Ungebrochener Stolz - die Tribute von Löwenstein V - Vorlauf

(auf Wunsch hierhin verschoben)


Ungebrochener Stolz


Der alte Charr mit der abgetragenen Felduniform rückt den groben Munitionsgurt um seine Schulter etwas zurecht, als er auf die Aushänge blickt. Ein wenig fadenscheinig scheint die Kleidung an der rechten Brust - dort, wo in einem für einen Charr verhältnismäßig langen Leben zahlreiche Auszeichnungen und Orden verliehen und lange getragen wurden. Heute hängt dort nur noch einer - der wehrhafte Löwe von Löwenstein. Mit einem wehmütigen Grollen streicht der alte Asche-Agent über die Erinnerung an die gewaltige Schlacht um Löwenstein vor einigen Jahren. Legionär war er, Primus, dann Zenturio, als er die Schlacht um Löwenstein begann.


Die jüngere Charr an seiner Seite, ohne Auszeichnungen, nur in einen schlichten, dunkelgrauen Mantel gekleidet hebt mit monotonem, ausdrucklosen Blick ein Klemmbrett. Fast mechanisch wird der Termin von dem Aushang in ihre Notizen eingetragen, während ihr Legionär sich seine eigenen Gedanken über die Veranstaltung macht. Ob die mausgraue Asche-Agentin sich überhaupt etwas darüber denkt, oder ob sie es nur als einen weiteren Termin in der endlosen Abfolge von seltsamen unpraktischen Ereignissen im Umfeld einer Lyska Nebelfang hinnehmen wird, mit denen sich andere Lebewesen so gerne ablenken, lässt sie sich nicht anmerken.


Arka Sha Nebelfang brummt einmal tief und reibt sich über das Kinn, dort wo unter dem Fell manchmal noch die alten Brandnarben spürbar sind.
»Löwenstein ist strategisch wertvoll, hiess es damals in der Zitadelle«, erklärt er der jungen Agentin. »Deswegen musste es um jeden Preis von den Besatzern befreit werden«.


Lyska nickt knapp, als ihr Legionär sie an einen ihrer ersten Einsätze erinnert.
»Ich erinnere mich, Legionär. Ihr wart einer der Widerstandsführer und habt uns das Kriegshandwerk direkt im Feld gelehrt«


Der Legionär brummt zustimmend, doch seine weiteren Gedanken teilt Arka Sha nicht mehr mit seiner Adjutantin. Denn als das Volk von Löwenstein sich an seiner Seite gesammelt und es sich selbst und auch die zerstörte Stadt von den Blutsäufern befreit hatte, da war es längst nicht mehr nur irgendeine strategisch wertvolle Stadt gewesen.


Nein, fast sein gesamter Trupp lag hier begraben.
Die Strände waren nach den Kämpfen auch durch ihre Knochen weiss geworden,
die Sonnenuntergänge auch durch ihr Blut rot gefärbt
und die Felder auch durch ihre Körper fruchtbar geworden.


Er hatte der Stadt viel geopfert, für ihre Befreiung seinen eigenen Tribut an sie errichtet - doch sie hatte ihm dafür etwas zurückgegeben:
Als die Stadt am Tag des Löwen befreit werden konnte und er danach auf den brennenden Ruinen über ihr gestanden und Tränen um sie geweint hatte, da war Löwenstein zu seiner Heimat geworden.


Seither war es still um ihn geworden.
Ein alter Kämpfer weiss, wann es Zeit ist, den Jüngeren das Feld zu überlassen.


Doch Arka Sha Nebelfang war immer stolz auf das neue Löwenstein und seine Bewohner geblieben, denn er war Teil davon gewesen, es möglich zu machen.
Mit einem Schnauben sieht der Charr wieder auf das Plakat und löst die Gedanken an längst geschlagene Schlachten. Die breite Pranke des Legionärs legt sich auf das Plakat, als wolle sie auf diese Art eine Verbindung mit der Ankündigung herstellen.


»Ich hätte nie gedacht, dass es nach diesen blutigen Tagen der Schlacht um Löwenstein jemals wieder Kämpfe in der Stadt geben würde.
Eine ziemlich friedliche Stadt ist es geworden, sicher, reich und geborgen und ein Ort für alle Völker.
Und nun kehrt mit den "Tributen von Löwenstein" alles wieder zurück, das Blut, die Gewalt, die Kämpfe......«


Die jüngere Charr an seiner Seite schweigt, denn sie dachte, ihren Legionär gut genug zu kennen, um zu wissen, wie seine Entscheidung lauten wird. Hiess es doch, der alte Veteran sei bei den Tributen stets mit großer Begeisterung dabei gewesen.
Der Legionär lässt dann aber mit einem grollenden Lachen die Pranke wieder sinken und hinterlässt dabei drei tiefe Kratzer auf dem Plakat.

»...ein Glück, es wurde langsam langweilig. Was habe ich das vermisst!
Komm, Lyska. Sie werden bestimmt wieder nach einem Ansager fragen!«

Als er die Worte ausspricht, hebt die Agentin ihre Mundwinkel zu einem ihrer seltenen, etwas tückischen Lächeln. Egal, was für eine gute Schülerin sie inzwischen geworden ist, der Alte schafft es doch tatsächlich immer wieder, sie doch noch zu täuschen.

»Jawohl, Legionär Nebelfang. Die Tribute erwarten euch!«

»Ich habe Dinge gesehen, die ihr Jungen niemals glauben würdet:
Gigantische Luftschiffe, die brannten, draußen über den Ebenen von Ascalon.
Ich habe Geschützfeuer gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Löwensteiner Portal.
All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, wie Tränen im Regen...


...Zeit zu feiern

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