Pemmik

( Angelehnt an viel RP rund um ein kleines Produkt. Und letztlich doch... mit dem Gedanken an Siddha. *g* )


30 Kupfer für einen kleinen Streifen Essen waren auf den ersten Blick eine stolze Summe.


30 Kupfer für einen kleinen Streifen Essen waren auf den ersten Blick eine stolze Summe – dennoch hatte es nur 3 Kunden gebraucht, bis sie alle ihre 27 Streifen verkauft hatte. Auch, wenn eine Frau ob des Preises die Nase gerümpft und wortlos davon geschlurft war. So, wie sie ausgesehen hatte, hätte gerade sie die Kranken- und Reisenahrung gebrauchen können, waren die Anzeichen einer Mangelernährung doch deutlich an ihrer Gestalt erkennbar – zumindest für Hannah.


Kurz hatte sie daran gedacht, die Frau zurückzurufen und ihr Ratschläge bezüglich einer Ernährung und eines Lebenswandels zu geben, welche für ein gesundes Leben zuträglich, nein, unabdingbar waren.
Sie hatte es nicht getan.


Die Reaktion auf ihren guten Willen und ihre Mühe kannte sie schon, bevor sie überhaupt den Versuch zu helfen unternommen hatte: „Das geht Euch nichts an.“, „Mischt Euch nicht ein“ oder „Ich weiß selbst, was für mich am besten ist“ waren die üblichen schroffen Antworten, wenn sie derartige Themen ansprach. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie dennoch den Versuch unternommen hätte zu helfen, doch diese Zeit war für die junge Yarim vorbei. Es war immerhin nicht ihr Körper, der auf mittel- bis langfristige Sicht verkümmern würde. Nicht sie war es, die bald schon mit Schmerzen aufwachen und denselben Schmerzen zu Bett gehen würde, die Hände so verformt, dass sie kaum noch zu gebrauchen waren und die Knochen so schmerzend und brüchig, das jede Bewegung zu einer Qual, jedes Stolpern zu einem bösen Bruch werden würde. Nicht ihre Haare würden dünn und strohig, nicht ihre Zähne faulig werden, bis beides einfach ausfallen würde. Nicht sie würde sich so müde und ausgelaugt fühlen, dass es eine schwere Überwindung werden würde, irgendwann gegen Mittag, wenn man denn endlich erwachen würde, überhaupt aus dem Bett zu steigen.


Natürlich – Das waren Spät- und Langzeitfolgen, die nicht jeder so ausgeprägt durchmachen würde. Doch sie hatte mehr als einen solchen Fall in Behandlung, und ihr Herz schmerzte, wann immer sie eine solche Verwahrlosung, ein solches Ignorieren des eigenen Selbst zu Gesicht bekam.


Die naserümpfende Frau hätte lieber etwas vom Pemmik kaufen sollen.


Pemmik.
Die Idee dazu kam von Martha, der Köchin ihres Chefs, die sie gefragt hatte was sie mit dem ganzen Fleisch vom gerade erst geschlachteten Rind machen könnte. Die Köchin erzählte ihr ganz begeistert von dem heute weitestgehend in Vergessenheit geratenen traditionellen, elonischen Rezept für eine Kranken- und Reisenahrung, die schon ihre Vorfahren hoch geschätzt hatten. Und Hannah war sofort Feuer und Flamme gewesen, diese Speise selbst her zu stellen. Da hatte sie auch noch nicht von der endlosen Qual gewusst, die ihr Entschluss nach sich ziehen würde…


