Prinzessinnen

Sie mochte den Geruch von Orangen. Orangen ließen sie an Löwenstein und Südlicht denken, an Strand und Meer und die wohlwollende, kräftige Wärme der Sonne, die durch ihre Haut drang und sie bis ins Herz wärmte.
Sie mochte auch den Geruch von Vanille: Beschlagene Fenster, eine helle Stube im winterlichen Dunkel. Glühwein und Winterbäckerei, die bevorstehenden Wintertage… und auch hier viel, viel wohltuende Wärme, sowohl für den Körper als auch für die Seele.

Sie legte Daumen und Zeigefinger zusammen und pitschte ein wenig Wasser umher. Ihre Haut begann bereits ein wenig zu schrumpeln, so lange hatte sie im Badezuber gesessen und vor sich her geträumt, umwoben von den ihr so wohltuenden Gerüchen und durchdrungen von ihren phantasievollen Gedanken.

Gleich würde sie sich in Mieder und Unterröcke zwängen, um das schönste Kleid anzuziehen, das sie jemals gesehen hatte: In hellen, pastelligen Blau- und Grüntönen war es gehalten, bestickt über und über mit kostbaren Silberfäden und mit einem weiten, traumhaften Rock, der bei jedem Schritt aufwallte, nur, um sich gleich wieder glatt und zart über den Unterrock zu legen. Für den Opernball damals hatte sie es sich schon ausgeliehen und auch heute wartete es bereits sehnsüchtig darauf, von ihr getragen zu werden. Allein der Gedanke daran den feinen Stoff zu fühlen und die schönen Farben zu sehen ließ sie auflächeln. Damals hatte sie sich wie eine adelige Dame gefühlt, vielleicht gar wie eine Prinzessin aus den vielen Märchen. - Zugegeben wie eine etwas zu alte und auch etwas zu pummelige Prinzessin, aber eben doch wie eine Prinzessin.

Diarmai runzelte die Stirn, als die kleine, aber hartnäckige Stimme der Realität die angenehmen Träumereien durchbrach: „Du bist viel zu alt, um eine Prinzessin zu sein. Und aussehen tust du auch nicht wie eine. Prinzessinnen sind jung und dünn und zart, mit ganz ebener Haut, vollem Haar und liebreizend-zerbrechlich anzusehen.“
Sie richtete sich ein wenig im Badezuber auf, wischte sich durch das Gesicht und seufzte.
„Ja, ja..“ murmelte sie sich selbst und ihren Gedanken zu. „Ich weiß.“
Doch die Stimme in ihrem Kopf erzählte einfach weiter: „Du weißt ja nicht mal, wer deine Eltern sind. Witwe bist du auch noch. Ehemalige Schankfrau… Na, das wäre ja ne tolle Prinzessin.“
Die Stimme in ihrem Kopf klang unbequem höhnisch. Diarmai hätte eine passende Antwort parat, aber sie wollte nicht streiten. Nicht jetzt, wo sie noch halb in ihren Träumereien steckte, die sie so fröhlich gemacht hatten.

„Du bekommst auch gar keinen Besuch von kleinen Vögelchen oder Mäuschen, du hast keine Eule oder ein anderes hübsches Tierlein, das dein bester Freund ist und das du umsorgst und fütterst.“
Das war eine absurde Argumentation, befand Diarmai. Immerhin mochte sie Tiere, auch, wenn sie kein Haustier hatte. Und die vierbeinigen Besucher des Herzlich bekamen auch immer Leckerchen von ihr. Und überhaupt… Und überhaupt! Wer sagte eigentlich, dass das alles so sein musste? Es gab bestimmt auch hohe Damen und sogar Prinzessinnen, die NICHT wunderhübsch und liebreizend-zart waren. Und die blieben auch nicht immer 17. Jeder wurde älter! Sicher gab es auch Prinzessinnen, die gar keinen Partner gefunden hatten – Oder nicht mal einen wollten. Weil sie selbstständig waren und gut alleine klar kamen. Wieso mussten die Prinzessinnen in den Märchen immer so hilflos und angewiesen sein, auf die wohlwollenden Magierinnen, auf die mächtigen Wohltäter, auf den rettenden Prinzen oder die Götter selbst? Wieso mussten sie immer warten, darauf, das wer anders ihre Probleme löste? Wieso sorgten sie nicht selbst dafür, das es ihnen gut ging? Ja, waren die denn alle blöd?!

Diarmai blähte die Wangen auf. Schlagartig war ihr die Lust am Märchenprinzessinsein vergangen. Sie stieg aus dem Badezuber und hatte eine Idee für ein neues, ordentliches Märchen: Über eine Prinzessin mit rundem Gesicht, rundem Bauch und zu dicken Beinen. Über eine, die Hosen auf Bällen trug und Prinzen vor Monstern rettete und außerdem eine tolle Ärztin war, die mutig mit in Schlachten zog. Sie grinste wohlig auf – DAS gefiel ihr! Sie tappste an dem schönen Ballkleid vorbei, öffnete ihren Kleiderschrank und beschaute sich ihre eigenen Kleidungsstücke.

Richtige Prinzessinnen mussten sich nämlich gar keine Kleider leihen!






(Anm.: Ich hätte es ihr so gern angezogen... *seufzt*)

Kommentare 11

  • Die IST die tollste Prinzessin! Niemand hat es mehr verdient eine Prinzessin zu sein!

    • Haha, Dia ist höchstens die Prinzessin von und zu Herzlich

    • Pah! Dia wird noch in den Adelsstand erhoben! Für ihre Kekse! Genauso wie Arla!

  • Dia wäre eine wundervolle Prinzessin :D

  • Wohl! Beste Prinzessin! Liebste Liesenprinzessin!

    • Liesenprinzessinnen sind die tollsten! Ich kenne auch nur 2 auf der gaaaaanzen Welt!

  • Ich bin mir ziemlich sicher, es gab im Laufe der Geschichte ne ganze Menge pummeliger Prinzessinnen und hohe Damen ;) Und ich glaube, Niemand käme auf die Idee, Sheryna als liebreizend-ZART zu beschreiben *lach* Schön geschrieben, Dialiese <3

  • Oh... die Geschichte gefällt mir und Diarmai wäre sicherlich auch eine tolle Prinzessin ^^°
    Schön geschrieben!