Das Abendessen



„Mister Turpin.“ Sein Familienname schmeckte bitter auf ihrer Zunge. „Guten Abend. Welch eine Überraschung.“ Sie versuchte die Finger, welche die Stuhllehne gegriffen hatten, wieder zu entspannen. „Verzeiht, dass ich Euch einfach gestört habe, Komtess zu Garrenhof. Für einen Augenblick schien es mir ein Bedürfnis zu sein.“ Diese weiche Stimme - die so gut Vertrauen wecken konnte. Freundlich war sie, ohne jemals aufdringlich gewesen zu sein. Sie bemühte sich die Fassung zu wahren, doch das Flattern ihrer Wimpern und der Versuch die Mimik in seinem Gesicht zu erkunden, während man selbst zittrig darum bemüht war das schmale Lächeln aufrechtzuerhalten, verrieten sie.


„Ein flüchtiges Bedürfnis, nehme ich an. Die Macht der Gewohnheit eben, Mister Turpin. Das braucht Euch nicht leidtun.“ Diese Spitze perlte ihr so einfach über die Lippen, dass sie innerlich erschrak – doch der Blick gewann für einen Moment an Sicherheit. Der Kellner brachte ihr den Cognac und so war es, dass sie sich einfach wieder abwandte und ihm ihren Nacken überließ. Noch während sie sich herum drehte, schien ihm der verbale Handschuh an der Wange abzurutschen. „Vielmehr eines, welches besteht seit ich zurück bin, zu dem ich jedoch alles Recht aufgegeben habe.“ Er fixierte den Nacken von Marlene, griff zum eigenen Glas und nahm einen tiefen Schluck.


Sie legte die Hände um das gebrachte Glas, schief stand ihr der Mund, doch sie nickte. Stimmte sie ihm wirklich zu? Hatte er alles Recht an diesen flüchtigen Begegnungen verloren? An dieser Unterhaltung? Beschwingter drehte sie sich zu ihm herum, selbst der Cognac schwappte kurz. „Wie geht es Euch, Mister Turpin? – Gerüchten zufolge arbeitet Ihr nun mit dem Haus der Caldwells zusammen.“ Hastig trank sie einen großen Schluck – es war ihr Element: Belangloses Geplänkel um die aktuellen Geschäfte.



Der Sturm blieb aus. Der sachte Wind, der zum Abend stärker geworden war, hatte schlicht abgeflacht. Das Ausbleiben des Sommergewitters machte die drückende Hitze am nächsten Tag unerträglich.

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