Pemmik.
Kurz gesagt war es eine Mischung aus Fleisch, Gewürzen, Kräutern, Nüssen und Beeren, die getrocknet durch Fett miteinander verbunden und so zu einer kraftgebenden und nährenden Speise wurden. Die Vorteile lagen auf der Hand: Man hatte nur sehr wenig Gewicht und Volumen, konnte es somit einfach bei sich führen. Die Haltbarkeit lag bei mehreren Jahren, sofern man die Speise weder extremer Hitze, noch Nässe aussetzte – Pemmik musste weder eingekocht und in schwere Glasbehälter abgefüllt, noch gekühlt werden. Das wichtigste aber war, dass man nicht auf Jagd- oder Sammelerfolge in der Wildnis und auch nicht auf das Mitführen von schweren Provianttaschen angewiesen war, um Skorbut und anderen Folgen einer Mangelernährung vorzubeugen. Im Pemmik war alles enthalten, was der Körper brauchte um gut zu funktionieren. Und da die Zutaten klein gemahlen wurden konnte man es sogar in heißem Wasser auflösen und Suppen, erlegtes Wild oder andere Gerichte damit würzen. Selbst Menschen mit wenig Appetit, meist aufgrund von Krankheiten, konnten sich so mit wenigen Bissen ausreichend Energie zuführen. Es klang SO gut…


Pemmik.
Die Herstellung war eine Qual, nicht zuletzt wegen dem Fleisch:
Das musste erst einmal 2 Wochen abhängen, bevor es weiter verarbeitet werden konnte. Dann schnitten Arik und sie es in kleinere Stücke und pökelten es 3 Wochen lang in einer regelrechten Unmenge von teurem Salz und Gewürzen, indem sie die Fleischstücke zwei Mal täglich wendeten und neu mit dem Gewürzesalz einrieben.


Danach… schnitten sie das Fleisch in noch kleinere Stücke und behängten ihre Wohnung damit, um es zu trocknen. 4 Wochen lang waren sie damit beschäftigt Purzel und Pünkti, ihre vierbeinigen Mitbewohner, vom Fleisch fern zu halten. Und als das endlich geschafft war schnitten sie das Fleisch in noch einmal kleinere Stücke, um diese im Ofen nachzutrocknen.
Das musste bei niedriger Hitze und über lange Zeit geschehen, weshalb sie eine ganze Woche lang, jetzt im Sommer, nachts den Ofen laufen hatten, alle paar Stunden aufstehen und gutes Feuerholz nachlegen mussten.
Spätestens an dieser Stelle hatten weder Arik noch sie selbst noch Lust gehabt, mit der Herstellung weiter zu verfahren. Aber weil sie ja gerade eh dabei waren verbrachten sie eine weitere Woche damit, auch die Beeren und Nüsse im Ofen zu trocknen…


Das schlimmste aber, das war der vorletzte Schritt des Ganzen: Alle Zutaten mussten nämlich pulverisiert werden. Ja, pulverisiert. Zu Pulver gemörsert. Fleisch, Nüsse, Beeren. Alles.
Ihre Arme taten weh, wenn sie nur daran dachte. Und sie bekam Kopfweh wenn sie an Ariks dauerndes Jammern und Beschweren dachte.
Doch nun war Licht in Sicht: Zuletzt stellten sie nun noch - unter hoher Geruchsbelästigung - Rindertalg her und mischten alle Zutaten hinein, um das Ganze… noch mal im Ofen zu trocknen. Bei niedriger Temperatur und über lange Zeit.


So wurden aus vielen hochwertigen, größtenteils teuren Zutaten, nämlich 16 Pfund Rindfleisch, 8 Pfund Salz, 2 Pfund Rindertalg, einer Unmenge an Feuerholz und 8 Pfund an Beeren, Nüssen und Gewürzen über einen Zeitraum von 11 Wochen Arbeit letztlich gerade einmal 8 Pfund Pemmik.
Aus 8 Pfund Pemmik wurden 32 Streifen Reisenahrung, die man sonst kaum irgendwo bekommen konnte.
Das machte einen knapp 150 Gramm wiegenden Pemmikstreifen so nahrhaft wie anderthalb Pfund Frischware.


30 Kupfer für einen kleinen Streifen Essen waren eigentlich viel zu billig.
Die mangelernährte Frau hätte wirklich etwas davon kaufen sollen.

Kommentare 1

  • Das Fleisch macht wohl den meisten Aufwand...Sie sollte sich mal kiloweise Datteln besorgen und paar Sorten Energieriegel erfinden. Hannahrgy-Riegel! :D