Götterdämmerung


„Die Konstruktionsarbeiten am Schiff nähern sich allmählich ihrer Vollendung. Sämtliche Primärsysteme wie Antrieb, Navigation und die Hauptwaffen sind installiert und funktionsfähig. Wenn die Dinge wie geplant ablaufen, können wir die Operation in nicht einmal mehr zwei Tagen nach Löwenstein verlegen und die finale Installation der Sekundärsysteme vornehmen, ehe wir Vorräte und Mannschaften aufnehmen und uns unserer ersten richtigen Mission zuwenden. Dennoch plagt es mich, dass mein Vorzeigeprojekt immer noch keinen Namen und keine offizielle Registrierung hat. Ich sollte dies schleunigst ändern.“
- Logbuch Technischer Leiter Zapp, 68. Tag Stecklinge, 1330 NE


Zapp atmete tief durch und hob den Kopf an. Der Asura mittleren Alters befand sich in seinem Quartier auf dem namenlosen Luftschiff, saß bequem in einem ausladenden Sessel. In seinen Schoß ruhte das Allzweck-Datenpad, auf welches er gerade den Eintrag aufgesprochen hatte. Er blickte aus dem Fenster – oder viel mehr durch das Energieschild hindurch, welches das Glas eben jener ersetzte.
Draußen neigte sich der Tag bereits dem Ende zu, es dämmerte bereits über dem Fort der Dreifaltigkeit, während sich die Sonne langsam hinter den Horizont zurückzog und einer weiteren Nacht Platz machte. Dennoch herrschte an den Docks noch geschäftiges treiben, verluden Pakt-Soldaten noch Waren, Material und andere Güter auf „sein“ Schiff und andere, die ebenfalls hier geankert hatten und auf ihre nächsten Einsätze vorbereitet wurden. Doch im Gegensatz zu diesen war dieses Schiff anders.


Erstens hatte es noch kein Einsatzziel, befand es sich doch praktisch mitten in der Endmontage. Zweitens war die schiere Erscheinung dieser technischen Monstrosität eine Klasse für sich. Der Platz den die Konstruktion im Fort einnahm hätte gut und gerne für drei konventionelle, kleinere Luftschiffe gereicht. Aber nach dem desaströsen Verlust fast der gesamten Pakt-Flotte im Dschungel gab es für Zapp keine halben Sachen mehr. Ein großes und sowohl offensiv als auch defensiv überlegenes Schiff sollte es werden, eine fliegende Festung. Die halbgare Technik und die vergleichsweise leichte Bauweise aus Pre-Maguuma-Zeiten sollten der Vergangenheit angehören. Allein deswegen war das Schiff vom Bug bis zum Heck knapp 100 Meter lang, maß an der breitesten Stelle des Rumpfes fast 30 Meter und war vom Kiel bis zur Decke des Gasballons fast 40 Meter hoch. Damit hörte die Gigantomanie seines Erfinders jedoch nicht auf, denn die im Grunde leichte Rumpfkonstruktion aus Holz war zusätzlich mit Stahl verstärkt und mit einer Mithril-Orichalchum-Legierung verkleidet worden. Dies sollte überlegenen Schutz vor fliegenden Feinden und Projektilen aller Art liefern, aufgrund der Materialeigenschaften wurden so auch die meisten magischen Einflüsse abgeschwächt.
Des weiteren war auf dem Schiff so ziemlich alles durch asurische Energieschilde ersetzt worden. Von den Fenstern über die Reling auf dem Oberdeck und den Ballon bis hin zu den Zugängen zu neuralgischen Einrichtungen wie der Brücke oder dem Maschinenraum. Allein dafür hatten Zapp und seine Leute in monatelanger Arbeit etliche Kilometer Energieleitungen verlegt und drei größere Generatoren installiert, die sich im Notfall gegenseitig ersetzen konnten. Er war sich bewusst, dass die Schilde wohl die größte Schwachstelle waren, aber gleichzeitig wohl auch die größte Stärke, denn zu den dauerhaft betriebenen kamen noch mehrere, bei Bedarf zuschaltbare Schildbatterien hinzu, die für kurze Zeit rings um das Schiff herum Energiebarrieren aufbauen konnten. Ausführliche Tests hatten gezeigt, dass diese für kurze Zeit problemlos Kanonen- und Mörserbeschuss standhielten, ohne auch nur einen Deut nachzugeben. Gegen einen großen, fliegenden Gegner oder gar einen Drachen war ein derartiger Test allerdings nur schlecht möglich. Dies war somit ein Erfahrungswert, den man erst ermitteln musste. Zapp war trotzdem zuversichtlich das sie auch diesen Test bestehen würden, verfügte sein Meisterstück doch ebenso über genug offensives Potential. Zwei große Charr-Kanonen befanden sich am Bug und am Heck an berechneten Ideal-Positionen für optimales Schussfeld in alle Richtungen. An den Seiten gab es genug Öffnungen für Kanonen, die allerdings erst in Löwenstein bestückt werden sollten. Auch diese waren keine normalen Kanonen, sollte die Pulver- und Munitionszuführung doch automatisiert geschehen. Einzig und allein abfeuern musste man diese per Hand. Und weil dies noch nicht genug war gab es ebenfalls an den Außenwänden noch Aussparungen und Montageflächen für kleinere magitechnische Energiegeschütze, die zentral von der Brücke aus gesteuert und abgefeuert werden konnten.


