Feuer

„Riechst du das?“ Fragte er und legte seinen von Irritation durchdrungenen Blick auf sie.
Nein, sie roch nichts. Aber sie -sah-.


Dunkler, rußiger Rauch suchte sich seinen Weg in die Höhe des Nachthimmels, gar nicht weit entfernt von dem Ort, von wo aus sie beobachtete: Dem Balkon ihres Heims. Nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen spürte sie Schrecken und Panik aufsteigen, welche ihr einen Moment lang die Kehle zuschnürten.


Rauch, Feuer... Wo brennt es? Rauch... so viel Rauch...


Blasse Gedankenbilder von der brennenden Wunderlampe kamen ihr ins Gedächtnis, doch sagte ihr irgendetwas, das diese Bilder nicht die Ursache für den Zustand waren, in dem sie sich gerade befand. Eine tiefe Trauer durchzog die vorherrschende Panik, ein Gefühl von schwerem Verlust... als würde sie gerade ihr Heim verlieren. Ein Heim, das es schon lange nicht mehr gab. Oder nie gegeben hatte.


Was fühlte sie gerade? -Wieso- fühlte sie gerade?
Rauch, Feuer... Hilfe!


„Lass uns nachschauen.“ sagte er just in dem Moment, als sie die Gedanken abschüttelte und wieder Leben in sie kam, und kurz darauf standen sie vor dem Haus, aus dem der Rauch empor quoll. Entsetzt blickte sie auf die schwarze Wolke, die sich am dunkelgrauen Himmel bildete, waberte, wieder verblasste.
Erneut war er es, der sie ins Hier und Jetzt zurück beförderte, indem er über ihren Arm strich und sich langsam in Bewegung setzte.


Dann lief sie. Eimer... sie brauchten Eimer!
Brunnen. Wasser holen. Feuer... Wasser.

Sie konnte kein Feuer sehen, keinen Brandherd ausmachen. Der Rauch nahm ihr die Sicht und brannte in den Augen, ohne das sie überhaupt ins Haus gegangen war. Blind schüttete sie Wasser ins Gebäude, nachdem er es ihr vor gemacht hatte; dann lief sie weiter... mehr Wasser.


Ein jämmerliches Bild bot sich den mittlerweile versammelten Zuschauern:
Zwei Menschen, gehetzt und panisch, die mehr schlecht als recht Wassereimer zum im Innern brennenden Haus schleppten und auf gut Glück ein wenig des kühlen Nass darinnen verteilten.


Zu wenig, um auch nur -irgendetwas- ausrichten zu können.
Zu wenig...


Plötzlich hörte der Rauch auf, sich zu verteilen.
Es war nicht ihr Verdienst, doch schien eine tonnenschwere Last von ihrer Seele zu fallen.
Das Haus war geplündert, die Wache verletzt, die Inhaberin kämpfte mit Verzweiflung.
Niemand war gestorben.



... Die Frage, wieso sie daran dachte jemand könne gestorben sein verflüchtigte sich in irgendwelche Tiefen des Unterbewusstseins, bevor sie sie zu ende denken konnte...

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