiniert und kreativ zu Werke: Waffen, Zeltstangen, Erkennungsmarken, Helme, Rüstungsteile und Kleidungsfetzen wurden zusammengeführt und in Windeseile zu Grabskulpturen verarbeitet. Viele Wertgegenstände und brauchbare Waffen fanden jedoch ihren Weg in die Hände der Soldaten...
Und natürlich waren ihnen die Wintertagsgeschenke, nun teilweise beschädigt, in die Finger gelangt. Die Menschen im Lager sowie Drozzi hatten für jeden ein Geschenk besorgt und verpackt, das sie gemeinsam am Wintertag öffnen sollten, hier an der Feuerstelle...oder an einem anderen Ort. Arah vielleicht.
Jetzt war fast keiner mehr von ihnen übrig um zu Feiern. Und es war auch keineswegs eine angemessene Situation, es doch zu tun. Es war noch nicht mal Wintertag! Die Soldaten hatten es trotzdem getan, hatten begonnen die fremden Geschenke aufzureißen und sich wie Kinder gefreut oder geärgert. Olbert hatte Spaxx die riesige Wintertagsmütze, die für Hauptmann Oelsund bestimmt war, auf den Kopf gesetzt. Und sich natürlich köstlich amüsiert. Jeden Namen auf den Geschenken hatten sie vorgelesen, dann folgte eine kurze Erläuterung von Farlif, wer die Leute gewesen waren...abschließend wurde gemeinsam gejohlt und auf sie getrunken. Immerhin so viel Respekt blieb noch...


Roy, mit einer neuen Flasche, ließ sich neben ihn fallen, in die Mitte der Diwan, zwischen Spaxx und die Lametta-Leiche.
"Eh. Und, bisschen beruhigt?", fragte sie, als sie das Geschenk aufriss, das für Wanzlaff gedacht war. Eine Kristall-Lichterkette, die kurz darauf aufleuchtete und dem Untoten Dritten auf der Diwan um den Hals gewickelt wurde. Da wurde wieder gelacht, gejohlt - "Auf Wanzlaff..!!"
Spaxx seufzte abermals.
"Du, langsam solltest du dich an den Alltag in Monsterland gewöhnen, wie bist du überhaupt so weit in den Westen gekommen? Also lebendig."
Er winkte nur ab. Roy sah zu Farlif, als sei er die Erklärung. Sie deutete schließlich auf den Verband um seine Beinwunde.
"...Tzup meint, man sollte das vielleicht ausbrennen."
"Nein! Nein, danke mit geht es gut..." Wieder winkte er ab. Sie zuckte mit den Schultern.
Bald waren alle Soldaten vollzählig und saßen auf improvisierten Sitzgelegenheiten um die Diwan herum. Jeder hatte irgendetwas alkoholisches bei sich. Sie hatten gekämpft, geschuftet, gefleddert. Jetzt wurde gefeiert. Als Sam vorbeikam, packte Roy sie am Hinterteil und zog sie sich auf den Schoß, drückte ihr einen ungestümen Kuss auf den Mund. Gegen beides wehrte die Blonde sich mit Schieben und Boxen. Als sie sich gelöst hatte, hustete sie und verzog das Gesicht.
"Baah, was hast du gegessen? Und Finger weg jetzt!"
"Zwiebeln, Knoblauch, Fisch, Omnom...nomtörtchen...Larvenschleim, aber unfreiwillich.", zählte Roy auf.
"Bah...ja, und Schnaps..." Sie schob sie von sich, wollte sich von ihr lösen. Als die Kriegerin sie weiterhin festhielt, legte Sam ihr die Hand an die Wange und begann diese mit der Handfläche aufzuheizen, bis es schmerzte. Roy zuckte zusammen, stieß sie von selber weg. Sie hob und senkte die Schultern.
"Au. ..dann eben nicht..."
Sam setzte sich an die Lehne neben der Korallenleiche.
"Binnoch nicht fertig mit dir!", verkündete Roy lallend und trank noch einen Schluck aus ihrer Schnapsflasche, warf sie dann der Magierin zu. Sam fing, trank und lachte nur.
"...steht denn hier irgendwer Wache?", fragte Falgin schließlich vorsichtig, als alle so beisammen saßen. Er kämpfte noch immer mit der Zigarre.
"Bei mir steht was ganz andres...", grunzte Olbert, der seine Hände nicht von Svantje nehmen konnte, und sie nicht von ihm. Sie hatten den Wein leer gemacht. Bald waren sie verschwunden, aus dem Kommandozelt traten bald darauf immer wieder irritierende Geräusche.
Als Farlif sonst keine Antwort bekam, räusperte er sich nochmal. "Bei...Hauptmann Oelsund hatte wir immer drei Wachen, da beim Pass im Osten, wo ihr her seid, dann wen am Strand, falls was...herauskommt, dann im Süden einer."
"Hat ihnen auch nicht viel geholfen. Wenn sie kommen, dann kommen sie halt.", erklärte Roy ihre Logik.
"Und Oelsund ist tot und im Feuer.", kommentierte Cranguz. "Oelsund!", rief der Charr nochmal und griff sich seine Winterglocke, die in einem "seiner" Geschenke war. Er holt aus wie mit einem Schwert und schwang sie, was einen schräges Gebimmel ergab.
"Sie sind alle tot.", wiederholte Spaxx betrübt.
“Aye...aber ihr habt doch jetzt uns...”, meinte Roy, die es sich auf der Diwan so bequem gemacht hatte als wäre diese...unverrottet.
Spaxx seufzte.
"Ach komm', lach' doch mal!"
"Haha."
"Du könntest auf dem Haufen da liegen!!"
"Vielleicht wäre das besser..."
"Meine Fresse. Jammerjammer." Sie verschränkte die Arme, wandte sich ab, blickte aufs Meer hinaus.