Das Genie verlor sich beim aus dem Fenster schauen und über all die technischen Finessen nachdenken doch glatt in einem Tagtraum. Stellte sich vor, wie sein Schiff die größten Feinde des Paktes und der gesamten tyrianischen Bevölkerung eliminierte. Eine gewagte Vorstellung angesichts der Gerüchte, die kursierten. Der Menschengott Balthasar war angeblich aus den Weiten der Nebel zurückgekehrt, hatte exorbitant hohe Mengen Magie absorbiert und war damit auf dem Weg in die Kristallwüste, um sich mit dem Alt-Drachen Kralkatorrik anzulegen. Ein Kampf gegen einen Menschengott und einen Drachen? Warum nicht! Doch jäh wurde der Meister unterbrochen, als sein Endpunkt der auf dem Schiff installierten Sprechanlage knackte und rauschte und sich seine Assistentin Quippa zu Wort meldete: „Quippa für Leiter Zapp. Wir sind fertig hier unten und bereit für den finalen Antriebstest.“ - Zapp brummte genervt, antwortete dann aber: „Genie an Lehrling. Habe verstanden. Fasst nichts an bis ich nicht physisch vor Ort bin. Zapp Ende.“ Damit erhob er sich aus dem Sessel, streckte sich einmal kurz und stiefelte zur Tür seines Quartiers. Bevor er hinausging sammelte er noch seinen Laborkittel von der Garderobe, verstaute sein treues Holopad in einer Tasche und machte sich auf den Weg.
Mehrere Minuten war er unterwegs um in den Bauch des Schiffes zu gelangen, erst durch breite Hauptgänge, weg von den Quartieren, über Treppen und schmalere Gänge schließlich hinunter in die Technikabteilung. Spärliche Beleuchtung herrschte, lief das Schiff doch im Moment auf Not- bzw. Sekundärenergie, da die Hauptgeneratoren nicht liefen. Endlich war er dann am Maschinenraum angekommen. Ein Entsperrcode öffnete ihm das Kraftfeld, und er betrat sein Reich, wie er immer zu sagen pflegte. Quippa – ebenfalls eine Asura, aber noch jung, in den Anfängen ihrer 20iger, die seine Tochter hätte sein können – und ihre Assistenten erwarteten den technischen Leiter schon ungeduldig, dennoch begrüßte sie ihn erst einmal mit einem frechen Spruch: „Dauert ziemlich lange hier herunter zu kommen wenn die stationären Teleporter nicht laufen, was?“


„Ruhe. Ein wenig mehr körperliche Aktivität würde euch nicht schaden. Wie ist der Status?“


