Funkenflug

Die Schreie der verletzten Soldaten hallte durch das Morgengrauen und die Himmelsblauen Augen des Mannes schauten sich einmal im Lager um, obwohl diese Worte schon zu viel für das Provisorium war was sie hier eingerichtet hatten. Die Palisaden waren zugespitzte Holzstämme die so Lückenhaft aufgestellt waren das der Wind hindurch blies. Einige umgewälzte Karren, große Kisten und eine Ehemalige Brücken dienten hier noch als Ausguck. Das was einige als Lager bezeichneten war für die meisten hier eigentlich nur ein Drecksloch was selbst für Obdachlose zu wenig war. Die paar offenen Zelte die es hier gab waren für die Verwundeten die sogar noch einige Liegen hatten auf denen sie es sich gemütlich machen durften. Fast schon ein Luxus hier draußen.


Die meisten Soldaten schliefen auf, oder in Fellen die sie zuvor von Tieren erjagt hatten. Einige Spinner hatten sogar einige Bären erlegt und gerbten gerade ihre Fälle um sie später nutzen zu können. Er schaute sich die Szenerie ganz genau an. Die verwundeten die auf den Feldmatratzen lagen, so wie einige Soldaten in Rüstung die gerade ein paar Karten auf Stühlen saßen, wobei die Stühle eher in zwei geteilte Fässer, Baumstämme, oder einfach nur kleine Kisten waren. Sie vertrieben sich die Zeit während man im Hintergrund einige Soldaten hörte wie sie einfach nur sangen und jeder einfach nur froh war den letzten Tag überstanden zu haben.


Einen kleinen Moment der Ruhe gönnte er sich, bis er die Stimme eines Obergefreiten hinter sich hörte. "Soldat Pershing, die Verbände waschen sich nicht von alleine." Es war eindeutig ein Befehl das er nicht trödeln sollte. Von ihm kam nur ein "Jawohl, Sir." Dann machte er sich daran die Verbände vom Blut zu befreien, so gut es eben ging. Das Wasser im Kochtopf vor ihm blubberte schon und er kippte den Weidenkorb mit den Verbänden hinein die voller Blut und Dreck waren das man meinen könnte, das man sie nie wieder sauber bekommen würde, doch das bis eben noch klare Wasser färbte sich gleich in braunen und Roten Tönen während er die Verbände mit einem langen Stock rührt. Er wollte Soldat sein, wollte seinen Kameraden helfen, doch er konnte nicht. Gleich am ersten Tag hatte es ihn erwischt und war gleich Dienstuntauglich, was aber nicht hieß das er nicht im Lager helfen durfte. Für einen Moment drifteten seine Gedanken zu den Kameraden ab. Wie gerne wäre er im Feld gegen die Erweckten gezogen und nun musste er hier ausharren.


Der Frust der sich in ihm aufbaute wandelte sich zur Wut und Wut wandelte sich zur Besinnungslosigkeit, denn er wusste das es nichts gab was er hätte tun können um die Situation noch für sich zu verändern. Für einen Moment stockte er in seinem Tun, dann kam erneut die Stimme aus dem Hintergrund. "Soldat Pershing, das ist die letzte Warnung, machen sie weiter." Er wusste der Kerl konnte ihn nicht leiden, für ihn war er mit seinen 21 mal gerade ein Jüngling der auf dem Feld nichts zu suchen hatte und das machte er ihm von Tag zu Tag deutlicher. Die weißen Leinenverbände wurden von ihm mit dem Stock wieder aus dem Kessel genommen und dann fein geordnet aufgehangen.


Eine Wäscheleine aus Hanf die sich in mehreren Bahnen über ein Teil des Lagers spannte und dazu verwendet wurde nasse Kleidung aufzuhängen. Es dauerte eine ganze Weil indem er der Arbeit einfach nur stumpf folgte während seiner Gedanken erneut kreisen konnte. Es war nicht so schlimm wie in Doric See, aber die täglichen Verluste kratzten an der Moral, genauso wie die Schreie der Verwundeten. Manchmal war es einfach zu viel und er hoffte sie würden endlich aufhören zu schreien und während er sich bei diesem Gedanken ertappte, kam die Schamesröte auf und die Lippen wurden zusammen gepresst.