Es legte sich eine gewisse Ruhe über die Versammelten. Die Stille wurde nur unterbrochen von vereinzeltem, blasphemischen Kreaturengeschrei aus der Ferne und den beiden Norn.
"Malchors Fingerspitzen." , kommentierte Farlif schließlich den Namen der umnebelten Felsformation, die in der Ferne aus dem trüben, grünen Wasser ragte. Er begann von Malchor und Dwayna zu erzählen.
Als er fertig war und wieder schwieg, ruckte Roy mit dem Kopf zu ihm herum, als sei sie aus Gedanken aufgeschreckt. "...hä? Was?"
Er lächelte schwach. "Nichts...ich denke nur laut."
Wieder Stille.
Schließlich ertönte eine Stimme, die Spaxx keinem zuordnen konnte.
"Leer....", krächzte sie leise neben ihm. Keiner schien es zu hören. Er sah zur Seite. Roy war es nicht.
"...leer...", wisperte es schwach.
"Hm?", fragte Sam.
"...leer!", rief die Stimme lauter. Der Tote auf dem Sofa ruckte mit dem Kopf vor, versuchte aufzustehen. Keine Chance. Sam, die daneben saß, kreischte erschrocken auf, fuhr hoch und stolperte zurück. Roy nutzte die Gelegenheit, fing sie auf und packte sie sich wieder, lachte. Dann lachten sie alle, sahen dem Untoten zu, wie er aufstehen wollte.
Spaxx' Herz begann gewaltig zu pumpen.
"Na los, macht es tot!!", rief er, als die Soldaten sich amüsierten. Auch Sam hatte ihren Schock schnell überwunden, lachte über sich und die Situation. Was bei der Ewigen Alchemie war hier los? Und dann begann auch Farlif verhalten zu lachen. Der festgewachsene Tote quälte sich derweil weiter im Bestreben, aufzustehen. Eins hatte er mit Spaxx gemeinsam: Er wollte hier nur noch weg.
"Ja Bub, alles leer, Pech!", rief Cranguz und warf dem Untoten eine leere Bierflasche gegen den Kopf. Gelächter.
"...leer!"
Wahnsinnige...
Spaxx wurde schwindelig. Und sein Bein schmerzte. Er sah zu Farlif. Der verstand die Pointe von allem zwar noch nicht ganz, lachte aber immer mal wieder mit. Er sah auf zu Roy. Sie verstand wohl das Flehen in seinen Augen. Sie nahm die beiden Enden der Lichterkette und zog sie in entgegengesetzte Richtungen, der klägliche, modrige Rest des Halses wurde durchtrennt, der Kopf kullerte zu Boden.
Ein Auflachen. Sie beruhigten sich wieder.
Spaxx seufzte.
Er seufzte sehr oft heute.
“Spaxx? Hier steht dein Name drauf.” Tzup kam auf ihn zu und händigte ihm ein sehr flaches, kleines Paket aus.
Sam grinste, gluckste, nicht mehr ganz nüchtern. “Das kleinste Geschenk für den kleinsten?!”
"Haha.", sagten die beiden Asura gleichzeitig trocken, sahen sich dann eine Sekunde irritiert an. Dann war Spaxx' Blick wieder auf dem Geschenk. Es war nur ein flacher Briefumschlag. Lange starrte er ihn an, bis Roy ihn am Ohr schnickte.
"Na komm, mach' auf. Wir müssen uns hier mit fremden Kram begnügen. Du hast's persönlich. Heitert dich bestimmt auf. Aufmachen, los."
Das tat er gedankenverloren. Es waren zwei simple, flache Karten, mit asurischer, geometrischer Verzierung an den Rändern.
Zwei Karten für das 22. Golem im Ring-Festival in Soren Draa. Dabei ein Zettel, auf dem in ihren typischen, knappen und direkten Sätzen nur stand:


Spaxx,


Danke für die gute Arbeit. Ich wünsche dir einen schönes Jahresende.
Ich freue mich auf ruhigere Zeiten mit dir. Wir sehen uns.


- Drozzi.


