Das nicht ganz so stille Kämmerlein

Es ist das übliche Schauspiel. In der Windrose scheint absolute Stille doch wird sie urplötzlich von einem Pfeifen unterbrochen. Das alte Gebäude hat seine Macken, unbestreitbar. Viele der Fenster, welche die langen Korridore Tagsüber erhellen sollen sind zerbrochen und im zweiten Stockwerk fehlt gar ein großes Stück des Mauerwerks. Von aussen wirkt sie wie eine Ruine, bereit eingerissen zu werden um Vieh und Flora Platz zum gedeihen zu bieten, im Inneren jedoch herrscht reges Treiben...


"Asuraschiss.."
Wahrscheinlicher als sich in der Windrose eine Erkältung zuzuziehen ist nur, das man die Blondine fluchend antrifft. Genervt wirft Erium ihren ranzigen Lederbeutel auf den Boden des Versammlungsraumes und sich selbst auf eine nicht weniger ranzige Couch. Im Kamin brennt noch ein kleines Feuer und so mischt sich das heulen des Windes mit dem Knistern der verbrennenden Holzscheite.


"Wieder 'ne Nullnummer. Bin's leid für Nichts meinen Arsch hinzuhalten.."
Eben so wahrscheinlich wie die Blondine fluchend anzutreffen ist es die Blondine trinkent anzutreffen. Auf dem runden Massivholztisch, welcher zwischen den beiden Sitzreihen und einem Ohrensessel platziert wurde, befindet sich noch eine Flasche Reiswein. Das Ettiket ist beinhahe zur Gänze verblasst und von dem Gefäß selbst bröselt etwas verkrustete Erde. In möglichst lässiger Sitzhaltung, was heißt Beine breit und die Schultern tief im Polster vergraben, starrt Erium auf ihre Flüssige Glückseeligkeit. Sie muss jedoch rasch bemerken, das sich jemand an ihrem Gedeck vergangen hatte, denn das nötige Glas war verschwunden. Zwar lässt ihr ausgelaugter Körper nicht mehr als einen Schlafzimmerblick zu, doch dieser wandert sogleich gierig durch den Raum. Da stand es. Fein säuberlich aufgereiht zwischen weiteren Gläsern in einer fast Zwei Meter hohen Vitrine, gänzlich ausser Greifweite. Sie verzieht den Mund und gibt ein schnippisches "Tzz.." von sich, ehe sie sich leicht vorbeugt und mit der Flasche in ihren schmutzigen Händen wieder in das Sofa sackt.


Gerade als sie sich, mit nun zufriedener Miene, einen großen Schluck genehmigen will knallt es. "WAS ZUM...!?" In einem Moment des Schocks fliegt der Wein an die nächste Wand, die Scherben fallen klirrend zu Boden und ihre schlampige Sitzhaltung wird zu einer aufrechten. Es war eine Explosion, nicht sonderlich laut aber unerwartet. Das lokalisieren fällt ihr in diesem Moment nicht schwer, es kam von nebenan. So ruckartig wie die Flasche flog springt sie auf und spurtet zur Türe. Einen wehleidigen Blick wirft sie noch auf das alkoholische Malheur, dann eilt sie zum Zimmer der Alchemistin.


Dort angekommen staunt sie nicht schlecht, denn bereits vom Flur kann sie in das Innere der Kammer blicken. Die Druckwelle war derart stark gewesen, das sie die abgeschlossene Türe aufsprengte. Nur Schloss und Knauf sowie das Holz an welchem sie hingen waren noch an Ort und Stelle. "Hey! Was treibs' du Irres Weibsstück schon wieder? Lebst'e noch!?" Vorsichtig macht sie ein paar Schritte durch die Rauchschwaden, hinnein in's Ungewisse denn es folgt keine Antwort. Eine Hand hält sie sich schützend vor den Mund, mit der anderen greift sie wahrlos umher. Immer wieder fallen Dinge hinab, scheppernd und krachend. Zwischen all dem Getose hört sie plötzlich ein leises Husten. "Ah, da bis'se! Huste weiter!" Tatsächlich reagiert die Verunglügte auf diese sarkastische Aussage und so gelingt es Erium schlussendlich sie beim Schopfe zu packen. "Das hast'e jetzt davon.. Musste irgendwann passieren nich'?" Sie zerrt an der am Boden liegenden Person, greift sie dann unter den Schultern und beginnt damit sie gen Ausgang zu zerren. Immer wieder setzt sie den linken Fuß vor und schiebt mögliche Hindernisse aus dem Weg. Als sie den Ausgang erreicht zu haben scheinen, schleudert sie die Frau auf den Korridor. Einen Augenblick später tritt auch sie auf den nur schwach erhellten Gang und versucht sich den inhalierten Rauch auszukeuchen.


