Wächter


Sie hatte gerade die letzte Wunde behandelt, welche Astrid durch den Eisdorn erleiden musste. Qualen musste die Jungnorn, denn nicht der Angriff, sondern die Heilung war eine unerträgliche Tortur, welche selbst den stärksten Norn lahm legte. Aber der Blondschopf blieb tapfer, selbst wenn ihre Augen von Tränen gezeichnet sind und Fraja deswegen im Affekt anfauchte. Die Schamanin bewunderte ihre Tapferkeit, während der ganzen Behandlung. Drei Eiswunden musste sie versorgen, dreimal die Wunden mit einer Feuersalbe ausbrennen, damit die Verderbnis nicht auf ihr Herz überschlug. Derweil hielt Juno Wache, würde Fraja und Astrid rechtzeitig warnen wenn isch weitere Eindringlinge näherten. Aber es blieb zum Glück bei leichten Schneefall und einigen Dolyaks und Hirschen, welche am entweihten Rabenschrein vorbei kamen. Unermesslich gloderte Fraja's Wut, als sie erneut auf den vereisten Raben hinab sah, getötet durch einen wild gewordenen Sohn Svanirs. Gemeinsam konnten sie ihn zu Boden ringen, aber am Ende war es die Jungnorn, welche ihm den Todesstoß gab.


Die Wunden waren versorgt und ein Verband sorgte für den nötigen Schutz. Alles weitere würde die Zeit heilen müssen und jetzt der schwierige Teil ihrer Reise. Der korrumpierte Sohn Svanirs hatte nicht nur Raben geopfert, sondern auch zwei Norn, welche ihm die Stirn boten, aber selbst im Kampfe zu Eis erstarrten. Für Fraja war es nichts neues, tote Norn zu bestatten, aber wie stand es um Astrid und Juno? Nachdenklich blickt sie über die Schulter und beschloss die beiden zum Holz sammeln zu schicken, während sie sich dem Schrein widmete und vor dem Götzenbild des Raben auf die Knie fiel um dann mit den Fingern das Zeichen des Raben zu formen und in ein stummes Gebet zu verfallen. Aber anstatt in Trance zu versinken, musste sie an den Traum denken, welcher der Rabe an Astrid weiter gab und nicht an Fraja. Bis auf jede Kleinigkeit beschrieb die Rastnorn den Traum und es machte die Rabin nachdenklich. So nachdenklich, dass sie sogar darüber nachdachte etwas falsches gemacht zu haben. Vertraute der Rabe ihr nicht mehr? Fürchtet er um seine Dienerin? Wäre sie gestorben, hätte sie den Traum für sich behalten? Sie wusste, dass die Antwort in Rätseln lag und dennoch beschäftigte es sie so sehr, dass es sie fast schon wütend machte. Nicht lange kannte sie Astrid, und doch … konnte durch ihren Traum nicht nur ein Rabenschrein, sondern auch Fraja selbst gerettet werden. Hätte der Sohn Svanirs seine Klinge schneller geschwungen, hätte sie Fraja's Herz aufschlitzen können. Gerade noch konnte sie diese mit den Händen abwehren und Astrid ergriff die Initiative um ihre Axt in den Rücken zu Rammen, welche ihn zusammensacken lies …


… Vielleicht war nicht der Schutz des Schreins der Traum … sondern der Schutz von Fraja? Hat der Rabe deshalb Astrid auserkoren? Noch ehe sie über eine Antwort nachdenken konnte waren und Astrid und Juno bereits zurückgekehrt, mit einigen Holzschichten, die sie sogleich vor dem Götzenbild des Raben aufschichteten. Fraja erhob sich, formte noch einmal das Zeichen des Raben und half anschließend den beiden. Die viel schwierigere Aufgabe war die vereisten Norn und die Raben auf den Scheiterhaufen zu tragen, aber gemeinsam schafften sie es sie unbeschadet aufzuschichten. Es sollte keine große Zeremonie werden, aber da Astrid diejenige war, welche den Schrein vor weiterer Entweihung schützte, durfte sie das Feuer entzünden ...