Plump


Ihr seid zu plump“, hatte er gesagt. Die Worte gingen immer wieder durch ihren Kopf, zogen ihre undurchsichtigen Schlieren im kruden Gedankengewirr und Gehirngespinstgeballe. Bei jedem Schritt über die vielen Stufen die Etagen hinab klackten die hohen Absätze auf dem Holz selbst durch den Teppich, der sie bedeckte.


Klack, klack, klack.


Konnte sie denn klagen nach diesem Abend ? Vermutlich nicht. Zu Interessant war der Mann, der ihre Aufmerksamkeit bei sich halten konnte, wie es doch nur wenige vermochten. Er, der er hinaus stach aus dem grauen Söldner- Einerlei und den sich profilierenden Kerlen, die sich für die Größten hielten. Die, die langsam nachgaben, wenn sie feststellten, dass Sie nicht der Typ Frau war, von dem sie alle prahlten. Wenn der Spiegel zersprang und sie nach den Scherben des Moments klaubten, ihn wie eine Blume zwischen Papier und Bücherstapeln pressen wollten, damit er konserviert wird, das war interessant.


Klack, klack.


Abzulesen, was in ihnen vorging, wenn sie endlich die Worte wirklich hörten, die schon die ganze Zeit geredet wurden und die Augenbinde abfiel. Zu mindest im übertragenen Sinn. Auch wenn sie sich längst damit rühmen hätte können, die ein oder andere, achso wichtige Persönlichkeit auch im praktischen Maße dieses Sinnes beraubt zu haben.

Klack, klack, klack.

Unten. Ein kurzer Blick durch den Schankraum, ein sanftes Lächeln, ein Segenswunsch. Dann war das Gemälde durchschritten.


Klack, klack.

Noch ein Segenswunsch und der Griff nach der bunten Waffenscheide mit dem Degen. Lächeln, austauschen von Gute-Nacht-Wünschen und der Schritt durch die offene Tür ins Halbdunkel des Viertels.

Klack, klack, klack


Hier waren die Schritte lauter auf dem Pflaster. Wie anstrengend es wohl sein mag hier zu laufen auf solchen Schuhen, wenn man ungeübt ist, liess sie kurz grinsen. Dieses vermaledeite Grinsen hatte sie missmutige Worte eingefangen. Missgunst auch , aber dennoch hatte sie geschafft, einen Teil seiner Vorstellung aufzuwirbeln und zu zerstören. „Du bist plump“, wiederholte sie für sich und in regelrecht gelangweilter Gestik griffen schlanke Finger in eine der Taschen im langen Rock.


Klack, klack.


Straßenlaternen, plätscherndes Springbrunnenwasser und lauer Wind. Lichterfüllte Häuser und leises Lachen, Grillenzirpen. Eigentlich war es eine schöne Nacht. Sie war glücklich. Gut gelaunt wie eh und je. Jetzt keinen Sex zu haben, war mehr Segen als Fluch und Lyssa würde sie auch dafür immer noch küssen. Niemand war doch treuer als sie oder ? Warum nur sonst hätte sie ihr so offensichtlich ihren Stempel aufgedrückt.


Klack, klack, klack


Ein Zwinkern, ein Deut auf die Zigarette und das Zischen eines entflammenden Streichholzes. Der Geruch von Schwefel machte sich kurz breit und schon glimmte der Sargnagel auf, der sich so herrlich zwischen die wohlgeformten Lippen quetschte, als wüsste er genau, wie er sie zu versiegeln hatte. Zwinkern, ein Strich über Wange und Kinn und weichen Fingern und ein Dankbarer Blick. Dann wieder


Klack, klack.

Die gespürten Blicke auf der wippenden Hüfte brachten mehr Punkte auf das Konto des Selbstbewusstseins, als es jemals halten konnte. Es quoll über und verlor sich im hellen Rauch des verbrennenden Krauts. Ruhe. Nur Kurz. Einfach nur Ruhe. Der Verstand wurde schwer und langsam. Die innere Uhr schlug lauter und so verzückt verrückt verzogen in ihrem Takt, während das Klacken der Absätze immer langsamer wurde. Das Innere des makellosen Frauenkopfes enthederte sich und lief, einem bunten Farbeimer gleich, aus, auf die Straße, in die Rinnsale, in die Gully, zwischen die Kopfsteinpflastersteine und sickerte an Orte, an denen es verloren gehen konnte. „Jetzt bin ich plump Herr Iorga – wo bist du?“, fragte sie den Nachthimmel über der Gesechstelten Stadt aus in heller, dunkel benebelter Neugierde.

