Der mürrische Mistelzweig




"Und wieder gibt es Sahnekuchen,
am Abend stinkt dann Plätzchenteig",
hörte man das zahme Fluchen
vom Griesgram selbst: Dem Mistelzweig.



"Dem Kistengrab erneut entsprungen,
nur um wieder rumzuhängen",
keift es murmelnd und gedrungen
zu monotonen Winterklängen.



"Derselbe Platz wie jedes Jahr." -
wieder wurd's die harsche Decke.
"Zum Glück diesmal kein Knutschepaar,
auf dass es mich am Arsche lecke."



Doch wie er just zu End' gesprochen,
wie sollte es auch anders sein,
wird niemals Tradition gebrochen,
Der Mann samt Weibe kam herein.



Wenn Mistelzweige eines könnten,
nämlich mit den Augen rollen,
und Götter das auch nicht vergönnten,
Käm' das hinzu, zum Übelwollen.



"Ich freu' mich, dass ich bei dir bin",
grinst die Trägerin des Kleids.
"Da krieg' ich wieder Würgereiz ...",
sprach darauf der Isegrim.



"Küss' mich, du süßes Sternenkind" -
"So zünd' mich bitte jemand an",
erfleht die Mistel über'm Mann
und wünscht sich fortan, sie wär' blind.



Das Paar verfiel in einen Kuss,
verschmolz mit glühend-heißen Herzen,
im Flammentanz der Rotwachskerzen,
Dem Griesgram sehr wohl zum Verdruss.



So ging sie weiter, jene Schmach,
Von Jahr zu Jahr und Schlag auf Schlag.
Der Mistelzweig noch heute sprach:
"Ich hasse ihn, den Wintertag."


Kommentare 12