Sonntagsgefühle




Er begann diesen Tag zu hassen. Er brachte ihm inzwischen die gleichen Gedanken entgegen, die er ansonsten für einen Zentauren Überfall auf seine Mine oder einem Banditen Überfall auf seine Frachtkutschen reserviert hatte. Daran konnte auch der dritte Cognac nichts ändern den er sich nun langsam und in kleinen Schlucken gönnte.
Es war manchmal ebenso faszinierend wie erschreckend wie sich Dinge über einen Tag hinweg ändern konnten. Noch am Morgen war alles in Ordnung gewesen. Er war früh aufgestanden, ging auf einen Sprung am Salmator 35 um letzte Dinge zu kontrollieren und war dann früh zum Delavan gegangen wo er ein wenig gerudert hatte. Als er zurück nach Haus kam servierte Minna ihm ein kleines Frühstück und er zog sich in den Salon zurück um sich dort seiner neuen Leidenschaft zu widmen. Es Klavierspielen zu wäre eine Übertreibung gewesen aber er tat definitiv etwas mit den Tasten des Klaviers das Töne hervorlockte. So ging es bis gegen halb drei am Nachmittag.


Als er sein Spiel unterbrach und nach oben ging um sich zu Recht zu machen ahnte er noch nicht dass der Tag keine so angenehme Wendung nehmen würde. Um drei hatte sich Fräulein Lilienthal angesagt. Sie hatte sich auf die Stelle der ersten Hausdame beworben und sollte sich vorstellen. Die Dame einen rechten Drachen zu nennen, wäre noch schmeichelhaft gewesen, das wusste Graham eine gute halbe Stunde nach dem ersten Blick auf jene Frau. Gift troff aus ihren Augen und alles was sie Minna entgegen zu bringen hatte, war Geringschätzung. Daraus das es wohl auch an einigen Dingen die Graham ihr gesagt hatte in ihren Augen einiges auszusetzen galt, machte sie zwar mehr hehl, jedoch brauchte man kein Gelehrter zu sein, um zu bemerken dass sie sich in Gedanken in Turpin House schon einiges in rechte Licht rücken sah.


So spröde der Drachen auch gewesen war, es gab einen guten Grund ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Sie hatte sich keinen Zwang angetan auch nur so zu wirken als wäre es für sie duldbar das Damenbesuch ohne eigene Zofe ins Haus stehen könnte. Zwar hatte sie eingewilligt hier bei Bedarf dienstbar zu gegen zu sein, doch war klar geworden; In einem Haus in welchem sie die Führung inne hatte, würde es solch Barbarei nicht geben.


Das war auch der Grund weswegen Graham sie nicht hatte aus seinem Kopf gestrichen. „Wird sie das unterbinden dem ich nur machtlos gegenüberstehe?“ Ein weiterer Schluck Cognac. Die Aussicht die Herrin der Freudlosigkeit in sein Haus geholt zu haben erfüllte ihn nicht eben mit Glückseligkeit, doch konnte es auch nicht so weitergehen. Jene Dame die Gegenstand seines tiefsten Sehnens war, die in seinem Haus ein und ausging wie es ihr beliebte, war mit einem Bein in der Ehe mit diesem… diesem… Er atmete tief durch. Die Götter wussten was sie an ihm fand und doch… Und doch schien sein Wille in ihrer Gegenwart zu schmelzen wie ein Eiswürfel in der Sonne. Auch das kapriziöse Gemüt seiner Liebsten war nur wenig dazu geeignet seinem Sehnen Einhalt zu gebieten.


Die Lilienthal würde das sicher zu verhindern wissen, doch er wollte noch immer dass sich jeder im Haus wohl fühlte und so war es auch daran seine bisherige Hausdame nach ihrer Meinung zu befragen. Nach der vierten abfälligen Bemerkung von Fräulein Lilienthal hatte es dieser jedoch gereicht und sie hatte darum gebeten ihren freien Tag nehmen zu dürfen. Graham malte sich eine gute Chance aus, sie in der Lampe anzutreffen, immerhin hatte sie bei dieser und jener Gelegenheit davon gesprochen.


„Wärest du einmal zu Haus geblieben. Hätte es das besser gemacht? Nein, wahrscheinlich nicht.“ Ein weiterer Schluck Cognac. Und wieder sah er zur Uhr im Salon, es ging auf elf, dieses Mal nachts. Sein Blick wandte sich durch den Stoff der Vorhänge wieder einmal nach draußen. Nun griffen Daumen und Zeigefinger nach der Nasenwurzel und strichen über sie.


