Ohne Ausweg?

Dieser kleine Abriss ist die Folge von „Neun Jahre“ und die Vorgeschichte zu „Nein!“




Seit einigen Tagen schon bewohnte sie die billige Unterkunft und so langsam würde es Routine. Das war nicht gut. Sie wollte ihr Leben nicht so dahin fristen und damit zufrieden sein. Sie wollte mehr. Und eigentlich doch nicht viel. Die fast Sechzehnjährige lag auf ihrem unbequemen Bett mit der durchgelegenen Matratze und starrte aus dem Fenster. Mit einem Ruck saß sie plötzlich auf, schwang die nackten Beine aus dem Bett und noch während sie das tat, griff sie ihre Klamotten und zog sich an. Das wenige Hab und Gut was sie besaß war schnell gepackt, die Rechnung beim Wirt beglichen und dann stand sie auf der Straße. Mal wieder. Sie sog die kühle Morgenluft tief in ihre Lungen. Es roch nach Regen. Natürlich. Was auch sonst. Immer wenn sie sich wieder auf der Straße einfand, fing es an zu regnen. Unwillig und mit einem Blick zurück zur Herberge stiefelte sie los. Da war es wenigstens trocken. Und warm. Aber bleiben konnte sie nunmal nicht, denn Geld hatte sie nun keines mehr.


Ja dann würde sie wohl tun, was sie immer getan hatte. Das was sie konnte. Sie stand auf dem Marktplatz, ein wenig abseits an einer Hausecke und beobachtete. Ein geeignetes Opferlamm würde sich schon irgendwann blicken lassen, das war immer so. Sie musste nur Geduld haben und wenn nötig wartete sie eben bis zum späten Abend, wenn die Herrschaften betrunken aus der Wirtschaft torkelten. Einfacher war es, wenn sie selbst in die Kneipe ging und den alten Säcken schöne Augen machte. Sie schauderte. Es musste so gehen. Irgendwann ging diese Masche mal daneben, dessen war sie sich bewusst.


Arlassia stand einige Tage später am Tresen der verräucherten Taverne und schäkerte mit einem halbwegs betrunkenen alten Sack. Feist und rosig das Gesicht, die Finger immerzu und ständig an ihrem Hintern säuselte er ihr billige Komplimente ins Ohr. Ihr war schlecht. Sie wollte sich übergeben, doch lächelte sie zuckersüß und blinzelte den Kerl mit blauen Unschuldsaugen an. Der Kerl hatte Geld, das war ersichtlich. Sie hatte mittlerweile einen Blick dafür und dieses fette Exemplar hier protzte auch noch damit. Sie ging mit ihm vor die Tür und schon spähte das Augenblau nach einem Fluchtweg. Sie hatte ihn schon um einiges erleichtert und wollte nun mit ihrer Ausbeute verschwinden. Seine Hand griff mit einem Mal fest nach ihrem Arm und ihr wurde klar, sie hatte wieder einen Fehler begangen. Verdammt. Warum ging es nie lange gut?


Er hatte gedroht, sie den Seraphen zu übergeben. Nun lag sie regelmäßig zwischen seinen teuren Laken und ließ ihn tun, was er eben von ihr wollte. Zu ihrem Glück zählte, daß er keinen mehr hoch bekam. Nur waren seine Grabschereien und sein Gegrunze auch nicht besser. Sie musste regelmäßig ein Bad nehmen, ehe sie zu ihm ins Bett stieg. Jedesmal wenn sie dort war, ließ sie etwas mitgehen und verkaufte es. Wenn das Geld dafür zur Neige ging, besuchte sie ihn wieder. Sie verabscheute ihn. Doch noch viel mehr ekelte es sie vor ihrer eigenen Schwäche. „Du kleine Nutte. Nur weil er ihn nicht reinsteckt, bist du trotzdem nicht mehr als das.“ schalt sie sich selbst. Nüchtern besuchte sie ihn nie. Es betäubte sie und es war dann für sie erträglicher.


Und dann regnete es wieder... und ihr Weg führte sie ein letzte Mal zu ihm. Aber das wusste sie noch nicht.

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