Gut gekontert. Kurz schmollte die Assistentin, ehe sie gelangweilt auf die Frage einging. „Wir haben die primären Energiekerne eingesetzt, die sekundären Kerne noch einmal geprüft und die Turbinen-Vorverbrennung schon einmal laufen lassen. Hauptturbine und Generator sind in Bereitschaft. Ihr müsst nur noch den einen Knopf drücken und zusehen, wie die Manifestation eures Genies zum imaginären Leben erwacht.“


„Gut. Sehr gut sogar.“ Zum ersten Mal seit langem kam Zapp ein Grinsen über die Lippen. Ein diabolisches, finsteres Grinsen. Das was man von einem verrückten Wissenschaftler einfach erwartet. Der geistige Vater der Maschinerie, die ihn umgab, trat an eine Steuerkonsole und drückte einen Knopf – leises knacken. „Maschinenraum an Brücke. Cheftechniker Zapp hier. Wir würden jetzt mit dem finalen Antriebstest beginnen. Irgendwelche Einwände?“ Kurze Stille. Dann verschlafenes Schmatzen ehe sich der Steuermann meldete. „Brücke hier. Keine Einwände. Irgendwas gegen nen‘ kleinen Rundflug wenn der Antrieb läuft? Wir haben sonst alles fertig und der Frachtraum is‘ voll, hab gehört der Captain spendiert ne Runde wenn wir‘s morgen schon nach Löwenstein schaffen.“ Man konnte das Grinsen des dümmlichen Menschen durch die Sprechanlage förmlich hören. Zapp schnaufte. „Keine voreiligen Aktionen. Wir geben grünes Licht wenn der Antrieb korrekt arbeitet.“ - „Hm.. hab‘ verstanden. Dann ma‘ gutes Gelingen.“ Krrk. Stille. Zapp schüttelte resignierend den Kopf und murmelte zu sich selbst. „Menschliche Idiotie. Jagen immer nur dem Vergnügen hinterher.“ Dann straffte er seine Haltung und sah über die Schulter. „Also gut. Alle auf Position. Es geht los.“ Quippa und ihre Mitstreiter trödelten auf die Worte nicht und begaben sich auf ihre Posten. Jeder hatte sein Spezialgebiet und dementsprechend seine fest zugewiesene Station an der Maschinenkontrolle. Zapp selbst blieb an der Hauptkonsole stehen und betrachtete den noch dunklen Holo-Bildschirm.
Vor ihm auf der Konsole pulsierte in schwachem Rhythmus ein grüner Knopf der mit START beschriftet war. Obwohl die Maschinerie im Hintergrund noch ruhig dastand, war die Spannung im Raum greifbar. Zapp wartete, zögerte – oder kostete den Moment einfach voll aus. Würde es funktionieren? Oder würde ihnen gleich alles um die langen Ohren fliegen? Es gab nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden. Der Cheftechniker ballte einmal kurz die rechte zu einer Faust, ließ die Finger leise knacken, streckte dann den Zeigefinger aus und bewegte diesen wie in Zeitlupe auf den Knopf zu. Schließlich betätigte er ihn.


Im ersten Moment geschah erstaunlich wenig. In dem einen oder anderen Schaltkasten innerhalb des Maschinenraums klickte und klackte es leise, während alchemagische Steuermatritzen ihrer Arbeit nachgingen. Danach zischte es einmal, zweimal kurz, als die automatischen Ventile, die die Hauptdampfleitungen steuerten, sich öffneten. Erst jetzt erwachte die ganze Anlage nach und nach zum Leben. Die Turbinen, die den Magie-Generator antrieben, sprangen surrend an und gewannen an fahrt. Holo-Schirme aktivierten sich, Steuerkonsolen füllten sich blinkend und summend mit Leben. Und dann begann auch das Hauptterminal, an dem Zapp stand, seine Arbeit, erwachte der „Geist“ des Schiffes, wie er es nannte. Das Steuersystem und die Intelligenz des Schiffes selbst startete.