Spaxx öffnete seinen Mund, krächzte schwach- Tränen sammelten sich in seinen Augen und er stieß einen schmerzenden Schluchzer aus, bevor er den Kopf nach vorne sinken ließ, um ihn dann mehrmals gegen die Lehne hinter sich zu hauen, an der er schließlich herabsank.
"Meine Güte freu' dich doch EIN MAL!", platzte es Roy entnervt heraus, ehe sie ihm die Karten abnahm, um zu lesen. Sie brauchte wohl eine Weile, den Mund dabei im Stillen bewegend. Sam warf einen kurzen Blick darauf, nickte schwach.
“Ah...na...och komm...”, sagte Roy schließlich mit einer sanfteren Stimme, was bei ihr nach rauem Schleifstein klang. Roys Hand, inzwischen vom Panzerhandschuh befreit, packte seinen Wuschelkopf und drückte ihn an ihre Seite, Sam beugte sich vor um auch mal tröstend zu streicheln, Farlif kniete sich an die Seite der Diwan, um ihm beide Hände auf seinen Handrücken zu legen. So unendlich seine Trauer im Moment war und so wenig er in all diesem Irrsinn jetzt noch am Leben sein wollte, zumindest fühlte er die Sicherheit. Sam legte ihre Hand auf sein Knie, fuhr langsam daran herab...bis zu seiner Wunde. Sie schob den Verband runter, ihre Handfläche erhitzte sich schlagartig – und es begann gewaltig zu schmerzen!
"Was zu- AU-!!", da hatte sie die Wunde schon ausgebrannt...beim Anblick des rauchenden Beines sank er wieder in dunkle Ohnmacht.


Ein dumpfes Wummern erfüllte die Luft. Es kam ihm bekannt vor. Spaxx öffnete die Augen, blickte in den Himmel...immer noch Orr. Immernoch die verfluchte Diwan.
"Kopter...", hörte er Cranguz brummen. Der Charr sprang auf, lief im Kreis umher, sah in den Himmel, deutete in die Luft. "Kopter, Kopter!", rief er, wild mit der Wintertagsglocke wedelnd. Er sah zu den anderen. "Kopter!!"
Svantje, die wieder aufgetaucht war, nahm eine Zigarre aus dem Mundwinkel. "Jaah...schon kapiert Muffgewöll."
Ein Kopter also... Spaxx konnte endlich wieder hoffen. Ein Kopter hiess, man würde ihn ausfliegen. Er war verwundet, sie würden ihn vielleicht ins Fort oder nach Hause bringen...
Der Kopter kam aus dem Süden, vom Inland her. Er flog über das Lager hinweg, vielleicht eine halbe Meile über ihnen.
"Komm' zurück du Flamm'futt!", rief Cranguz.
"Die Stahllibellen, sind die das?", fragte Tzup.
"Ich...weiss es nicht.", anwortete Spaxx.
Der Kopter machte eine große Schleife, spähte die Reste des Lagers aus, sank dann herab und kam wieder auf sie zu.
"Na los du...hier sind wir!", der Charr wedelte mit seinem Gewehr.
Bald schwebte die Kriegsmaschine an einer Stelle über ihnen. Ein erleichtertes Aufseufzen ging durch die Gruppe. Eine Luke am Steuer öffnete sich und ein schwarzer Charr brüllte herunter.
"Wir sind voll!! Wir transportieren Verwundete!!"
Die Stimmung kippte. Cranguz übernahm die Verhandlungen.
"Dann schmeiß die auf den Haufen hier, dann ist Platz verdammt!"
"Negativ!!"
"Ich bin auch verwundet!", log der Charr in den Himmel.
"Negativ!! Durchhalten bis Morgen früh!"
"Komm' mir nicht mit Negativ!!"
"Wir fliegen zum Säulengang im Nordosten!! Haltet hier durch und wir kommen zu euch zurück!!"
"Deine läufige Mutter kommt zu mir zurück!!" Er rotzte in hohem Bogen in Richtung des Kopters.
Der Pilot knallte die Luke zu und machte sich in seinem Gefährt auf den Weg gen Nordosten.
Kollektives Aufstöhnen. "Ich geb' dir Negativ du Eisenflittchen! Piss' dich, verreck!" Er hob sein Gewehr und zielte.
"Cranguz...nicht.", sagte Tzup nur bestimmend.
"Einen Warrrnschuss vorrr den Bug." Er drehte sich zu den Norn-Piraten um. "Arrrr!!" Seine Augen wirkten riesig, seine Pupillen winzig, beim Sprechen flog der Speichel.
"Hast ihn wohl eh schon vergrault, da musst du nicht noch rumballern...", meinte Roy.
"Mir wurscht ob er zurückkommt, dieser Kuhficker kann meinetwegen ersaufen!" Und da feuerte er doch, glücklicherweise wurde der Kopter nicht getroffen. Cranguz spuckte aus, lachte. "Harr, beim nächsten mal gibt's direkt in die Fresse!"
Spaxx hatte das Geschehen entsetzt verfolgt, sich aufgesetzt. "Was zum...was...tun wir denn jetzt??" Er blickte entgeistert die Soldaten an, Farlif legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Habt ihr überhaupt IRGENDEINEN PLAN?!"
Roy zuckte mit den Schultern.
"Kann man halt nix machen...Feiern wir eben weiter."
Zustimmendes Aufgröhlen.