Symphonie

Symphonie


Es war wohlig warm im Raum und es roch herrlich nach Zimt. Durch das große Fenster welches direkt auf die Straße gerichtet war, dringt ein wenig Licht von den Straßenlaternen hinein, welches von den Schneeflocken gebrochen wird und wohlbesonnen zum Boden hinab tänzeln. Es herrscht schöne Wintertagsstimmung und nur noch wenige Tage sind es bis zur großen Bescherung.


Sie sitzt da schon gute drei Stunden, im Zimmer ihrer schlafenden Kindern während sie nur leer nach draußen auf das bepuderte Rurikviertel starrt. So sehr sie es auch wollte, aber sie konnte einfach nicht mehr. Sie konnte nicht mehr weinen, sie hatte keine Kraft mehr. Sie ist vollkommen leer und die Augen taten ihr schon weh. Die Nase war verstopft und das Herz war klamm. Sanft drückt sie die weiche Hand von ihrem kleinen Töchterlein Ann, welches dem Vater am ähnlichsten ist. Es gab ihr zumindest etwas das Gefühl bei ihm sein zu können. Es schenkt ihr etwas Trost. Ob er es sieht? Ob er es spürt? Dieser Gedanke zerschmettert ihr das Herz. Warum er? Warum der Vater der beiden Mädchen? Warum auch noch sein Bruder? Wie kann man nur so grausam sein? Warum werden ihr wieder Personen aus den Leben gerissen, die sie liebt? Ein Stich ins Herz. Heiße Tränen kullern ihre Wange herunter und hinterlassen eine nasse heiße Spur. Sie löst sich von der kleinen speckigen Kinderhand ihres Mädchens und greift sich in das eigene blonde Haar, fest presste sie die Zähne aufeinander. Es platzt förmlich aus ihr heraus und man kann leise schluchzten vernehmen. Sie konnte und wollte es nicht wahrhaben. Die Schneiderin fühlt sich leer, wie ein Häufchen elend. Doch als die silberne Harfe sie im Licht einmal so verlockend anfunkelte, verstummte sie und ging auf diese zögerlich zu. Es wirkt für ein kleinen Augenblick, wie ein Hoffnungsschimmer. Wie ein kleines Zeichen. Sie erinnert sich an die Zeit zurück wie sie gemeinsam das Haus, die Gute Stube mit Melodien füllte. Wie sie damals auf der Bühne des Abendsterns standen und das Publikum mit den Klängen verzauberten oder wie ihr eigener Vater auf diesem Instrument, wunderschöne Lieder spielte damit Orianna selbst einschlafen konnte. Genau das tut nämlich Orianna gerade selbst für ihre Mädchen, wenn sie nicht schlafen können - Mit zauberhaften Klängen, die Mädchen ins Nimmerland begleiten.

Sie legt vorsichtig die Finger an die Saiten an und verharrt. Die letzte Träne rollt ihr über die Wange, bis sie auf ihre Bluse tropft. Mehrere schwere Herzschläge lang, war es furchteinflößend ruhig. Nach einem Schlucken jedoch, zupft sie einen schönen klaren Ton der alten silbernen Harfe. Zumindest würden das alle so beschreiben, die nun diesen Ton gehört hätten. Doch Orianna hört die Harfe nicht. Nicht mehr. Nur ihr Töchterlein welches sich gerade am Gitter des Bettes hochgezogen hat, darin stehend, grinst sie ihrer Mutter zu. Das ist ihre Symphonie - schlagartig wird ihr warm um das eigene Herz.

Nur sie und ihr Schwesterchen Liv geben ihr die Kraft die sie zu diesen Zeiten braucht.

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