Gewalt an Tieren
„Tante Grett! Tante Grett! Vaas macht schon wieder so komische Sachen!“
Jacob war schon immer eine verdammte Petze gewesen, solange sich Vaas erinnern konnte. Eigentlich hatte er mit des Nachbars Jungen gespielt und wollte diesen ein wenig beeindrucken, ihm zeigen, was er tolles kann, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass diese kleine Ratte sie beobachtete.
Gerade einmal sieben war er und lebte seit Klein auf bei seiner Verwandtschaft in Ebonfalke, ein 'Mehrgenerationenhaus' der Familie Maoláin, ganz am Rande der Stadt und, bis auf ein paar wenige Nachbarn, die man an einer Hand abzählen konnte, eher etwas abgeschottet und für sich allein lebend. Ihre Familie besaß schon immer einen etwas eigenen, komischen Ruf, was aber nicht störte und nicht verwunderlich war bei jenen, die eher unter sich bleiben wollten. Aber junge Kinder interessierte so etwas meistens nicht sonderlich, so auch Veit.
Der Bursche saß fasziniert vor dem damals noch Schwarzhaarigen, bleichen Bengel und sah zu, wie dieser eine kleine Echse festhielt, ehe er sie mit dem dicken Stein in der anderen Hand erschlug. Das Tier war definitiv hinüber, als er den Stein wieder hob, zuckte nicht einmal und der Kopf war Matsch, ehe Vaas sich, ohne jegliche Scheu und Eckel das tote Reptil mit einem „Pass auf!“ in die Schnute steckte, so dass nur noch der geknickte Schwanz hinaus ragte.
Es wäre zu viel zu behaupten, er wüsste, was er da tat, als dass er mehr aus Zufall mit seiner kleinen Begabung das Richtige zu machen. Er streckte die Hände seitlich aus und machte ein paar Bewegungen mit den Fingern, nuschelte irgendwas mit vollen Mund, ehe nach einigen Momenten plötzlich der Schwanz der Echse zu zucken begann. Veit saß im Schneidersitz vor ihm, die Hände auf den Füßen gestützt und machte große Augen, als augenscheinlich wieder Leben in dem eigentlich toten Tier wieder einkehrte.
Hustend spuckte der Siebenjährige das Reptil nun wieder aus, das sich tatsächlich wieder laufend übers Gras bewegte. Es hatte weder Orientierung noch Koordination und der ein oder andere gebrochene Rippenknochen drückte sich von innen gegen die Schuppen. Aber das störte keinen der beiden Jungs, sie hatten nicht das Verständnis zu verstehen, dass die Echse nicht wirklich lebte, sondern nur von schwacher, nekromantischer Magie 'am Leben' gehalten wurde. Der Schädel war noch immer zum Teil Matsche, aber es reichte aus, dass das Vieh die nun weißlichen Augen hin und her bewegen konnte.
„Booooahr, waaaaahnsinn! Wie machst du das nur!?“ Dem Rotschopf stand der Mund offen, fasziniert und beeindruckt zu gleich.
„Tja, ich bin wohl von den Göttern gesegnet! Oder so...“ Im Grunde hatte Vaas absolut keine Ahnung, was er da genau tat und wie er es anstellte. Aus seiner Familie waren noch nie Magier entsprungen und trotz, dass jeder Mensch eine gewisse Affinität zu Magie besaß oder besitzen konnte, so distanzierte man sich davon. Seine Familie war sehr eigenbrötlerisch, sie mochten Magier nicht und wollten mit diesen auch nichts zu tun haben. Und dann kam er... und hatte dazu auch noch eine kleine Begabung für Nekromantie, die er selber zwar nicht verstand, aber instinktiv spürte. Und jedem anderen Maoláin war dies mehr als nur ein Dorn im Auge.
„Kannst du mir das auch beibringen? Kannst du? Kannst du? Lex unser Hund ist doch vorgestern gestorben. Bitte bitte!“ Der Bub faltete die Hände in einer bittenden Geste zusammen und lies Vaas kurz darüber nachdenken, oder besser gesagt grübeln, ob er überhaupt weiß, wie man so etwas jemanden beibringen könnte. Das Schuppentier kroch derweil durch das flache Gras zwischen ihnen her, zog dabei aber nur orientierungslose Kreise, bis es erneut von Vaas mit dem Stein wieder erschlagen wurde. Er hatte keine Ahnung, wie man diesen 'Zauber' wieder auflöste, für ihn war es die einfachste Methode die Echse wieder 'tot' zu kriegen. Er hob sie auf und hielt sie Veit hin.
„Weiß nicht, ob du das auch kannst, aber lass es uns versuchen. Steck sie dir in den Mund!“
„Muss das sein?“
„Klar, anders geht’s nicht.“
„Meh.. okay.“
Der Rotschopf betrachtete sich einmal das tote Tier, das nun schon zum zweiten Male erschlagen wurde. Der Körper war mittlerweile deformiert, die Knochen mehrfach gebrochen und durch den erneuten Steinschlag ist eines der Augen aufgeplatzt, aus dem nun zähflüssiges Blut hinab tropfte, während der Schädel leicht aufgerissen war. Alles in allem eine unfeine Sache, aber Vaas hatte sich das Teil ja auch in den Mund gesteckt und er wollte vor ihm nun nicht als Feigling da stehen, so dass er das schmodderige Schuppentier in die Hand nahm und es leicht angeekelt zum Mund führte. Doch grade als er diesen öffnete, lies ihn und Vaas eine herrische Stimme zusammenfahren.