Kommentare 15

  • Das Klack Klack tut der Geschichte gut, es schafft zusammen mit dem Titel so....oberflächliche Vorurteile über den Charakter, so wie Lyssa sich das vielleicht wünschen würde.

  • Ich finde da sehr schöne Formulierungen drin und die Schreibweise sehr malerisch und interessant. <3
    Ich bin höchstens ein oder zwei mal kurz im Lesefluss gestolpert.


    Am Weiberabend kann sie dann ihren Frust rauslassen! :D

    • Man Yaralein ~ Ich hätte da sooooooooooooooooo Bock drauf. Nuttenbrause, Schokolade und Kartenspiel, blödes Gegackere :D <3


      Und vielen lieben Dank ! Ich werde mich in Zukunft mal öfter hinsetzen und schreiben. Emeria macht einfach unfassbar viel Spaß und bietet eine gute Fläche dafür.

  • Ich mochte diesen Einblick. Ich muss zugeben, dass ich den Sprüngen nicht immer ganz folgen konnte, aber ich nehme an, das ist gewollt. :)
    Mir gefällt, dass du dich nicht davor scheust, deinen Charakter als arrogant darzustellen und als jemanden, der nicht nur viel Wert auf sein Äußeres zu legen scheint, sondern auch darauf, dass die Arbeit, die darin steckt, bemerkt und gewürdigt wird und nicht zuletzt Sehnsucht oder gar Begehren auslöst.


    Lediglich die Wortwahl fand ich nicht immer ganz stimmig. Ohne, dass ich den Char näher kenne: die Dame wirkt verrucht elegant. Zu diesem Eindruck passte es z. B. nicht, dass sie sich die Zigarette zwischen die Lippen "quetscht". Das steht dem sonstigen Auftreten meinem Empfinden nach entgegen.


    Der Abschluss gefiel mir. Diese Frau ist noch nicht fertig.

    • Zu nächst Mal : Dankeschön ♥
      Ich habe halt versucht mit diesen teils doch sehr harten Wörten / Gegensätzen irgendwie ihren komischen Kopf in Worte zu fassen. Was.. nicht einfach ist. Ich werde aber auf jedenfall in Zukunft mehr beachten, dass es nicht diese gewisse Harmonie stört, die du ja sehr gut erkannt hast. *nickt*

    • Ich habe vermutlich einfach zu wenig Einblick in den Charakter, als dass ich dieses Stilmittel erkannt hätte. Andere, denen das nicht so geht, werden es wahrscheinlich sofort erkennen, insofern ist das keine Kritik im eigentlichen Sinne.
      Der Text macht neugierig auf den Char, das ist es, was mir beim Lesen auch immer am meisten gefällt und für die Wirkung meiner Meinung nach mit am wichtigsten ist.

    • "Lernen sie jetzt rosane Priesterinnen kennen - nur an ihrer Lyssa- Spirale!"
      Nein Scherz :P
      Aber das freut mich wirklich sehr. Ich lag heute Morgen recht lange noch wach und habe überlegt ob und wie ich das schreiben soll/will. Worte wie deine, zeigen mir, dass eine gute Entscheidung war und dafür bin ich dankbar.

    • Ich lern immer gern neue Chars kennen. 8)

  • Tjaaaaa.....:D

    • verfluchter Iorga ♥

    • Tevin hätte noch dabei sein müssen. Dann wäre es irgendwie schräg geworden :D

    • Dann wäre Emi aber direkt ihm um den Hals gesprungen und spätestens zwanzig Minuten später, hätte man Papa Victors Rasierwasser nicht mehr gerochen und der wäre total verstört rausgegangen :P

    • Das...wäre nicht passiert. Und ich sage jetzt nicht was davon nicht passiert wäre! Thehe

    • Rasierwassser... Rasierwasser. Der hat vermutlich hinter einem der Bücherregale ein ganzes Fass davon stehen. Oder... mehrere Fässer.