Das Vermächtnis des Björn Halgorson

Mit zusammen gezogenen Brauen grinste der kränklich bleiche Norn auf und sprach seine Forderung mit sichtlicher Freude. „Ich wähle den Kampf.“ Schwerfällig stemmte er sich auf beide Beine und griff fester nach seiner Axt, die bereits Blut geleckt hatte an diesem Tag. Die Rothaarige machte noch einen zügigen Ruck nach vorne, um die seltsame Kugel einzusammeln und in einem Tuch zu verbergen. Für dieses Stück war später noch genügend Zeit. Sie knüpfte das Bündel an ihren Gürtel.
Drei lange Schritte setzte sie durch den Schnee, als der verdorbene Kämpfer mit gezogener Axt auf ihren Bundkerl zuschlurfte. Im Augenwinkel sah sie, dass ihre Rudelschwester ebenfalls die Hand an den Köcher legte und einen Pfeil zog. Sie tat es Arya gleich. Sie waren bereit, doch hatte Monennia für sich selbst beschlossen vorerst zu warten. Björn Halgorson hatte ein Opfer gebracht. Was er aber mit dem Blick in die Zukunft gemeint hatte, darauf konnte sie sich jetzt gerade noch keinen Reim machen.
Schwer hing die eingepackte, schimmernde Kugel an ihrem Gürtel. Doch vorerst ignorierte das Weib das Gewicht und konzentrierte sich auf den Kampf. Björn hob seine Axt und hieb schräg von oben auf den massigen Norn hinab, der seinen Schild zwischen sich und Waffe trieb. Krachend trafen sie zusammen und Nastrai holte seinerseits mit der Axt aus. Vielleicht war es der vorherige Kampf, der Björn Halgorson schon stark geschwächt hatte. Vielleicht war es aber auch der Wille zu sterben, ehe der Drache vollends die Kontrolle übernahm. Die Axt schnitt durch Haut, Fleisch, Sehnen und durchtrennte alles was ihr im Weg war.
Es war kein glorreicher Kampf. Es war nötig gewesen. Und Björn Halgorson fiel in den Schnee und starb seinen gewählten Opfertod. Die drei übrig gebliebenen Norn standen einen Augenblick lang still da.
„Wir müssen die Toten verbrennen.“ Der Lockenschopf löste sich zuerst aus der lockeren Formation und ging zu den toten Drachensöhnen, die Halgorson vor seinem eigenen Schicksal getötet hatte. Sie packte einen am Fuß und begann die Leichen näher zueinander zu ziehen. Ihre Rudelschwester Arya schnaubte leise und schob ihren Pfeil ungetaner Dinge zurück in den Köcher. Rasch folgte sie, um dem anderen Weib zu helfen. Nastrai, der seine Axt im Schnee und an seiner Kleidung von Blut befreit hatte, verstaute diese und warf sich den Schild mit Hilfe eines Riemens über die Schultern. Er packte sich den toten Björn und sah dann zu den beiden Weibern auf.


„Du kannst es nicht aufhalten… doch du kannst mit ihnen gehen...“


„Sollen wir ihn zusammen mit den Anderen verbrennen oder getrennt davon?“ Damit ließ er den Norn wieder los und in den Schnee fallen.
„Getrennt doch wohl… immerhin… ich glaube, er war nicht wirklich den Svanir zugewand.“ Arya runzelte leicht die Stirn und sah zu Nastrai und Björn Halgorson.


Monennia, die einen Beutel mit einem Pulver gezückt und damit begonnen hatte die Toten zu bestreuen, stockte mitten in ihrer Bewegung. Ein Schauer zog sich über ihren Rücken, während Arya weiter Leichen übereinander zerrte.
„Was…?“


„Bleibe nicht bei den Schwächlingen… schon bald werden alle ein Teil des ewigen Eises sein.“


„Nun… sein Name wird weiter leben, wie er in den Nebeln. Seinem Körper sollte es egal sein. Doch ich richte mich da nach euch. Dann also getrennt.“ Damit zog der Kerl den Toten von den Svanir Söhnen fort und packte, nachdem er ihn losgelassen hatte, eine handvoll Schnee. Mit dieser wurden die behandschuhten Hände abgerieben.