„Was in aller Götternamen machst du schon wieder Vaas!?“
Es war seine Tante, die mehr als wütend aussah, zumindest, wenn man ihren rot angelaufenen Kopf betrachtete und die Ader an ihrer Schläfe, die sich deutlich hervor gehoben hatte. Hinter ihr stand Jacob, der breit und hämisch grinsend auf die beiden Burschen hinab sah, als wäre er auch noch mega stolz darauf den Schwarzhaarigen wieder mal verpetzt zu haben.
„Oh Mist! Tut mir Leid!“ Veit warf vor Schreck die zermatschte Echse einfach weg und sprang auf, um so schnell wie nur möglich die Beine in die Hand zu nehmen und zu zusehen, dass er wieder auf den Hof der eigenen Eltern zurück kam. Er kannte die Frau mit den grauen, zerzausten Haaren und den tiefbraunen Augen, die immer so aussahen, als könne sie einen direkt in die Seele schauen und jede Schandtat aus dieser heraus lesen. Der Rotschopf hatte Angst vor ihr, so sehr, dass er Vaas aus Furcht vor höllischem Ärger alleine zurück lies. Aber wo sollte der Siebenjährige auch mit hin abhauen? Er warf dem Cousin einen bösen Blick aus stechend grünen Augen zu, erntete aber nur eine heraus gestreckte Zunge und ein weiteres, breites und siegreiches Grinsen.
„Ich... nichts, wir haben nur gespielt und so...“ stammelte er, sich aufrappelnd und sich die Hose abklopfend, dass der Dreck abfällt.
„Achja!? Und was wolltet ihr mit der toten Echse? Sag nicht, dass du schon wieder gegen das Verbot verstoßen hast?“ herrschte sie ihn wütend an.
„N-nein, hab ich nicht.“ nuschelte er und versuchte dabei wenigstens etwas überzeugend zu wirken. „Doch, hast du, ich hab's genau gesehen.“ drang da Jacobs Stimme hinter Grett anmaßend hervor.
„Was hast du gesehen, eh?“ zischte Vaas abfällig zurück und zog die Nase missmutig kraus.
„Du hast wieder Magier gespielt!“ Zack! Und da fing sich der Bursche direkt als erstes eine ein, als die Tante sich bei den Worten herum gedreht und ihm mahnend eine mitgegeben hatte. „DAS! Will ich nicht nochmal hören! Das Wort nimmst du nicht nochmal in den Mund! Geh auf dein Zimmer, wir sprechen später darüber!“ Völlig entsetzt sah der Petzer die Frau an und hielt sich dabei irritiert die Wange. Dabei war er es doch, der ihr gesagt hat, dass Vaas schon wieder verbotene Dinge macht! Seine braunen Seelenspiegel driften kurz ab zu dem Grünäugigen hinüber, der nun seinerseits ihm miesepetrig die Zunge heraus streckt. Geplant war es, er wusste, dass sein Cousin nicht unbedingt die hellste Kerze auf dem Kronleuchter ist und nicht darüber nachdenken würde, was er sagt, wenn er sich einmal siegreich fühlt.
„Ja, Tante.“ brummte er nur und wandte sich Wange reibend ab. So schnell konnte man von seinem hohen Ross fallen. Noch schmunzelte Vaas für sich allein, aber auch das verging ihm schlagartig, als sich die Alte wieder herum drehte und nun ihm eine ordentliche Backpfeife mit gab, die seine Ohren klingeln ließen, ehe sie sich eines davon packte und ihn unsanft mitzog. „Und du mein Freundchen, kannst dir sicher sein, dass es heute kein Abendbrot mehr für dich gibt, warte nur, bis dein Onkel das erfährt, der züchtigt dich dich schon wieder zurecht, dass du endlich lernst diesen Mist sein zu lassen!“ blaffend zog sie ihn am Ohr über die ganze Wiese, bis zurück zum eigenen Haus und ignorierte dabei sein Gejammer darüber, dass sie ihm weh tat und er auch so mit laufen konnte. Und sie ignorierte seine Bitte es nicht Onkel Uttwik zu sagen, denn im Gegensatz zu Grett würde es bei ihm nicht bei einer Backpfeife bleiben, sondern eine ordentliche Trachprügel geben....
Oh, wie er diese Familie hasste...
Kommentare 7
Vish
Ich wusste doch, dass mir das mit der Eidechse bekannt vorkam. In der Bibel nach Biff fängt Joshua genauso an
Minna
Armer kleiner Vaas. Wäre er doch lieber als ein Lovidicus auf die Welt gekommen, da hätte man das Talent gefördert!
Vaas Autor
Ja, die Maoláins waren leider eine etwas... eigene Familie
Motte
Gut, dass er jetzt zu den Donovans gehört!
Vaas Autor
Ovy
Als Lovidicus wäre er Echsengourmet geworden?
Vaas Autor
^this! Ich schieß mich weg x'D X'D X'D