Geschnetzeltes

Arlassia saß am Küchentisch und sah aus dem Fenster. Rosalie machte ihren Mittagsschlaf und das Reh nutzte diese Zeit um Nichts zu tun. Einfach nur mal ihre Gedanken treiben lassen. Draußen war es kalt und der starke Wind wehte einige alte und einsame Blätter, die vom Herbst übrig geblieben waren, über das Pflaster der Hochstraße.


Nichts vermochte ihr die Laune zu trüben. Nicht das Wetter, nicht die Tatsache, dass Rosalie frech und aufmüpfig war derzeit oder viel Arbeit. Nein, sie war ausnahmslos glücklich und froh. Es war auch einerlei, ob andere es guthießen. Sie wussten es nicht. Nichts über ihn, nichts über ihre Liebe zueinander.


Was ihrer Meinung nach das war, was ihre Beziehung gefestigt hatte, was sie sicher machte... das war die Frage der Priesterin gewesen und ohne Zögern hatte sie die Trennung zur Antwort gegeben. Sie sah es so, denn ihr hatte es die Augen geöffnet. Insgesamt hatte sie viel geredet bei dem Gespräch mit der Priesterin. Diese hatte gebeten, sie solle von Lucius erzählen und das tat sie. Sie könnte Stunde um Stunde von ihm erzählen. Tag um Tag. Sie würde nicht müde von ihm zu berichten. Als sie ihre gemeinsame Geschichte berichtete, tauchte in ihrem Geist die Frage auf, ob er eine ähnliche Sichtweise auf ihrer beider Beziehung hatte. Sie würde ihn fragen. Überhaupt redete sie so gern mit ihm. Über alles, über jedermann.


Eine Trauung unter Kormir war im Grunde tatsächlich die einzig richtige Wahl. Sie würde nichts vor ihm zurück halten, würde ihm immer ehrlich gegenüber sein. Nichts hinunter spielen, nichts in sich hinein fressen. Denn dann passierten Dinge, die Gift waren für sie als Familie. Das war nicht das, was sie sich wünschte. Nein, denn das war damals geschehen. Es hatte langsam ihre Gedanken vergiftet und ihn von sich weg getrieben. Auch er war ihr gegenüber offen wie nie zuvor und das machte sie noch glücklicher. Ging das überhaupt? Sie lächelte.


Eigentlich lächelte sie fast immer. Sie schlug am Morgen mit einem Lächeln im Gesicht die blauen Augen auf und am Abend schloss sie sie auch mit einem Lächeln. Er machte das mit ihr. Er war Schuld. Sie würde darauf wetten, mit dieser Schuld belud er sich nur zu gern.


Als sie aufstand, schnarrte der Stuhl über den hölzernen Boden ihrer Küche und just in diesem Moment rief das Kitz nach seiner Mutter. Ihr Mittagsschlaf war kurz, wurde mit fast jedem Tag kürzer und bald schon würde sie keinen mehr machen wollen. Aber wer weiß, vielleicht kam sie dann am Abend besser in den Schlaf. Arlassia huschte die Treppen hinauf. „Geschnetzeltes“, dachte sie. „Heute gibt es Geschnetzeltes.“

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