Damals und Heute

Damals:
Eretheyn drehte das kleine Stück Holz in den Fingern und besah sich die Maserung genau. Er wog das Musikinstrument so skeptisch in der Hand, wie er sonst nur seine Waffen prüfte. Schließlich nickte er und legte die Flöte an die Lippen.
Zavo seufzte hörbar aus. Es war wirklich nicht leicht seinem Bruder Geschenke zu machen. Erst recht nicht wenn die Verbindung zwischen Ihnen so stark war wie jetzt. Eretheyns Flötenspiel klang über die Pflanzenhüten Zinderhangs hinweg und sogar der Hauptmann öffnete die Fasertore, um die Melodie ins Innere seiner Kapsel zu lassen. Es könnte ewig so bleiben wie jetzt. So ruhig, so idyllisch, so sicher. Der Gedanke sich zurück ins Gras zu legen und den Klängen zu lauschen ging ebenso schnell wie er gekommen war. Unweit der Grenze zum Höflingsgebiet stand sie. Wunderschön im wenigen Licht der Sonnenstrahlen, welche ihren Blattkleid einen märchenhaften Glanz verliehen. An ihrer Seite kniete, nein krümmte sich förmlich ihr jetziges Spielzeug. Eine Schwester welche am Blattzipfel ihrer Herrin zupfte, um etwas von ihrer Aufmerksamkeit zu erhaschen. Doch sie beachtete das Gewächs zu ihren Füßen gar nicht. Ihr Blick galt den Zwillingen. Nein. Ihr Blick galt Eretheyn und als sie die Hand an die Lippen hob um ihre Finger mit einem ihrer giftigen Küsse zu bedeckten wurde Zavo schlagartig schlecht. “Ich bringe sie um. Ihre ganze Art, ihre Existenz ist eine Beleidigung der Mutter und ...“ Noch in der Bewegung, als der junge Hüter nach seiner Waffe griff um die Höflingsschwester von ihrer Position zu verjagen, stoppte der Klang des Flötenspiels.
“Lass sie. Ich mag es wenn sie mir zuhört.“
Unglaube erfüllte jede Faser Zavos, als ihm bewusst wurde das Eretheyn das erste Mal nicht für ihn gespielt hatte....



Heute:
Das kleine Musikinstrument blickte dem Spähtrupp entgegen und hätte es ein Gesicht gehabt wäre sein hämisches Grinsen sehr breit gewesen. Wie es dort so lag, als hätte es schon immer dort gelegen und nur auf die drei Besucher gewartet. “Wie kommt... also woher... warum ist sie in Orr?“ Kopfschüttelnd ging Glyzavo auf die kleine Flöte zu und bückte sich nach ihr. „Warte! Fass sie nicht an, dass ist bestimmt ein Trick.“ Zavo hatte gar nicht bemerkt das Euca mit ihm gekommen war und seine Hand, wenige Zentimeter vor der Berührung aufgehalten hatte. “ Gute Einwand vom Gelben. Hin und wieder kommt ja doch etwas Nützliches von ihm.“ Shamendere schnalzte lobend mit der Zunge.
“Ich heb' sie für dich auf“, sprach Euca im Gleichklang zu seiner Bewegung und griff selbst nach dem Instrument. “Was lob ich ihn eigentlich!? Haben die Motten jetzt gänzlich jegliche Gedankefaser in dir ver....!“
Dere kam gar nicht dazu den Satz zu beenden. Eine Druckwelle nahm ihm erst den Atem, dann den Stand und eh er sich versah lag er neben Zavo im Dreck. Dieser keuchte ebenso und war von dem unerwartetem Angriff von den Beinen gerissen worden.
Während die zwei Hüter nach Luft schnappten legte Eucarulus die Flöte und spielte. Die Melodie hallte in schaurigen Tönen von den Felswänden nieder, als sich mit jeder weiteren Note ein Kraftfeld um den gelben Bruder errichtete.
“In... Inquestur? Mes...Mesmerei?“ Zavos stammelnde Worte gingen an Dere welcher die Runen auf der eigenen Borkenhaut erneut zum Glimmen brachte.
“Egal was, aber es lockte DAS da an.“
Über ihren Köpfen kreiste es. Lederne Flügelschläge mischten sich mit den Flötenklängen, als das Wesen sich der kleinen Lichtung im Sinkflug näherte.
“Was bei Mutters schützendem Geäst ist das?“ Die Hüter griffen ihre Waffen und machten sich bereit, als Shamendere unter dem Blattkleid hervor, das kleine Uhrwerkportal, holte. “Ich geh hier nicht weg. Wir können Euca doch nicht hier lassen“
“Du Narr.“ Dere presste die Zähne kurz so fest aufeinander das Zavo es knirschen hören konnte.
“Hol Roy. Sie weiß was das ist und wie man es tötet. Wenn nicht... bleibt am Strand.“


Glyzavo blinzelte. Das grelle, hellrosa Licht gab nach und die Meeresbriese strich ihm um die Nase - und Roy saß im Lager und schärfte ihre Waffen.

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