Vom Wildschwein zum Küken

Es ist ein schöner Morgen, als meine Schwester und ich mit vollen Bäuchen aus der Hütte gehen. Ma hatte uns süße Brötchen gebacken. Ich esse meine am Liebsten mit Honig. Ich liebe Honig! Und Würste. Sóla isst ihre Brötchen immer ohne alles. Aber mit Milch. Sie mag keinen Honig, glaube ich. Aber das ist gut, denn dann bleibt mehr für mich!


Die Sonne tanzt durch die Bäume und man hört die Tiere im Wald. „Sóla, is hab ein Wildswein gehört!“ Natürlich muss ich es ihr gleich erzählen. Sóla ist noch klein, die muss doch erst alles kennenlernen. Sie guckt sich um. „Wo?“ Ich zucke mit den Schultern und zeige in den Wald. „Komm, wir gucken!“ Dann gehen wir los. Ich halte die Hand meiner Schwester. Das muss so sein, ich muss sie ja beschützen. Außerdem kenne ich mich im Wald total gut aus! Wie lange wir laufen? Keine Ahnung. Machen ja meine Füße von ganz alleine. Aber wir wollen das Wildschwein finden. Es grunzt und sucht mit seinem Rüssel in der Erde. Sowas hab ich schon gesehen.


Vor lauter überlegen merke ich gar nicht, wie Sóla stehen bleibt und wir fallen beide fast um. Sie lässt meine Hand los. „Sólaa! Lass des!“ Ich gucke. Sie hockt auf dem Boden und guckt auch. Aber nicht zu mir. Da liegt was. „Guck… schläft.“, sie zeigt auf ein Küken. Ich hocke mich neben sie. „Des is‘ ein Kük‘n Sóla. Des släft net. Des is‘ tot.“ Ich bin klug. Deshalb kann ich ihr das erklären. Aber sie blinzelt nur doof. Ich hebe das Küken auf. Es ist kalt und ganz steif. Außerdem hat es nur ganz wenig schwarz-graue Federn. Die sind ganz weich. Und klein. Naja, eigentlich ist es doch ziemlich nackig. Sóla tippt das Küken an. „Psst! Nicht schlafen.“ Ich schüttle den Kopf und lege ihr das Küken in die Hände. „Guck, des is‘ ganz kalt. Des is‘ tot. Is‘ in den Nebeln un‘ darf da jetzt feiern un‘ fliegen.“ Sie streichelt dem Küken den kleinen Schnabel. „Sóla auch?“ Ich schüttle den Kopf ganz eilig. „Ne! Alte Norn. Un‘ böse. Alle Svanir sterb‘n! Du nich‘. Du bist klein.“ „Pa?“ Wieder muss ich den Kopf schütteln. Sie ist wirklich noch klein. Hat keine Ahnung. Aber dafür hat sie ja mich. „Ne! Pa un‘ Ma nich. Die sin‘ stark un‘ lieb. Liebe sterb‘n nich. Nur Böse.“ Jetzt nickt Sóla. Wir betrachten das Küken eine ganze Weile. Es sieht aus, als ob es schläft.


„Komm! Mir müss‘n es verbrennen! Un‘ mir müss‘n singen. Is hol‘ Ma un‘ Pa un‘ du hältst des Küken fest. Gut?“ „Gut.“ Ich grinse meiner Schwester zu und wir gehen zurück zur Hütte. Ma ist daheim. Ich höre sie schon auf dem Hof. Pa höre ich auch. Das trifft sich sehr gut. Dann sind beide da. Komisch schmusen können die später auch noch...

„The Norn will not change simply because the Dwarves do not understand our ways.
I'd rather be hated for who I am than loved for who I am not.“

Jora

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