Sich mit den Händen auf den Knien abstützend betrachtet sie das Häufchen Elend vor ihren Augen. Sie zieht die Nase hoch, spuckt seitlich auf den gräulichen Teppich welcher durch den gesamten Flur verläuft und beugt sich dann hinab. "Was hass'e da wieder ausprobiert hä? Irgend'n Gift? Solange uns das kein Geld bringt is' das auf jedenfall nutzlos und zu gefährlich!" Langsam kommt die Alchemistin wieder zur Besinnung und spuckt nun ihrerseits gen Boden. "Aber nicht doch!" Ehe sie diese Aussage weiter ausführen kann beginnen beide damit ungefähr eine Minute lang zu husten. "Is' ja widerlich!" kläfft Erium ihr entgegen wobei sie sich beinahe übergeben muss. "Ich hab nur.." Wieder war der Satz nicht sonderlich Inhaltsschwanger, doch der Blick welchen sie Erium zuwarf sprach Bände. Es war gelungen! "Es klappt! Es klappt! Juchey!" Als wäre nichts geschehen, als wäre alles vergessen springt sie beinahe auf ihre Füße und tänzelt umher. Die Blondine selbst hebt nur, noch immer in gebeugter Haltung, eine Augenbraue und schaut verwirrt zu ihr auf. ".. Uhm,was hat geklappt? Falls es dein Plan war uns beide zu Grenth zu schicken muss ich dich enttäuschen.." Freudestrahlend hält die Hüpfdohle Inne. Ihre großen Augen mustern Erium ein weiteres Mal, dann nähert sie sich wieder ihrem Zimmer. "Oh, das wirst du noch früh genug merken! Ich kümmer mich mal um das hier. " Erium's Monkel summt leise, als sie noch versucht einen letzten Blick auf die Alchemistin zu werfen ehe diese in dem langsam verziehenden Rauch verschwindet. "Ich schwör' dir, wachsen mir Warzen im Gesicht verlierst du deins!" Leises Gelächter dringt aus der Kammer hinnaus auf den Korridor..


Noch immer etwas angeschlagen und leicht taumelnd gelang die Einäugige an ihre Zimmertüre. Seufzend öffnet sie jene und verschließt sie sogleich. "Kein Wein, kein Geld und keine Ruhe. Irgendwann schlag ich hier alles zu Kleinholz." Gerade wollte sie sich hinabbeugen um ihre schmerzenden Füße vom Leder der Stiefel zu befreien, da gerät sie in Schockstarre. Der längliche Spiegel, welchen sie noch vor kurzem hochkant an die Wand neben ihr Bett gestellt hatte zeigte ein Bild des grauens.


Ihr einst so strahlendes, blondes Haar war schwarz geworden.


Und so war es wieder das übliche Schauspiel. In der Windrose scheint absolute Stille doch wird sie urplötzlich unterbrochen. Ein Lauter Schrei lässt das Pfeifen des Windes vergessen, ebenso wie den Gedanken an Schlaf. Jedenfalls für die Alchemistin, denn eine Barfüßige, schlecht gelaunte und Einäugige Bestie war auf Rache aus...

Kommentare 2

  • Erinnert mich an hausbesetzende Junkies, die mit Streichhölzern und einem Chemiebaukasten spielen. :d