Gänsische Phrasen

Ich hatte beinahe nicht mehr daran geglaubt jemals wieder in den aktiven Dienst versetzt zu werden. Na klar, die Stadt Götterfels war als eingetragenes Krisengebiet sicherlich nicht als Urlaubsdomizil zu bezeichnen, aber wirklich viel zu tun gab es hier nicht. Nicht ohne Fuchs und Katze an meiner Seite. Und wo die steckten wusste sehr wahrscheinlich nur Hase. Wenn überhaupt. Aus irgend einem Grund unterstellte ich einem der beiden einen heimlichen Ausstieg und ich war mir beinahe sicher, eigentlich schämte ich mich für diesen Gedanken, dass ich irgend wann ihr Gesicht auf einem unserer Fahndungsplakate wieder finden würde. Oh ja, wir hatten auch welche!


Missmutig brütete ich über dem Haufen Kleider, der mir so vertraut war wie das eigene blaue Seidenkostüm in meinem Schrank. Der Drecksack hatte mich noch immer nicht dazu aufgefordert mit ihm ein Theater oder eine Festivität zu besuchen. Nein, er verbrachte seinen Jahrestag lieber mit seinem alten, stinkenden Erzeuger in irgend einem gendarranischen Loch. Und sowas sang von Nationalstolz. Ich widerstand dem Drang meine Wut in den feinen, schwarzen Frack zu rotzen und versenkte lieber den Stummel meines Zigarillos in der sündhaft teuren, weißen Seide des dazugehörigen Hemdes. Mit einer gewissen Genugtuung beobachtete ich, wie Hitze und Tabakglut die empfindlichen Fasern verbrannten.


Das Bild des alten Mannes auf meinem Tisch betrachtete ich nur beiläufig. Es interessierte mich nicht wie der Schwanz aussah, aus dem dieser kleine Penner gespritzt worden war. Auf der anderen Seite amüsierte mich der Gedanke, dass ich den Vater in Händen hielt, während ich den Mord an seinem Sohn plante. Eber würde mir dieses Mal nicht helfend zur Seite stehen. Das musste ich alleine tun. Jetzt wo es nur noch zwei waren, die den Laden hier am Laufen hielten, gab es keine andere zu akzeptierende Alternative. Ich hätte Chamäleon fragen können, aber seien wir ehrlich. Niemand fragte Chamäleon nach ihre Hilfe.


Dass der Barde mal wieder seine Bande zu mir gebrochen hatte, kam mir ganz gelegen. Es erlaubte mir die wenige für ihn zu opfernde Freizeit auf meine Arbeit zu konzentrieren. Es hieß schließlich nicht nur einen stadtbekannten Frauenhelden um die Ecke zu bringen, sondern auch noch dessen Kontor nach brauchbaren Dingen zu durchforsten, sie möglichst ungesehen weg zu schaffen UND den übrigen Mist den Flammen zu übergeben. Zumindest mit letzterem hatte ich keinerlei Schwierigkeiten. Nicht in meiner Vorstellung jedenfalls. Damals das Haus des Melandrin war mir schon zum Opfer gefallen. Das des anderen Ministerialen, ich erinnerte mich nicht einmal mehr an seinen Namen. Der pensionierte Fleischermeister, das Nachbarhaus der Mahnes...die Liste war bedeutend länger. Es amüsierte mich schon lange nicht mehr, dass weder Ministerialwache, noch Seraphen in der Lage schienen mich zu fassen. Nein, die konnten nur meine Einmachgläser zerdeppern. Eine Tat, die ich ihnen auf ewig übel nehmen würde. Da konnten sie noch so viel Geld in meine Tasche stecken.


Ich schweifte ab.


Mein Blick kehrte auf den Kleiderberg zu meinen Füßen zurück. Der Kippenstummel war längst erkaltet. Ich steckte ihn in den Ascher, um ihn später zusammen mit seinen Genossen in den Ofen zu schütten und unwiederbringlich zu vernichten. Gähnend machte ich mich auf meinem Stuhl lang. Mir gefiel wie der violette Stein in seiner Fassung an meinem Finger im Licht der Lampen funkelte. Damit immerhin hatte er meinen Geschmack getroffen. Es war vielleicht doch noch nicht Hopfen und Malz verloren, auch wenn mir nicht gefiel, was sie aus ihm gemacht hatten. Oder zu was er, aus welchen Gründen auch immer, geworden war. Er sprach schon wie dieser kleine Schleimscheisser, der sich neuerdings Seraph schimpfte. Zumindest sprudelte genauso viel Hirnriss aus seinem Hals heraus. Glaubte er wirklich, dass ich solche Dinge hören wollte? Es war nicht mehr der Kerl, den Hase mir empfohlen hatte. Definitiv nicht und doch war es jetzt eben wie es war. Das passende Tier für ihn hatte ich noch immer nicht gefunden. Auch wenn der scheißerollende Skarabäus, der seinen Hals zierte, mit Abstand ganz weit vorne lag.


Stöhnend kickte ich die schwarze Herrenhose an das andere Ende meines Zimmers. Es half ja alles nichts. Die Arbeit rief. Es wurde Zeit ein Problem aus der Welt zu schaffen. Bla bla bla...immer diese dämlichen Canthakillerphrasen!

Kommentare 6

  • Sehr gelungen, insbesondere der herausgestellten Janusgesichtigkeit wegen. Momentan geht aus Zeitgründen wieder viel an mir vorbei, daher bin ich froh, den Einblick hinter die gänsische Fassade zufällig "entdeckt" zu haben :)

  • Ich glaube sie ist so eine, die ihren Opfern ihren teuflischen Masterplan mitteilt, bevor sie sie erledigt. ;D

  • Sehr interessant zu lesen. Natürlich nicht vollkommen verständlich für jemanden, der nicht alle beteiligten Personen oder Vorfälle kennt, aber mit einem kleinen Einblick entsteht bereits eine ganz andere Wirkung, als sie sich vermutlich entfaltet, wenn einem wirklich gar nichts etwas sagt. Und sei es nur dadurch, dass man sich einbildet, manches wieder zu erkennen oder zu verstehen. Gefiel mir. Die Gedankengänge und -sprünge empfand ich als sehr authentisch, ganz allgemein gehalten.

    • Das freut mich. Danke für dein Feedback :) Ich wusste heute morgen nicht ob ich es abschicken soll. Und dann habe ich es einfach gemacht.

    • War eine gute Entscheidung. Ich hab's gern gelesen und mich eine ganze Weile damit unterhalten, zu rätseln. :)