Seekrank 1

Mehr als kritisch wurde die Takelage des Dreimasters beäugt, dessen chaotische Anordnung, dem Laienverstand der Priesterin einen Streich spielte. Sie ergab keinen Sinn, ebenso zweifelte sie daran, dass die Segel ihr volles Potenzial in der Ausbreitung entfalten konnten. Sie würden sicherlich an den dicken Seilen hängen bleiben, reissen und sie alle in den Tod stürzen.
Ebenso war sie davon überzeugt, dass die erste Welle auf hoher See, das flache Schiff einfach umreissen und zum U-Boot umfunktionieren würde.
Kurzum: sie traute dem Gefährt nicht, über dessen Deck sie langsam mit ihrem Gehstock krückte, um die Beschaffenheit der Oberfläche zu prüfen.


Leza war schon jetzt etwas bleicher um die Nase geworden, obwohl die Gewässer weitestgehend ruhig waren und das Schiff somit kaum bewegte; dennoch war ihr speiübel.
Der logische Teil ihres Verstandes wusste natürlich, dass die Symptome des Unwohlseins, ein Streich ihrer Abneigung und des Unbehagens waren und körperliche Warnreize weckten, damit sie ihren knochigen Hintern von dieser Todesmaschine bewegte. Die Logik gebot ihr auch das mentale Mantra, keine reudige Skrittnase zu sein und sich zu beruhigen, immerhin gab ihr Magen keinen Inhalt über Scotch hinaus her, den man dem Meer opfern konnte und dennoch rebellierte er immer mehr.
Ein Blick zur Reling und dem Hafen dahinter, machte die Idee eines intimen Momentes mit Löwenstein zu teilen, nur noch reizvoller.
Sie hasste ihr Leben.


"Wie viele Leute werden euch begleiten?"


Alexa blickte die Priesterin recht direkt an, während ihre Haltung disziplinierte Distanz gebot. Gutes Mädchen, wahrscheinlich bangte sie um ihre frisch polierten Stiefelspitzen, auf denen sich die Sonne spiegelte.


"Keine Ahnung. N' dutzend oder zwei? Alles dabei. Sagten, sie hätten Erfahrung mit Schiffen."


Alexa blinzelte, von milder Skepsis ergriffen, die Lezas Erscheinung im Zusammenhang mit der Aussage schürte und man konnte es ihr nicht einmal verübeln. Jeder Mensch mit einigermaßen gesunden Verstand, hätte in diesem Moment zweifeln müssen, wenn ausgerechnet die Person, die am inkompatibelsten mit dem Meer war, die Kompetenz anderer hierfür anpries, von denen sie scheinbar nicht mehr, als das bloße Wort hatte.
Alexa schien sich scheinbar noch nicht mal sicher zu sein, ob die Frau vor ihr einfach nur unendlich naiv und blöd war,besoffen, oder doch einen ausgeklügelten Plan besaß. Einzig die Höflichkeit und Etikette geboten somit, nicht die Augen zu verdrehen und selbst das wäre schon ein Höhepunkt der ansonsten recht kargen, emotionalen Intelligenz der jungen Frau, die dafür einen ausgesprochen wachen Verstand demonstrierte.


"Priesterin, wir können das Gespräch auch fern des Schiffes weiter führen."


Ein Friedensangebot an den Magen der Geistlichen, dessen Gesichtsfarbe unter einem Schunkler des Schiffes noch etwas grüner wurde.
Nicht mehr lange und die Besatzung hatte einen Grund zum Deck schrubben.


"Wann wolltet ihr in See stechen?"


Lezas Stimme klang mittlerweile so gequält, wie sie aussah und fast hätte Alexa Mitleid empfunden, ginge es hier nicht ums Geschäft.


"Mylady wollte nach den Festlichkeiten zum Neujahr aufbrechen, prinzipiell wäre aber auch ein früherer Aufbruch möglich. Das letzte Schiff wird nächste Woche seine Jungfernfahrt antreten, danach ist alles nur noch eine Frage der Beladungsorganisation- sofern eure Leute wirklich genug Erfahrungen auf See mitbringen, um die Lücke in der Besatzung eines dritten Schiffes auszugleichen. Andernfalls verzögert sich der Aufbruch, bis die Mannschaft komplett ist und sich mit dem Schiff vertraut gemacht hat."


Leza nickte hier und da, während die einfachen Fakten auf sie nieder prasselten und wenigstens für einen Moment von der Übelkeit ablenkten. Neujahr also...welches Neujahr genau? Der kritische Blick maß Alexas Gestalt einmal mehr, um das canthanische Erbe in ihren Zügen zu erfassen und damit hatte sie auch die notwendige Antwort, auf ihre ungestellte Frage.


"Gut, gut...machen wir so. Klären wir den Rest, wenn..."


Wenn der Scotch endlich aus ihrem Magen war. So schnell hatte man wohl noch nie jemanden zur Reling krücken sehen, kurz bevor die Hafenklänge um das Geräusch eines kotzenden Brauereipferdes bereichert wurde, auf das die Hafenarbeiter im schallenden Gelächter antworteten.


Alexa seufzte lautlos. Sie würden mehr Eimer für die Überfahrt brauchen...viel mehr Eimer.

Kommentare 12

  • Mir war an manchen Stellen nicht auf Anhieb klar, wer gerade spricht, bis eine passende Reaktion von der anderen Seite kam. Sonst fand ich den Text sehr flüssig zu lesen, stimmungsvoll und vor allen Dingen humorig, sich selbst nicht ganz ernst nehmend, ohne dabei ins Alberne abzurutschen. Ich habe mehr als ein Mal gegrinst, besonders beim Schlusssatz. Ein wenig übel konnte einem ja selbst werden, wenn man sich das Geschaukel so vorstellte. Ich würde Eimer mit Ausgusshilfe empfehlen, dann kippt man nicht alles an die Bordwand. :thumbup:

  • Das Getränk wurde sicher nach einem Skritt namens Scotch benannt!

  • Ich kenne da jemanden der hat ein richtig schön wiederliches Hausmittelchen gegen die Übelkeit :D

    • ....tötet sie doch bitte einfach schnell ey xD

    • Ach was, ihr bester Freund kümmert sich sicherlich gerne um seine lieblings Probanti....ähhh Freundin.

  • Zorraia hat auf ihrer Überfahrt nach Elona übrigens auch gereihert :D

  • Wunderschie *grins* Eine Seefahrt die ist lustig ...~ Was freue ich mich darauf ^^

  • Die Arme! *lach* Das Seeleben ist scheisse, dass hat Yara auch gelernt ^^