Nachhall



Als Graham Marlene nach oben gebracht hatte, ins Zimmer ihrer Ladyschaft, war er nur wenige Minuten später zurück gekehrt. Er ging in den Salon und schloss die Tür hinter sich mit einem leisen Geräusch. Im Inner'n goss er sich sein Glas mit Cognac so voll, das es beinah überschwappte. Mit dem Kristallglas in der Hand ging er hinüber zum Klavier. Für einen Moment suchte er die Hitze wieder zu finden, die hier nur wenige Minuten zuvor zu spüren gewesen war, und drohte die beiden zu verbrennen. Nun jedoch war sie verschwunden und hatte einer lähmenden Kälte Tür und Tor geöffnet, welche nun in großen Wellen über den Fischer herein brach. Die Finger hoben sich und legten sich auf die Tasten. Sein Blick glitt hin zum Ring an seinem Finger. Ein tiefes Luftholen füllte seine Lungen mit dem Duft der Komtess, der noch im Raum lag.


Der Linke Fuß trat eben jenes Pedal hinab und hakte es an der seitlichen Vertiefung ein, nur Sekunden bevor er zu spielen begann. Piano. Ein Lied wurde dem Instrument entlockt. Es vermochte abzubilden wie er sich gerade fühlte. Sie war wieder da. Nicht räumlich, nicht physisch, nein. Sie war in ihm. War sie jemals wirklich fort gewesen? Wenn er die Augen schloss, spürte er ihren Kopf an seiner Schulter, fühlte ihre Bewegungen als sie gemeinsam am Klavier gespielt hatten.


Nun da sie oben war und er hier saß, wünschte er sich nachgegeben zu haben. "Tue es, bevor du es bereust es nicht getan zu haben." Er bereute es bereits. Und doch war es das einzige das richtig gewesen war. So ging es nicht, durfte es nicht gehen. "Es ist spät, Marlene." Sie befanden sich für eine Ewigkeit an einem Ort an dem Zeit keine Rolle zu spielen schien, und doch schien für die beiden niemals die richtige Zeit zu sein. Ein weiterer tiefer Atemzug füllte seine Lungen erneut mit der olfaktorischen Erinnerung an den Abend, an Sie.


Ihr sanftes Lächeln, die ruhige Miene, das ausgelassene das sie ihm immer wieder zeigte und das sonst, so war er sich sicher, kaum jemand an ihr kannte, spendete ihm in seiner Erinnerung Trost, und ließ ihn doch nicht vergessen, was der Ausgang des Abends war. Er seufzte.


In einigen Stunden würde die Sonne aufgehen und für beide würde der Morgen wohl kalt sein, von Raureif belegt und Dumpf. Er wollte nicht nach oben gehen, wollte nicht an ihrem Zimmer vorbei schreiten. Er wollte ihr nah sein, und gleichzeitig nicht. Wenn jener Drache ihn nun sehen könnte, welchem er die Pflege von Turpin House anvertraut hatte, hätte sie ihm Zweifelsohne dazu geraten, und betont, welch gute Partie die Komtess ihrer Meinung nach war. Ironie des Schicksals. Graham spielte weiter.

Kommentare 7

  • >Ein tiefes Luftholen füllte seine Lungen mit dem Duft der Komtess, der noch im Raum lag.<
    Ihr habt beide ein sehr gutes Gefühl für Stimmungen und Schwingungen. Gerade, wenn man eure Texte zusammen führt, ergeben sich ebenso interessante wie übergreifende Szenenbilder, deren Harmonie gerade in der Andersartigkeit der Blickwinkel liegt. Ihr lasst nicht zu tief schauen und wisst doch, Spannung zu erzeugen und die Frage aufkommen zu lassen: was ist genau passiert? Was hat man verpasst, da man nicht hinter dem Vorhang stand während eurer RP-Momente? In euren Texten teilt ihr etwas davon.

  • Ich Fuchs hab beide Geschichten hintereinandergelesen, so dass die Musik noch auf einem mobilen Endgerät lief, während ich auf dem anderen gelesen habe.
    Aber war das Wappen nicht mal ein Muschel mit Dreizack oder so?

    • Das Wappen war zumindest bei Grahams Storys immer das der KMaM. Bis auf das eine wo ich ein Bild gebastelt hab, aber ich fand kein Klavier und eins bauen aus GW oberflächen übersteigt dann doch mein Können bei weitem :D

    • Muschel und Dreizack war Dorian. ;) Sie haben die gleiche Frisur - es sei dir verziehen. :D

  • Herrjeh.
    Nu schnapp sie dir doch endlich, Tiger!

  • "Ironie des Schicksals: Sie befanden sich für eine Ewigkeit an einem Ort an dem Zeit keine Rolle zu spielen schien, und doch schien für die beiden niemals die richtige Zeit zu sein." - Nahezu perfekt beschrieben. - Ich schwelge immer noch verzückt in den Erinnerungen an unser gestriges spontanes RP Liebes. ♥