Mama! Guck mal!

Die kleine Wagen- und Zeltstadt liegt sicher geschützt in einer kleinen Waldlichtung, große, moosige Felsen liegen zwischen den Bäumen und türmen sich weiter hinten zu einer hohen Felswand auf. Ein kleiner Bergbach plätschert außer Sichtweite munter vor sich hin. Die Gruppe lagert gerne und öfter hier, zumindest wenn sie diesen Weg entlang kommen. Es ist eine ruhige, sichere Stelle. Bethany ist inzwischen 5 Jahre alt und entdeckt langsam die Welt für sich. An ihrer Seite hält sich meist einer der großen Wachhunde auf, keiner der Söldner oder Söldnerinnen lässt die wenigen Kinder die es im Lager gibt je wirklich aus den Augen. Es ist ein raues und gleichermaßen behütetes wie gefährliches Leben in das Beth hinein geboren wurde. Gerade sitzt sie am Bach und hat eine ihrer kleinen Hände im kühlen Wasser vergraben. Neben ihr sitzt ein zottiger Wolfshund, Ranos. Der Hund gehört ihrem liebsten Patenonkel Leery, ist im Sitzen ungefähr so groß wie das kleine Mädchen im Stehen und beobachtet aufmerksam was sie gerade tut. Beth hockt schon eine ganze Weile am Bach, still und starr wie eine Statue. Sie wartet. Ihre runden Pausbäckchen, die großen grasgrünen Augen und rotbraunen, geflochtenen Haare, täuschen manchmal darüber hinweg, was für ein kleiner Wildfang Beth ist. Im Lager gibt es außer ihr nur noch ein anderes Mädchen ungefähr in ihrem Alter, aber die ist erst 3 Jahre alt und noch zu klein um wirklich mit ihr spielen zu können. Und die Jungs sind alle doof. Oder zu alt. Beths Stirn legt sich in Falten als sie auf die glitzernde Wasseroberfläche starrt.Immer wieder öffnet und schließt sie langsam ihre Hand, eine träge Bewegung die auch immer mal wieder stoppt. Schließlich passiert jedoch das, auf was Beth schon seit einer geschlagenen Stunde wartet. Ein Fisch paddelt gemütlich zwischen ihre Finger. Mit einem gezielten Griff direkt in die Kiemenspalte des Fisches hinein, schleudert sie das Tier neben sich aufs Gras und stößt einen triumphierenden Ruf aus. "Yey! GUCKMAL RANOS!" rasch sammelt sie den zappelnden Fisch auf und schafft es kaum die große Forelle zu bändigen. Der Fisch ist groß, länger als Beths ganzer Arm und entsprechend fett. Ranos rennt hinter dem kleinen Mädchen her, die so schnell wie ihre Stummelbeinchen sie eben tragen ins Lager zurück rennt. "MAMA! MAMAAAA! MAMA GUGG MAL!" Aufgeregt rennt die Kleine zwischen den Zelten herum, ihr Fang bleibt nicht unkommentiert und so lachen und jubeln einige der Söldner ausgelassen. "Gut gemacht Knupsi!" Beth kichert als die große, strohblonde Nira ihr die Haare wuschelt und anerkennend pfeift. "Der ist ja riesig! So ein Brocken! Da kann das ganze Lager von essen!" Beth strahlt mit großen Augen zu Nira hinauf und quietscht fröhlich. "Meinst du? Meinst du wirklich?" Nira nickt als Beth schon wieder weiter flitzt, auf der Suche nach ihrer Mama. Lachend schüttelt sie den Kopf und beschäftigt sich wieder mit dem großen Gewehr welches sie gerade reinigte.


