Veldarin: Geknüpfte Bande

Es war sehr früh, als Veldarin sich seinen Mantel umwarf und nach draußen auf den Wall ging. Momentan scheint der Wall ja beliebtes Ziel für Leute zu sein, die in Ruhe gelassen werden wollen, ihre Gedanken sortieren wollen oder zumindest ‚irgendwie’ die Zeit halbwegs sinnvoll verbringen wollen. Er gehörte definitiv eher zur zweiten Kategorie. Kein Moment kam auf, in dem er alleine sein ‚wollte’, viel mehr genoss er die Anwesenheit seiner Kameraden und seiner Freunde. Umso bedrückender fand er es, dass es so viel Unmut in seiner Gruppe gab. Sicher, auch er hinterfragte bei mindestens einer Person dort die Absichten, weshalb diese überhaupt vor Ort ist, da diese in seinen Augen auf diesem Schlachtfeld wirklich Fehl am Platz sei. Und er hatte auch kein Problem damit, das offen zuzugeben, sollte er darauf angesprochen werden. Nichtsdestotrotz gehörte diese Person momentan dazu, und wenn es hart auf hart kommt, wird er auch für diese Person in die Bresche springen.


Mit einigen Leuten aus der Truppe hatte er sich schon ausgetauscht, mit manchen mehr als mit anderen. Die meiste Zeit verbrachte er mit denen, bei denen er das Gefühl hatte, sie brauchten den Beistand gerade am meisten. Er wusste nicht, ‚was’ genau er eigentlich macht. Er selbst sieht es momentan so, dass er einfach seine Eindrücke vermittelt und anhand dieser Eindrücke seine Schlüsse zieht. Das mag dem einen mehr, den anderen weniger gefallen, aber anscheinend helfen seine Worte, also hatte er noch nicht die Notwendigkeit gesehen, zu schweigen. Tatsächlich fühlte es sich sogar gut für ihn an, so viel zu reden. Hatte er sich zuvor noch zurückgehalten, als er sein Einmischen für unangebracht gehalten, warf er sich nun häufiger dazwischen, wenn er irgendwo ein Problem sieht. In Gedanken ließ er die vergangenen Ereignisse noch mal vor sich hin wandern.



Nur kurz hatte Veldarin mit dieser Frau aus Götterfels gesprochen, welche wohl den fragwürdigsten Hintergrund für ihr Anwesen hatte. Sie kam ohne irgendwelche Begleitung, wollte sich einen Überblick über die Situation verschaffen, da „Jormag unser aller Problem sei.“ Sie hatte zwar nicht unrecht, dennoch hatte er seine Zweifel, ob dass wirklich alles sei. Nicht zuletzt weil sie in einem Gespräch auch erwähnt hatte, dass sie auch einen Bericht für eine Freundin anfertigt, um ihr diese Lande zu präsentieren. Das allerdings, ohne zu erwähnen, wie gefährlich diese eigentlich sind. Mehr als seinen Teil dazu denken konnte er aber nicht.


Er erinnerte sich nicht mehr daran, ‚wie’ es aufkam, allerdings erzählte er von einigen seiner Abenteuer. Als Tarir ins Gespräch kam, wurde er mit Fragen geradezu bombardiert. Es störte ihn zwar nicht, allerdings blieb der Gedanke im Hinterkopf, ob wirklich ‚sie’ das wissen möchte oder sie nicht einfach nur irgendwelche Akten in der Stadt vervollständigen möchte.


Veldarin schüttelte den Kopf um sich aus diesem Gedankengang zu befreien. „Sie verbirgt irgendwas…“, murmelte er vor sich hin bevor er sich wieder seinen Gedanken widmete.