„Sicher…?“ Dem Weib fiel der Beutel mit dem Brandpulver aus den Händen und sie sah diesem angespannt nach. Die Präsenz der Kugel, die sicher in dem Bündel an ihrem Gürtel verstaut war, wurde stärker und einnehmender. Sie drängte sich in ihren Kopf und die Kälte stach unangenehm in ihre Seite, dort wo das Bündel bedrohlich ruhte. Die Norn knurrte unwirsch auf, als sie sich heftig unter einem eisigen Schauer schüttelte.


„Nia?! … Was ist los?“ Die Rudelschwester sah auf und auch der Kerl legte seine Aufmerksamkeit auf das sich schüttelnde Weib.


„Nimm es… sieh hinein… sieh was er gesehen hat...“


Bebende Finger griffelten nach dem Bündel mit der grässlichen Kugel darin und eilig wurde sie abgeknüpft. Das bedrohlich lockende Flüstern klang durch ihren Kopf und die Kälte die ihren Körper gefangen hielt, war beklemmend. Ein Blick nur und das Opfer, das sie bringen musste war Loyalität, Freiheit und ihr Leben. Sie schüttelte den Kopf, brabbelte etwas vor sich her. „...nein.“ Ihre Loyalität galt ihrem Rudel und den Geistern. Ihre Freiheit war mühsam erkämpft worden. Ihr Leben. Ihr Leben gehörte ihrer Sippe. Ihren Kindern. Ihrem Bundkerl. „NEIN! VERZIEH‘ DICH!“
Die Kugel wurde ihr aus den Händen geschlagen und fiel in den Schnee. Sie hörte noch vage das eindringliche Flüstern, das sich erneut in ihrem Körper und Geist breit machen wollte. Doch klangen die Stimmen derer, die ihr wirklich die Kraft gaben lauter und stärker als jemals zuvor. Tief atmete sie durch, blickte zu ihrer Rudelschwester und ihrem Bundkerl, nickte entschlossen.


„Fass die Kugel nicht an! Wir vernichten dieses Ding und damit machen wir den Drachen ein Stück unschädlicher.“
Niemals würde sie den Flüstereien des Drachen und seinen Anhängern verfallen. Innerlich schwor sie sich, den Drachen zu töten sollte er ihr jemals das nehmen, was ihr das Liebste war. Sie würde ihn töten, egal ob sie damit ganz Tyria den Untergang bringen würde.







OoC-Anmerkung: Ein Ausschnitt aus dem aktuellen Plot und mit dem IC Wissen darüber, was ein weiterer Alt-Drachen Tod möglicherweise bringen könnte.

„The Norn will not change simply because the Dwarves do not understand our ways.
I'd rather be hated for who I am than loved for who I am not.“

Jora

Kommentare 6

  • Auch wenn die das mit dem Leyliniengleichgewicht schon drin haben, das erinnert mich an eine Zeit vor Braham, als ich das Jormagsetting irgendwie faszinierender fand. <3

    • Jaja. Damals, als der Zahn noch nicht als "Wir warten, weil wir zu feige sind um in den Norden zu gehen" verkauft wurde.

  • Ich hab bei der gesamten Geschichte über breit lächeln müssen. Nicht weil jedes Detail vorhanden ist, sondern weil ich mich die ganze zeit gefragt hab wie Nia sich innerlich gefühlt hab! Deine Geschichte hab ich gern gelesen und es zeigt mir dass dir der Ausflug sehr gefallen hat! <3

    • <3 Es kommt ja nicht so durch, da ich tatsächlich das Meiste direkt aus unserem Spiel aufgeschrieben habe. Aber ein wenig doch. Es freut mich sehr, dass es Dir gefällt und ja, mit hat der Ausflug total gefallen! Freue mich auf das epische Ende! :)

  • Mag ich. :)