Die Beth-Fisch-und-Hund Parade kommt nach nicht langer Zeit schließlich zum Stillstand als sie am Planwagen der Familie Harper ankommt. Die Plane wurde vor kurzem ausgetauscht, robustes und wasserdichtes Material spannt sich über die stabilen Hozstreben welche das Zelt auf dem Wagen aufrecht halten. Lillian sitzt auf einem Hocker vor dem Wagen, eine kleine Sitzgruppe, samt Esstisch und Decke wurde hier aufgebaut. Noch immer hat Beth Schwierigkeiten damit, den zappelnden Fisch zu bändigen welcher sein Möglichstes tut, sich aus den Händen des kleinen Mädchens zu winden. "MAMA!" freudenstrahlend zeigt Beth ihrer Mutter den großen Fang. "Guck mal!" Lillian hebt den Blick von der Karte über der sie gerade brütete und schaut zu Beth auf. Sie blinzelt als sie den riesigen Fisch sieht und lacht dann heiter auf. "Hast du einen gefangen Knupsi? Zeig mal her!", Lillian streckt die Hand nach dem Fisch aus und nimmt das sich windende Tier ihrer Tochter ab. Mit dem Knauf ihres Dolches versetzt sie der Zappelforelle einen gezielten, harten Schlag und das Gewinde endet. Beth klatscht begeistert in die Hände. "Fisch, Fisch, Fisch! Gibt es heute Abend Grillefisch?" Beth springt praktisch auf der Stelle und auch der große Wolfshund lässt ein begeistertes Welpenkläffen hören. Lillian nickt und zeigt Beth dann, wie man einen Fisch ausnimmt und entschuppt. Selbst darf die Kleine noch nicht ran, ihre Hände wären ohnehin zu klein, als das sie das Messer richtig packen könnte. "Mama?" fragt Beth dann leise und streichelt Ranos der sich dies natürlich gefallen lässt. "Ja Kleines?" Lillian errichtet gerade ein kleines Feuer in der dafür ausgehobenen Kuhle und sieht aus dem Augenwinkel zu ihrer Tochter hinüber. Bethany schaut ernst drein, eigentlich zu ernst für eine Fünfjährige. "Mama, sind die Tiere bös', wenn wir sie töten un' essen?"


