Sturheit und Alkohol sind keine guten Berater

Noch ein Blick zur Tür, die offen stand und einen Mann mit vom Haarwasser getränktem Haar und Schnauzer auf den Treppenstufen sitzend zeigte. Kay sah nur seinen Rücken und wo dieser sonst in all den Jahren einlud sich an ihn zu kuscheln, einfach die Arme um ihn zu legen und über seine Schulter die Wange zu küssen, blieb ihr heute ein Kopfschütteln und im hinteren Bereich der Apotheke stieg sie die Stufen in den Wohnbereich hinauf.
Die Öllampen entzünden, damit ein wenig Licht durch die Vorhänge auf die Straße kam, bis die Fensterläden geschlossen wurden und den eigenen weiteren Weg zum Schlafzimmer begehend. Dort auf dem Hocker vor Schrank und Spiegel angekommen sah sie sich einfach nur eine kleine Weile an. Und wie dem Stufenbesetzer einiges durch den Kopf ging, wanderten auch hier oben die Gedanken unstet hinter der Stirn entlang. Sie war die Streiterei müde und heute war sie auch noch zu allem Überfluss angetrunken, hatte dadurch das ein oder andere Wort verloren, was vielleicht nicht gerecht gewesen war.
Ihre Finger heben sich an die Zopfhalter-Röllchen, welche ihr heute mit schwarzem Haupthaar einen canthanischen Hauch geschenkt hatten. Eines nach dem anderen wurde abgelegt und das eigentlich dunkelrote Haar mit der Bürste von Knötchen befreit. Im Inneren bat die junge Verliebte die sture Apothekerin wieder nach unten zu gehen. Ihn doch zu umarmen, zu bitten, dass man einfach nicht mehr darüber nachdenkt und sich zu entschuldigen. Aber heute gewann nicht die Liebe, sondern die Sturheit und sie fühlte sich elend bei der Erkenntnis darum.Die Finger wringen das Tuch im Wasser aus um nach und nach die Farbe um die Augen und von den Lippen zu nehmen. Ohne diese sah man ihr junges Antlitz einmal mehr und dank Alkohol und mieser Stimmung brachte es nur noch einen größeren Graben zwischen sich und den dauerhaften Verlobten.
Er wollte gleich nachkommen, aber sie hatte keinen Wunsch danach mit ihm zu reden, eine kalte Erkenntnis und gleichwohl erschreckend für sie. Also eilte sich die Frau, wusch sich ordentlich, zog sich um und legte sich ins Bett. Das Licht blieb ein schwaches Flackern, damit er nicht in die Dunkelheit des Raums stolpern musste. Aber Kay hatte ihre Decke hochgezogen bis an die Nasenspitze, sich auf die Seite gerollt und lag mit wild schlagendem Herzen und tausend Gedanken im Bett. Da bat und bettelte weiter die Verliebte und gleichwohl die Vernunft sich auszusöhnen, weil keiner der Beiden diesen Streit verdient hatte. Aber die Sturheit und der Trotz hielten so eingeschnappt dagegen, dass die Decke blieb wo sie bleiben sollte und Kay den Atem anhielt für einen kurzen Moment als die Geräusche im Haus ihn verraten würden, wenn nicht vorher der Alkohol den Schlaf zwang über sie zu kommen.

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