Da war die Norn der Gruppe, welche wohl noch ihren Platz in der Gruppe suchte. Sie hatte ein verdammt hartes Los gezogen, immerhin steht sie zwischen zwei Gruppen: Ihre Freunde bei den Norn und die Schattenflamme. Sie wollte für beide Gruppen da sein, es beiden recht machen. Veldarin hatte keine Ahnung, wie er ihr helfen konnte, dennoch nahm er sich die Zeit, um mit ihr zu sprechen und ihr zuzuhören. Manchmal reicht es ja schon, ein offenes Ohr zu haben. Und diese Norn hatte sich in manchen Situationen als durchaus weise gezeigt. Sie wird schon wissen, was für sie richtig ist. Ein Mensch, wie er es war, hatte nicht das Recht, sich in die Entscheidung einer Norn zu mischen. Egal, wie sie sich entscheiden wird, er wird ihre Entscheidung respektieren und sie unterstützen, sollte sie Hilfe brauchen.


Veldarin erinnerte sich an dieses Schreiben, welches bei ihm lag, als er aus seinem fast zweitägigen Schlaf erwacht ist. Er kramte in seiner Manteltasche und holte dieses hervor. ‚Er kämpft für das, was ihm am Herzen liegt, er gibt nicht auf.’ Für ihn war es offensichtlich, von wem dieses Schreiben kam, hatte er ähnliche Worte doch schon mal von der Norn gehört. ‚Seine Ziele wird er erreichen, wenn er schafft nicht nur andere zu sehen, sondern auch sich selbst.’ Diese Worte stimmten ihn ein wenig nachdenklich. Die letzten Jahre seines Lebens war er nur allein. Lief einem Hirngespinst nach, welches er schon ein paar Jahre lang folgte. Nach den ganzen Gesprächen, die er führte, die ganzen Geschehnisse, die sich ereignet haben, kam er nicht drum herum, sich zu fragen, was ‚er’ eigentlich noch möchte. Allerdings nahm er sich keine Zeit dafür, sich diese Frage momentan groß zu stellen. Für den Moment glaubte er, er würde von den anderen hier gebraucht werden. Und er wollte für die anderen auch da sein… gerade für sie.




Die menschliche Jägerin in der Gruppe, mit welcher Veldarin wohl die meiste Zeit bisher hier verbrachte. Er kam nicht drum herum, dass er dachte, sie sei momentan das schwächste Glied in der Kette. Sie war schon dabei, sich von der Gruppe abzuschotten. Zeigte keinerlei Gefühle, Interesse oder sonst irgendwas, was darauf schließen lassen würde, was in ihr vorging. Dieses Verhalten irritierte ihn, er wusste allerdings nicht, wie er sie darauf ansprechen sollte. An einem Abend, als die Norn verschwunden war, unvorbereitet und vor allem alleine, ist ihm dann allerdings etwas durchgebrannt. Er fuhr die Jägerin an, machte ihr teils berechtigte, teils haltlose Vorwürfe. Nahm sie am Tag danach noch mal auf Seite, nachdem bei ihr Emotionen gegenüber der fragwürdigen Götterfelserin überkochten. Stürmte einfach in die Kälte, ohne irgendetwas zu sagen oder sich einen Mantel anzuziehen. Nachdem die Norn am Tag zuvor schon in einer dämlichen Aktion alleine die Festung verlassen hatte, ging er ihr nach, nur um nach einigen Minuten zu sehen dass sie sich in der Vorratskammer was zu essen geholt hatte, wie es die Götterfelserin und auch er ihr nahelegten.


Die Jägerin erwartete eigentlich schon die nächste Runde Vorwürfe, allerdings reichte Veldarin ihr nur seinen Mantel mit dem Kommentar, dass sie momentan nicht in Kryta wären und sie sich zumindest einen Mantel überwerfen sollte, wenn sie raus geht. Irgendwas scheint er wohl damit ausgelöst zu haben, denn sie fing an, sich ihm anzuvertrauen. Brach vor ihm in Tränen aus, als sie erzählte. Die beiden setzten sich noch mal zueinander, dieses mal abseits der Gruppe. Sie unterhielten sich lange darüber, was sie belastet. Er sagte ihr, dass sie nicht alleine ist und er immer ein offenes Ohr für sie hätte. Das galt natürlich für jeden in der Truppe, aber „sie“ brauchte es wohl gerade am dringendsten. Irgendwann während dem Gespräch hat sie wohl ihre ganze Erschöpfung eingeholt, woraufhin er sie in ihr Bett getragen hatte.


