Spinnengift

Ihre Worte klangen dumpf in seinen Ohren. Denk einfach an etwas anderes. Hör ihr nicht zu. Ihre Worte sind Gift. Immer und immer wieder sprach er zu sich selbst diese Worte, doch allein das Wippen des Netzes, in welchem er nun schon gut eine halbe Stunde hing machte ihn müde. Ebonfalke war kein Ort gewesen, welchen er gerne besucht hätte. Dennoch war er hier schon einige Male gewesen. Auch damals, während seiner Ausbildung und sogar mal mit seinem Bruder.
"Zavo? Zavo hörst du mir überhaupt zu? Ich rede mit dir!" Sie schnippte ihm gegen die Nase.
"Mach das nochmal und ich beiße dir die Finger ab", knurrte der Hüter ihr entgegen. Auf ihren fein gewachsenen Gesichtszügen bildete sich ein zartes, wunderschönes Lächeln. Das schwindende Licht funkelte in ihren bernsteinfarbenen Augen, als würde sich darin die Wärme speichern. Dennoch war alles nur schein.
"Versprochen mein Goldstück?"
"Nenn´mich nicht so. Langweilt es dich nicht mir nachzusteigen? Hast du nicht irgendeine arme Seele zu foltern? Oder deinem Herrn den Speichel aus den Mundwinkeln zu lecken?"
Zavo´s Wut wuchs. Er wollte nicht hier sein. Er wollte nicht mit IHR hier sein. Warum war er ihr nur so kopflos hinterher gerannt. Sie hatte alles geplant und ihr Krabbelgefährt konnte in aller Ruhe sein Netzt spinnen, in welchem sie nun hingen.
"Schaukel etwas mehr. Unser Hüter wird unleidlich", gab sie den Befehl und das Spinnentier blinzelte mit allen acht Augen gleichzeitig und klackerte mit den Chelizeren.
"Was war das überhaupt für ein Satz. Hast du keine andere Seele zu foltern?"
Arachnophe versuchte die Stimme des Hüters zu immitieren. Doch ihr Körper gab den tiefen Klang einfach nicht her. An ihr schien alles samtig, weich und zart zu sein. Sie gluckste auf, amüsiert über ihren eigenen missglückten Versuch. Das Zavo jedoch nicht lachte, nicht mal mit den Mundwinkeln zuckte, entfachte in ihr erneut den Ärger.
"Du bist wahrlich undankbar. Ich folge dir tagelang. Ich sitze stundenlang auf diesen Schindeln und überlege mir die perfekte Pose, nicht damit du nun mürrisch bist. Hat dich Beerdigung doch so mitgenommen? Wenn du möchtest lass ich dir den Körper ausgraben, dann kannst du noch ein paar Tage damit spielen bis er zu stinken anfängt."
"Halt doch bitte endlich den Mund...." Zavo seufzte hörbar. Denk einfach an etwas anderes. Hör ihr nicht zu. Ihre Worte sind Gift. Während Zavo versuchte sich in eines seiner Mantren versuchte zu flüchten rückte die dunkle Schwester näher an ihn heran. Ihr Gesicht berührte fast das seine, als die Kontrolle des Hüters nun gänzlich dahin schwand.
"Rück mir nicht auf die Borke! Jetzt sag deinem Mistvieh das es das Netz lösen soll und dann..."
"Dann was?"
, gurrte sie ihn an und legte die feingliedrige Hand auf seiner Brust ab. Den Kopf leicht hinab geneigt hob sie den Blick und blinzelte ihm, wie ein verlorenes Reh, entgegen. Ihre Kopfblüte war im Dunkel der Nacht erblüht und glimmte in einem Hauch von Gelb. Man fühlte sich unweigerlich wohl, immierte sie damit doch das Leuchten der Sonnne, die Wärme auf der Borkenhaut und somit ein Gefühl von Gelassenheit mit sich brachte. Zavo entspannte sich unweigerlich. Er konnte sich nicht dagegen wehren. Das leichte Geschaukel des Netzes, das Klackern der Spinnenchelizeren und der sanfte Klang ihrer Stimme machten in so müde.
"Ich möchte mich doch nur unterhalten. Mit dir. Warum möchtest du denn nicht mit mir reden? Hat Mutter es verboten? Nicht das du Hainarrest bekommst, weil man uns zusammen sieht." Mit dem Zeigefinger zog sie kleine Kreise auf seiner Brust.
"Ich wäre gerne dabei, wenn du im Hain Bericht erstatten musst warum du mit mir im Netz liegst, anstelle mich zu töten."
"Ich... klebe... fest! Lass mich frei und ich werde nicht zögern dir zu beweisen das Höflinge nicht zurück in den Traum kehren können."
Arachnophe atmete tief ein und schauderte wohlig. Dünn, wie kleine Bäche angefüllt mit goldenem Regen, zog das Licht ihrer Kopfblüte über ihren Körper hinab. An ihrer Blattkleidung vorbei blitzte das Licht auf ihrer hellen Borkenhaut hervor.
"Das würdest du tun? Was noch? Erzähl mir doch wie genau du mich töten würdest."
"Ich will nicht mit dir reden."
Die Lider geschlossen, wollte er so ihrem wunderschönen Anblick entgehen. Eigentlich hatte Zavo nichts übrig für die weiblichen Geschwister. Oft waren sie nervig, zu aufgedreht und egal in welchem Alter er sie kennenlernte waren sie wie frisch erwachte Sprösslinge - doch Arachnophe war anders. Sie war von solch grazilem Wuchs, dass es immer schien als würde sogar der Wind um sie herum tanzen. Die Naturelemente beugten sich ihrem Wesen. Egal wo sie stand, ging, oder wie jetzt mit ihm in einem Spinnennetz hing, niemand würde auf die Idee kommen das dieser wunderschöne Sylvari im Albtraum ihre Erfüllung fand. Aber vielleicht waren auch genau dies die Anzeichen für ihre falsche Art? Der Hof lockte. Er verführte. Er tat alles um die, welche auf dem gerechten Weg zu wandeln wagten schwankten und von ihm abkamen.
"Du willst nicht? Du willst immer nicht! Immer geht es nur nach deiner Nase. Zavo lehrt Ventaris Maximen und hat keine Zeit für mich. Zavo beschützt Eretheyn und kommt deswegen nicht mit den Hof. Zavo ist in Mutter verliebt. Bwah!" Arachnophe schüttelt den Kopf und die Finger, welche eben noch leichte Kreise auf seiner Brust malten balten sich zu einer Faust.
"Wenn du nicht willst, dann mache ich eben das du willst." In den Bernsteinaugen der hellen Schwester funkelte es vielversprechend. Die Kopfblüte, von dunklen Blütenblättern erfüllt glimmte heller in ihrem Gelbton auf, als Arachnophe den Kopf herum wand.
"Was bei Mutters knorrigem Wuuurrrrzzzz...."
Die Worte des Hüters verstummten in der Dunkelheit der Ebonfalker Nacht, als die Höflingsdame den Kopf in den Nacken neigte und die Blüten das Gesicht Zavos umhüllten.
"Tief einatmen Goldstück. Bittere Träume."






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