Lillian schmunzelt ein wenig und steht mit einem leisen Seufzen auf. "Komm mal her.", fordert sie ihre kleine Tochter auf. Die springt rasch von der Felldecke auf und wackelt zu ihrer Mutter hinüber. Beide zusammen setzten sich an das Feuer und schauen den Flammen dabei zu, wie sie das Holz verschlingen und langsam an Wärme und Kraft gewinnen. Lillian überlegt einen kleinen Moment, erst dann beginnt sie ruhig zu sprechen: "Du hast Recht, dass wir die Tiere töten. Nicht nur Fische, auch Rehe, Hasen, Vögel... Wir müssen das tun, damit wir essen können. Daran ist nicht falsch, oder böse Bethany, denn wir müssen es tun, weil wir sonst sterben würden. Melandru ist die Göttin des Waldes, von allem das darin wächst, gedeiht und lebt. Sie ist die Herrscherin über die Natur, die Erde und die Pflanzen. Als sie all diese Dinge erschaffen hat, tat sie das nicht zuletzt, um uns zu nähren. Kannst du dir denken, was wir nicht dürfen?"
Bethany überlegt nun selbst, sie rutscht ein wenig auf dem Schoß ihrer Mutter hin und her, die langsam den langen Zopf ihrer Tochter löst und mit den seidenweichen Haaren spielt ehe sie diese kämmt. "Wir dürfen nich zu viel nehm'n?", nuschelt Beth leise und dreht den Kopf damit sie ihre Mutter anschauen kann. Lillian nickt langsam und lächelt ihrer Tochter zu. "Genau. Wir dürfen niemals so viel vom Land nehmen, dass wir etwas permanent zerstören. Darum lassen wir immer ein paar Kräuter und Pflanzen übrig wenn wir für das Essen sammeln, und darum töten wir nur so viele Tiere, wie wir zum Essen und Ledermachen brauchen. Es ist nicht falsch die Tiere zu töten, es wäre allerdings falsch, sie nur zum Spaß zu töten und zu jagen. Das wäre Verschwendung und Dummheit." Verswendung und Dummheit wärden voll bestraft von Melandru! UndderNatur! Weil dann kommt... dann kommt ein G'wittersturm! Oder man friert dolle. Oder man brennt einen Wald ab." Beth nickt enthusiastisch als sie diese Dinge aufzählt, diese Lektion hat sie schon lange verstanden. "Genau. Und darum sind wir vorsichtig. Auch die Bauern müssen Rücksicht auf ihre Felder nehmen, den Boden immer wieder mit anderen Feldfrüchten beackern und ihn pflegen. Alles hat ein Gleichgewicht Beth. Und es ist niemals gut, wenn man in das eine, oder andere Extrem umschlägt. Zum Beispiel brauchen wir Fleisch, weil es uns Kraft gibt. Es wäre sehr schwierig, oder fast unmöglich für uns, sich nur von Pflanzen zu ernähren. Dann würdest du immer so ein kleiner Knupsi bleiben." Beth zappelt mit den Beinen und schüttelt den Kopf. "'Swillisch aber niiiiich'! Ich will großundstark werden! Dann kann ich mit Leery und Papa kämpfen!" Schon seit einigen Wochen, zeigt Beth zunehmend Interesse an den Kampfübungen die immer wieder im Lager stattfinden. Einige der älteren Jungs und Mädchen dürfen schon an diesen teilnehmen. Beth hingegen, ist einfach noch zu klein. Denoch muss Lillian leise lachen und küsst ihre Tochter auf den frisch gekämmten und neu frisierten Scheitel. "Genau. Darum musst du immer schön aufessen. Aber nicht nur Fleisch und Fisch, sondern auch Kartoffeln und Möhren und Tomaten und Äpfel." "ÄPFELS!" Beth quietscht begeistert und fröhlich als ihr liebstes Obst erwähnt wird, dann fällt sie ihrer Mama um den Hals. "Danke Mama. Ich hatte bisschen dolle viel Angst, dass Melandu böse wird, wenn ich den Fisch esse." Beths Stimmung wandelt sich von ernst wieder zu ausgelassen als sie ihren Vater sieht.


"PAPA!" sie springt vom Schoß ihrer Mutter herunter und rennt die letzten Schritte zu ihrem Vater hinüber. Raymond wird von Leery und dessen neuer Freundin begleitet, eine Frau mit dunkelbraunen Haaren und blauen Augen. Tanja heißt sie und hat die kleine Beth rasch ins Herz geschlossen. Nun aber, fängt Raymond seine kleine Tochter auf, die beide Ärmchen um seinen Hals schlingt und den großen, vernarbten Mann auf die Wange knutschelt. "Papa, ich hab einen Fisch gefangen und Mama hat ihn ausgedingst und dann haben wir die Schuppen runtergeschubbert und dann haben wir überlegt was wir machen und jetzt gibt es Grillfisch!" Beth redet in einem Fluss während ihr Vater sie zurück zum Lagerfeuer trägt. Die Erwachsenen lauschen alle gebannt, als Beth erklärt wie sie den 'Fischi' gefangen hat und das sie es nur geschafft hat, weil Leery es ihr gezeigt hat. "Also Onk'l Leery is' voll schlau und so! Aber ich auch! Weil ich hab den Fisch geschnappst!" Beth strahlt stolz in die Runde und bekommt natürlich das fällige Lob. Bald sitzen die fünf Personen an einem Tisch und essen den von Beth gefangenen Fisch. "Morgen zeig' ich dir, wie man Fallen aufstellt, was meinst du Knupsi?", schlägt Leery vor der von Raymond einen Seitenblick bekommt. "Wenn du so weiter machst, wird sie noch genauso eine Waldläuferin wie du! Und dann hab' ich den Salat, wenn die Jungs ihr nachstellen und ich sie suchen muss.", brummelt der große Kerl vor sich hin. Beth ergreift aber sehr entschieden das Wort und meint: "Jungs sind doof!" Allgemeines Lachen rund um den Tisch, Leery streckt die Hand aus um der der Kleinen sanft den Kopf zu tätscheln. "Schon gut Kleines..." Am Tisch herrscht während dem Essen weiterhin ausgelassene Stimmung. Es wir gegessen, zumindest Bier getrunken und Beth schläft irgendwann auf dem Schoß ihres Vaters ein.