Er fand Minna wie erwartet in der Lampe. Eigentlich hatte er sie nur fragen wollen, wie ihre Meinung zu Fräulein Lilienthal war, doch sie schien nicht sonderlich angetan von jener Idee, fragte ihn ob sie ihre Aufgabe schon jemals schlecht verrichtet hatte und ob er sie ersetzen wollte. Ihre Zunge war deutlich gelockert vom Alkohol, sie hatte wohl die Angst ausgestanden nach dem nächsten Monat einfach ohne Lohn und Brot vor die Tür gesetzt zu werden.


Er hatte wenig Lust die Gedanken und Hoffnungen mit der gesamten Taverne zu teilen. Schon gar nicht mit dem Dunklen Herrn da an der Theke, oder der Dame in Rot die sich einer ziemlich gesalzenen Sprache befleißigte und ihn mit einer wahren Tirade an Spott bedachte, so bat er Minna etwas zur Seite um ihr dort seine Gedanken zu offenbaren. Natürlich wusste sie alles. Sie war die gute Seele in Turpin House. Nichts gab es das ihren Augen entgangen wäre. Weder die benutzten Gläser an manchem Morgen, noch die Handschuhe in der Schublade im Flur, die ganz sicher nicht seine gewesen waren. So fand er ihr gegenüber direkte Worte.


Sehr zu seiner Bestürzung hatte Minna ihm daraufhin angeboten sich um seine Zerstreuung zu kümmern und ihm zu helfen jene Dame aus seinen Gedanken zu tilgen, die den Avancen des Fischers in ihren Augen zu wenig Beachtung schenkte. Graham hatte schon geglaubt sich verhört zu haben, stattdessen - lag es am Alkohol oder nicht - beließ sie es nicht dabei, sondern gestand noch dazu Gefühle für ihren Dienstherren.


Den weiteren Abend versuchte Graham all das zu Verdauen während er und Minna sich gestelzt dem Abendessen zuwandten. Er konnte nicht mehr so tunt als existiere sie nicht oder habe keine Gefühle. Wäre sie doch nur still gewesen. Er hätte es noch Jahrelang aushalten können ohne auch nur etwas in diese Richtung zu merken. Es ließ sich keine Normalität mehr finden und je mehr er sie suchte, desto eher drang ein Gedanke in sein Bewusstsein. Alles was bislang zwischen ihm und der Komtess gewesen war, all jenes Hoffen und das Zurückgewiesen werden, würde sich nun wiederholen und dieses Mal, so wurde ihm schmerzlich bewusst, wäre er der, von dem das Leid ausging. Er hatte keine Lust Minna hinauszuwerfen, und auch nicht ihr zu schaden, er mochte sie. Von welcher Seite er es auch bedachte, es war ein bescheidenes Blatt. Vielleicht sollte er für eine Weile verreisen? Vielleicht würde etwas Abstand ihm gut tun, und in der Zwischenzeit…


Sein Blick fiel wieder hinüber zum Tisch wo der Vertrag für Fräulein Lilienthal lag. Er setzte seine Unterschrift darunter. Graham E. C. Turpin. Sie würde vielleicht alles ins rechte Lot bringen, was in Schieflage geraten war. Während die Tinte trocknete wand er sich wieder dem Fenster zu. Ein schmunzeln zeigte sich auf der Lippe des Geschäftsmannes als er sich an jenen Spruch aus dem Salon erinnerte. "Pech im Spiel, Glück in der Liebe." Er hatte das Spiel an jenem Abend für sein Team entschieden. War diese Krönung des bisherigen Desasters nun die Strafe? Inzwischen war er sicher. Er hasste diesen Tag.

Kommentare 17

  • Enter the Dragon.

  • Du schreibst sehr gut, finde ich.

  • <- Turpin-Fan. :)

    • Danke für die Blumen. Dabei fand ich Florean Di Saverio richtig cool an dem Abend. Und dann merkte ich das Harry Valentine auch dir entsprungen ist und den mag ich auch total, nicht das ich viel mit ihm gespielt hätte aber die haben beide was, was man schon nach wenigen Sätzen merkt.

    • Dankeschön. :) Kennen wir uns nicht auch noch von den Norn vor Ewigkeiten oder täusche ich mich da bzw. verwechsle dich?

    • Ich würd es zumindest nicht ausschließen wollen. Ich kam mit Bryn ziemlich gut herum :D

    • Bei Rekkins Rast mal gewesen und Eik kennengelernt?

    • Uhm, wenn nur einmal fürchte ich. Ist eine kleine Weile her

  • Das Zitat aus dem Salon. <3


    Und was den Rest anbelangt: Mr. Turpin, wir gehen angeln!!

  • Ich habe tatsächlich ebenfalls Mitleid für den armen Kerl und der Drache wird es nicht besser machen.T.T

    • *bereitet her Dragoness schon einmal den Hort... Pardon, das Gesindezimmer*

  • Armer Graham! <3 .. Diese Frauen in seinem Leben.. Alle furchtbar! :D