***** Z.A.B.S 1.0 ****


> PRÜFE SPEICHER --- *
> LADE PRIMÄRMODULE
> LADE HAUPTMODUL --- *
> LADE UMWELTKONTROLLE --- *
> LADE SYSKONTROLLE --- *
> LADE WAFFENKONTROLLE --- *
> LADE NAVIGATION --- *
> PRIMÄRMODULE GELADEN
> LADE SEKUNDÄRMODULE
> KEINE SEKUNDÄRMODULE INSTALLIERT
> AKTIVIERE BETRIEBSMODUS 0
> SYSTEM GESTARTET – WILLKOMMEN UNIVERSALGENIE ZAPP


Geisterhaft flimmerten die Zeilen über den Schirm, spuckte das System alle möglichen Daten aus. Zapp starrte gebannt auf die Anzeigen, auch wenn er das alles sicher schon hunderte Male gesehen hatte. Selbst Quippa konnte ihn nicht aus seiner Trance holen, während sie immer wieder Betriebsparameter durchsagte. „Hauptenergie nominell bei 30%, Leistung weiter steigend. Alle Systeme stabil.“ Schließlich erwachte der Techniker wieder zum Leben. „Exzelsior, ich habe es! Ich nenne sie.. Götterdämmerung!“ Er erntete von allen Anwesenden Blicke, die Unverständnis und Fragen zum Ausdruck brachten, ehe er seinen Monolog fortführte. „Erstens: Es ist mein Schiff. Meine Erfindung. Ich bestimme den Namen. Sonst niemand. Zweitens: Ich werde dafür sorgen, dass wir mit diesem Schiff in die Schlacht ziehen. Gegen den Menschengott, der offensichtlich nichts Gutes im Schilde führt.“ Danach aktivierte er die Sprechanlage und meldete der Brücke, das man Bereit für den Testflug war. Kommentarlos fuhr Quippa den Antrieb auf volle Leistung hoch, ehe sich der Koloss mit dem Namen Götterdämmerung langsam in Bewegung setzte. Es sollte noch eine lange Nacht werden, und schon am nächsten Tag würden sie alle sich auf den Weg nach Löwenstein machen.

Kommentare 9

  • Yah, Luftschiff! Luftschiff! (Insert LEGO movie referenz)
    Klingt als bereite da jemand zielstrebig sein Lebenswerk vor.


    Und ich hab ja nichts gegen Asura, aaaber...
    ...aber du musst zugeben, ziemlich hoher Powerlvl die Kiste, weiss nicht wie viel Mehrwert man dadurch im RP hat wenn man so einen Megaprotoytypen fliegt? ×)


    Naja willkommen in Elona schon mal. :>

    • Hoher Powerlevel ja (it's over 9000!) - aber mit hohem Powerlevel kommen auch vieeele vieeele Möglichkeiten Schwachstellen, Hindernisse und.. sonstige Überraschungen einzubauen :D

  • Erzeugt Kopfkino. :) Toll gemacht.

  • Für mich sind asurische Texte oft nicht unbedingt ansprechend, da sie meist voll mit Worten sind die zwar zur Rasse passen, mir aber einfach keinen Flair vermitteln (da ich mit dieser Rasse wenig anfangen kann).
    Aber der Text hier - voll gut. Ich war echt gespannt darauf ob der Koloss abhebt.

    • Jaaa genau das! So ging's mir auch! Das war erst so dieses "Oh well, Asura.. und dann ooh OOOH!"


      Es sollte mehr solche Asura-Geschichten geben. Nicht einafch immer nur dieses klotzige Blabla.

    • Eben genau das.
      Erst mäh und dann oh! :)

    • Ähhhh.. ja? Äh? Danke für die Blumen :D? Ich schätze mal ihr freut euch wenn ich sage da wird noch mehr kommen mit dem Addon und dem Plot und so^^

    • yäääär! Mehr verständliche Asurageschichten!

  • Das hat fetten Asura Flair! <3