Erst spät in der Nacht löst die Runde sich auf, Raymond bringt seine beiden Damen ins Bett und schlingt seine Arme fest um Lillian. Das Lager im Wagen haben sie umgebaut, die Familie schläft in einem einzigen großen Bett. Beth weckt inzwischen nicht einmal mehr das laute Schnarchen ihres Vaters und so stört sie auch die leise Unterhaltung ihrer Eltern nicht.
"Ich mach' mir Sorgen Lillian. Was ist, wenn sie wirklich wie Leery wird."
"Du meinst, wenn sie auf sich aufpassen kann und wir uns keine Sorgen machen müssen, dass sie giftige Beeren isst, oder in eine Bärenhöhle hinein läuft?" Lillian klingt ein wenig ungläubig und dreht sich herum bis sie ihren Mann ansehen kann. Raymond hingegen wirkt fast ein wenig gequält, sein Blick ist nachdenklich und ängstlich. Etwas, dass nur sehr selten vorkommt und er sich auch nur in trauter Zweisamkeit mit seiner Frau erlaubt. "Ray... Sie wird eine starke, wunderschöne, intelligente und fähige Frau werden. Genauso wie ihre Mutter.", an dieser Stelle müssen sie beide Lachen und Lillian ist erleichter, die Stimmung ihres Mannes aufgelockert zu haben. Sie seufzt und küsst ihn kurz auf den Mund, dann lehnt sie ihre Stirn gegen seine. "Weißt du, was das wichtigste ist? Wir sind keine schlechten Eltern, wenn wir ihr Dinge beibringen die sie zum Überleben braucht Ray. Ich weiß, du machst dir manchmal Sorgen... Aber wir machen schon alles richtig."
Brummelnd schließt Ray seine Frau noch fester in den Arm, fast erdrückt er sie schon. Sie beschwert sich jedoch mit keiner Silbe, dafür mag sie diese bärigen Klammerumarmungen zu gern. "Ich mach' mir nur Sorgen, dass ... ich weiß auch nicht. Dass ihr was passiert schätz' ich. Eben weil wir ihr diese Dinge beibringen. Dass sie sich übernimmt, oder das ... das sie später niemanden findet. Schau mal wie lang' Leery allein war... Eben weil er ständig im Wald verschwunden ist." Lillian schmunzelt und küsst ihren Mann sanft auf den Hals. "Aber er hat doch auch jemanden gefunden. Oder willst du mir sagen, dass Tanja eine Illusion ist?", sie knufft Ray als er nicht sofort zustimmt und entlockt ihm so ein atemloses Lachen. "Ist ja gut. Ist ja gut...", beschwichtigend streicht er seiner Frau über den Rücken auf und ab. "Sie ist halt unser erstes Kind... Ich will einfach alles richtig machen." Lillian schmunzelt und kuschelt sich wieder an ihren Gatten heran. "Sie wird schon zurecht kommen, mh? Und auch glücklich werden, ohne einen Mann." Beruhig schließt Raymond seine Augen und vergräbt die Nase im roten Haarschopf seiner Frau. Die hat Beth eindeutig von ihrer Mutter geerbt, genau wie die Augenfarbe. Beth nuschelt leise im Schlaf und zieht so den Blick ihrer Mutter auf sich, die sich unter Gemurre von ihrem Mann herum dreht und ihre kleine Tochter in die Arme schließt. Die Familie schläft so schließlich, Arm in Arm ein.

Kommentare 1

  • "Mama, was ist ein Veganer?"
    O__O


    Also ich bin da bei der Mama, der Papa macht sich echt zu viele Sorgen. :o