Ärger


Pure Bestürzung war in ihrem Gesicht zu lesen. Kein Ton kam über ihr über die Lippen, die sich verbissen aufeinander drückten. Selbst Rosalie war mucksmäuschenstill in diesem Moment, denn wenn die Mama so aussah bedeutete das in der Regel nichts Gutes. Die Fingerknöchel traten weiß hervor, so sehr verkrampften sich die Hände zu Fäusten und auf der Stirn zeigte sich eine steile Falte. Eine Zornesfalte. Das sie nicht vor Wut laut aufschrie war nur dem Umstand zu verdanken, dass ihre Tochter im Raum war. Das Augenblau starrte auf die acht silbernen Münzen vor sich auf der Tischplatte. Sie waren nicht echt, es war Falschgeld. Gut gemacht, keine Frage denn weder ihr Aussehen, noch ihr Gewicht ließen auf eine Fälschung schließen. Und wenn ihr die Münzen nicht aus der Hand gefallen wären, dann hätte sie niemals bemerkt, dass sie nicht echt waren. Allein das es acht Silber waren, allein diese Tatsache sagte ihr, wer sie betrogen hatte. Die Luft um die zarte Frau flirrte und Arlassia versuchte verzweifelt die Hitze unter Kontrolle zu bringen. Wenn sie zornig war, fiel es ihr am schwersten, ihre Magie im Zaum zu halten, aber irgendwie gelang es ihr dann doch. Sie erinnerte sich genau.



Es war ein Paar gewesen und nichts hatte Arlassia argwöhnisch werden lassen, als sie das Herzlich betraten. Sie aßen und tranken, sie waren freundlich, sie erzählten eine plausible Geschichte und waren angenehme Kundschaft. Jetzt im Nachhinein, ja, da fielen ihr vielleicht doch ein paar Dinge auf die seltsam waren. Sie wollten trotz des großen und sperrigen Einkaufs keine Lieferung. Wie Packesel waren sie aus dem Laden gegangen und Arlassia hatte sich so gefreut Diarmai berichten zu können, dass sie die Sitzkissen und das Sofakissen verkauft hatte. Und Schmuck. Und Rasierseife. Nicht einmal für das Essen der beiden hatte sie etwas verlangt. Nein, sie war freundlich und hatte diesem Pack auch noch die Tür aufgehalten. Und nun war ein Verlust von acht Silber zu verzeichnen.



Was würde Diarmai dazu sagen? Was würde Luc dazu sagen? Sie hatte sich über das Ohr hauen lassen und das ordentlich. Sie war zu gutgläubig, vermutete nie etwas Böses, wenn sie im Herzlich war. Hatte sie mal wieder bewiesen, dass sie nicht vorsichtig genug war? Warum passierten diese Dinge immer ihr? Auch als damals Schmuck gestohlen wurde, war das passiert, als sie die alleinige Verantwortung für das Geschäft trug.



Nun war ihr zum Weinen. Sie stützte den Kopf in die Hände und flennte drauf los. Es brach aus ihr heraus und der kleine Körper wurde immer wieder durchgeschüttelt. Sie heulte Rotz und Wasser, schluchzte erbärmlich und erst als Rosalie auf sie zutapperte, sich an ihr Bein krallte und anschmuste wurde ihr bewusst, welche Angst und Sorge die Kleine gerade durchstehen musste. Schnell hob sie das Kind auf ihren Schoß, drückte es liebevoll an sich und flüsterte ihr ins Ohr, wie sehr sie den kleinen Vielfraß liebte. Sie strich ihr über die dunklen Locken, herzte und drückte sie. Schließlich sah Rosalie sie an, patschte der Mama die Händchen an beide Wangen und gab ihr ein feuchtes Kleinkindküsschen. "Rosa hat Mama lieb!" Dieser Satz erhellte wirklich jeden noch so dunklen Moment und die Tränen versiegten nun völlig. "Und Mama hat Rosa lieb." Und so saßen Mutter und Tochter noch eine ganze Weile kuschelnd am Küchentisch in der Melandru-Hochstraße Nummer 1.



Später am Abend, Rosalie schlief schon nach einem üppigen Abendessen und einem Bad, saß das Reh wieder am Küchentisch um ein Schreiben an die Seraphen zu verfassen. Neben ihrem Pergament lag das Falschgeld, daneben stand eine Flasche Bier. Die Tür öffnete sich in ihrem Rücken, doch Arlassia nahm es nicht wahr, genau wie das typische dreimalige Klopfen ihres Verlobten vorher nicht. Erst als er neben ihr stand, schrak sie auf. Sein Blick streifte das Bier, das Pergament, dann das Geld. Fragend hoben sich die Brauen und sein Reh begann zu berichten.

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