Als er fertig war, ging es dann zu den Spaten. Neue Löcher mussten ausgegraben werden damit die Soldaten ihre Notdurft verrichten konnten. Jeden Morgen wurden die alten Gruben zugebuddelt und neue entstanden, einfach nur um die Geruchsbelästigung so minimal wie möglich zu halten. So zumindest die Aussage des Korporals Schleiernick. Ein Soldat den er schon in Doric See kennen lernen durfte und der durch seine Extreme Art schon negativ auffällig bei ihm war, aber auch hier ertrug er es einfach und tat wie ihm geheißen. Jeder Spatenstich war wie ein Schwertschlag, er musste getan werden und er unterstützte die Sache der Seraphen damit genauso als würde er im Feld dienen, so zumindest versuchte er es sich noch gut zu reden was irgendwie auch klappte, jeder leistete seinen Beitrag hier. Am Ende waren auch schon die Löcher gegraben und als er gerade den Spaten abstellte erklang die helle Glocke des Lagers. Ein Angriff? Konnte er sich endlich wieder beweisen und zeigen das er tauglich war ins Feld zu gehen?


Nein, es war nur die Sammelglocke für die Patrouilleneinteilung und die Hoffnung starb so schnell wie sie gekommen war. Als nächstes ging es zur Feldküche, die aus einem offenen Zelt bestand unter dem ein Tisch stand, so wie ein paar Hocker und ganz vielen Kisten mit Kartoffeln, Möhren und anderem Gemüse. Er kannte den Tagesablauf schon, nachdem er ihn 2 Wochen durchhalten musste und noch ein paar Wochen folgten, hatte er den Ablauf verinnerlicht und so ging es daran das Gemüse zu schneiden, die Kartoffeln zu schälen. Fleisch gab es nur das was aus dem Feld mitgebracht wurden. Samuel hatte mit ein paar anderen noch Tierfallen aufgestellt und in der Tat hatte es ein Hase sogar mal in eine Falle geschafft, dabei war es schon schwer genug das Fleisch gerecht einzuteilen. Alle wollten etwas und... da wurde er aus den Gedanken gerissen als er sich in den Daumen geschnitten hatte.


Leise fluchte er ein wenig und steckte den Daumen in den Mund, wobei ein paar Soldaten in Rüstung an ihm vorbeigingen und dabei ihre Scherze trieben. "Schaut mal der kleine will gleich zu Mama." Ein anderer Soldat der so ungepflegt aussah wie seine Rüstung Schlamm an sich hatte, rief nur. "Daumennuckler!" Dann gingen sie schon weiter. Samuel erwiderte nichts und seufzte nur. Er betrachtet den Daumen und erneut bildete sich ein roter Film aus warmen Blut in der Schnittstelle. Es half nichts, es musste weiter gehen, also konzentrierte man sich nun mehr auf seine Aufgabe und hörte auf in Gedanken zu schwelgen.


Der Tag war schnell rum und als die Sonne unterging und dem Mond die Nacht überließ entschied er auf die Brücke zu gehen und von dort aus in das Tal zu schauen, dabei fiel ihm ein Gelbrotes Flackern in der Nähe auf, man hörte Rufe... Schreie durch die Nacht, Feuerpfeile die sich gen Himmel erhoben und wie Regentropfen wieder herunter fielen. Das Geschehen war soweit weg und dennoch fühlte es sich so nah an. Die Flammen des brennenden Dorfes erhoben sich weit hinauf und einige Funken flogen sogar genau vor Samuels Gesicht vorbei. Erneut würden Verletzte versorgt werden müssen, erneut würde er Verbände austauschen und abkochen müssen. Der Morgen begann von neuem und er schloss einfach die Augen.


Wann würde es enden?

Kommentare 2

  • Ui ist das aus der Vergangenheit oder wird da im Tal noch untote Invasion gespielt?


    Wie der Mann sein Schicksal immer wieder erträgt und sich anpasst find ich beachtlich.


    Und Schleiernick sagt mir irgendwas!