Training, Weiber und Handschuhe

Tock!
„AU!“
„Selbst schuld!“
„Nia, das war unfair! Das gilt nicht, ich war abgelenkt!“
Das rothaarige Weib lachte schallend auf und stemmte den Stab neben sich in den Schnee. Aufmerksam lag der Blick aus blauen Augen auf dem jüngeren Burschen, der ihr gegenüber stand und sich die Stirn rieb. Es war bereits das zweite Mal gewesen, dass sie ihm mit dem flachen Ende des Stabes an die Stirn gestoßen hatte. Locker stemmte das Weib die Rechte in die Seite und nickte dann den beiden rothaarigen Zwillingen nach, die ihre Körper gerade aus der Hütte des Rudels geschoben hatten. Kichernd und winkend waren sie vorbei gezogen und hatten dem pubertierenden Burschen abermals den Kopf verdreht.
„Da war gar nichts unfair. Wenn‘s ernst wird, schaut auch keiner ob du bereit bist. Außerdem bist du jedes Mal abgelenkt, wenn ein Weib die Hütte verlässt.“
„Das stimmt doch überhaupt nicht!“ Wild begann der Bursche mit einer Hand zu gestikulieren und ab zu winken. Er kickte etwas Schnee über den Platz und brummte ein paar Worte, die das Weib nicht hörte – oder schlicht überhörte. Sie lachte.
„Willst du jetzt schmollen oder weiter machen? Oder soll ich Vaf rufen?“ Ein Grinsen breitete sich auf den Lippen der Norn aus und ihre Brauen hoben sich ein kleines Stück weit an.
„Nein! ...nein. Also, ich schmolle nicht! Aber ich bin soweit. Jetzt grins‘ nicht so!“ Wild wedelte er mit einer Hand, bückte sich dann jedoch und hob die Axt wieder auf, mit der er gegen das Weib angetreten war. Und wieder beschlich ihn das Gefühl, dass der Kampf nicht sonderlich ausgeglichen sein würde. Alleine schon die Waffenwahl ließ ihn zweifeln, denn er stand da mit seiner Axt und Monennia stand da mit ihrem Stab, der ihre Reichweite nochmals ordentlich verlängerte. Er hätte sich doch für das Training im Bogenschießen melden sollen. Doch das war so gar nicht seins gewesen.


Sie hoben ihre Waffen. Fin hielt die Axt in der Rechten, die Linke für einen ordentlichen Faustschlag und zur Abwehr erhoben. Er sah auf die Fußstellung seiner Gegnerin und suchte dort bereits nach Schwachstellen, die er für sich nutzen konnte. Jedoch wusste er, dass ihm der Stab gefährlich werden würde, denn das Weib hatte mehr Kraft als man ihm ansah. Sie schwang den Stab vor ihren Körper, wo sie ihn waagerecht hielt und ihn ebenfalls einen Augenblick lang mit dem Blick taxierte. Wenn er schnell genug wäre, dann könnte er die Axt an den Stab haken und Nia einen ordentlichen Schlag ins Gesicht verpassen. Denn sie kämpften zwar mit Übungswaffen, aber so ernst wie in einem richtigen Kampf.
Tief atmete der Bursche aus und ging dann auf das Weib los. Seinen Plan im Kopf, den er genau so in die Tat umsetzen wollte. Antäuschen würde er noch. Einen Schritt nach links und kurz bevor er zuschlagen konnte, doch noch nach rechts ziehen. Genau so wollte er es machen. Fin bewegte sich durch den Schnee, sprang nach links und hob die Axt an, nur um dem Schwinger des Stabes doch noch zu entgehen, als er nach rechts sprang. Jetzt nur noch die Axt durchziehen und anschließend den festen Schlag ins Gesicht seiner Gegnerin.
„Ho-ooh!“
Zweistimmig tönte der Gruß an seine Ohren und sein Blick ruckte direkt weg vom Gesicht Nias und hin zu den Zwillingen, die wieder gekommen waren. Er vergaß seinen Schlag, die Axt schwang zu kurz und am Stab vorbei und schon traf der stechende Schmerz seine Nase und um ihn herum wurde alles schwarz.
Blinzelnd schaute die Rote hinab auf den ohnmächtigen Burschen, dem sie ihren Stab einmal ins Gesicht geschlagen hatte. Blut rann aus seiner Nase, die recht unschön aussah. Langsam schoben sich ihre Brauen nach oben, während die Zwillinge breit grinsend zu dem Geschehen traten.
„Dabei wollten wir nur nochmal schnell zurück...“
„...und unsere Handschuhe holen.“
„Kol! Ich brauch ne helfende Hand!“
„Wem soll ich eine aufs Maul hauen?“
„Keinem… hilf mir mal mit Fin!“
„Schade. Aber zum Glück ist mein zweiter Name helfende Hand!“
„Also eigentlich Halfdan...“
„...aber das tut nichts zur Sache.“

„The Norn will not change simply because the Dwarves do not understand our ways.
I'd rather be hated for who I am than loved for who I am not.“

Jora

Kommentare 3

  • Haaaa, sehr coole Geschichte, immer diese Burschen, die sich von Weibern ablenken lassen :D!

  • Natürlich setzt der sich durch!
    Das ist ja sein zweiter Name. :D

  • Yay! Zwillinge! Und yay! Kol! Der setzt sich durch!