Seitdem war er… eigentlich immer da, wenn sie irgendwas hatte. Bei dem Streit zwischen ihr und der Norn, in welcher sie die Norn einfach nur wüst beleidigte. Als sie Opfer ihrer Unvernunft wurde und sich eine Verletzung von ihr entzündete. Auch, als sie kurz davor war, die Götterfelserin, welche sie wohl mit allem hasste, was sie aufbringen konnte, zu erschießen. Beinahe wurde er selber Opfer dieses Angriffs, wobei ihm die Gefahr durchaus bewusst war, als er in die Bresche sprang um die beiden auseinander zu halten. Wäre die Charr-Frau aus der Truppe nicht da gewesen, wer weiß was noch passiert hätte. Die Götterfelserin meinte zwar, wir sollen uns nicht einmischen, sie könne das ganze ohne Blutvergießen regeln, das kaufte er ihr aber nicht ab. Er selbst weiß wie es ist, gehasst zu werden. Worte prallen an solchen Leuten ab, noch dazu wo sie in dem Moment auch nicht ganz sie selbst zu sein schien. Vielleicht hatte diese Schreibtischhockerin andere Erfahrungen in ihrem Leben gemacht, vielleicht war sie auch einfach nur so arrogant und bildete sich ein, sie hätte die Kontrolle über alles, was sich abspielt.



Veldarins Blick wanderte in den Himmel. Diese ganzen Gespräche sind eigentlich nichts für ihn. Immer noch fragt er sich, wie er „überhaupt“ die richtigen Worte finden konnte. Wenn er sich selbst betrachtet, sieht er nur einen närrischen alten Mann, der zu viele Schlachten gesehen hat und noch mehr Schlachten erleben wird. Jemand, der bisher vor den Konsequenzen seiner Entscheidungen davon gelaufen ist. Sich in Schlachtfelder geflüchtet hat, einfach um davon zu kommen. Dieses Mal ist es jedoch anders. Er flüchtet nicht mehr, sondern er wehrt sich. Jetzt war er nicht allein, sondern unter Freunden, Kameraden und Verbündeten. Leuten, denen er sein Vertrauen schenkte. Manchen mehr, manchen weniger. Vielleicht bringt diese Reise ihn um, aber noch hat er nicht aufgegeben. Noch kann er sich wehren. Und solange er das kann, wird er sich wehren und kämpfen. Und vielleicht kann er so seine Vergangenheit akzeptieren… und schließlich loslassen.

Kommentare 10

  • Naaaaaw! Arme Sienna... Das schwächste Glied!


    Ich mag es wie Vel über alles nachdenkt und alles hinterfragt :)

  • Interessant die Geschichte von Sienna aus einem anderen Blickwinkel noch mal zu sehen
    Veldarin scheint irgendwie sowas wie ein Gildenpapa zu sein :)

    • Weniger Gildenpapa, mehr jemand, der zwischen die Fronten geraten/gesprungen ist.

  • Nachwort: An der Stelle möchte ich mich mal für die ganzen tollen RP-Momente bedanken, die während dem Plot in den Bjora-Sümpfen so passiert sind. Momentan ist es echt schwer für mich, was zusammen zu schreiben, weil es einfach SO VIEL gibt, worüber man was schreiben könnte! Es macht echt Spaß bisher und ich freu mich schon auf viele weitere tolle Momente - während dem Plot, und auch darüber hinaus!


    Ihr seid toll! ^^

    • Das schwächste Glied in der Kette...pah!
      Ich finde es noch immer spannend, was in Vel vorgeht^^ Schön geschrieben!
      Ich Danke auch für das ganze RP =)

    • Ha, ich wusste gleich, dass es um Sienna geht! :P


      Nein, wirklich schön diese Charaktereinblicke!

    • Na warte...irgendwann taucht sie schon mal wieder in Fels auf, dann ist Gervais dran. *grummelt rum*

    • Oops, Veldarin, kannst du sie bitte zuuuufällig in den Sümpfen vergessen?

    • Ähhh....... glaube nicht, nein. 'tschuldige. ^^