Das goldene Lächeln

Es ist das erste mal, dass mein Bruder mich mit nimmt. Er sagt ich brauche diese Erfahrung, damit ich erwachsen werde. Ich bin es längst, ich bin längst aus den Kinderschuhen geschlüpft, doch in einem Casino, ja, da war ich bisher tatsächlich noch nie. Er entführt mich in das Casino Ya Ajvar. Laut seinen Worten ist es das beste Casino in Amnoon, auch wenn ich ignorieren soll, dass es sich im Umbau befindet. Und ich sollte wehrt schätzen, dass ich überhaupt hinein kann, denn im Moment seien nur Stammgäste erlaubt. Nun, er ist so ein Stammgast und ich heute seine Begleitung.


Im Inneren tummelt sich so einiges. Frauen und Männer, die meisten mit dunkler Hautfarbe, so wie ich, stehen an der Bar, unterhalten sich mit gut aussehenden Bauchtänzerinnen mit blauen Lippenstift und goldenen Schuhen oder geben ihr Geld an den Spieltischen aus. Mir ist nicht nach Spielen. Ich möchte nur einen Drink an der Bar. Und den bestell ich mir bei dem netten Barmann mit dem grau meliertem Haar. Er ist freundlich, fragt mich, ob alles in Ordnung ist, macht mich auf die Damen des Hauses aufmerksam, die ich lächelnd ablehne. Ich möchte schließlich nur einen Drink. Er aber schiebt mir einen goldenen Jeton ans Glas und nickt nur zu einem der Spieltische rüber, zu dem ich mich umwende.


Ich habe in meinem Leben noch nie so eine Frau gesehen. In einem goldenen Kleid steht sie am Spieltisch und verteilt Karten an ihre Mitspieler. Sie ist anders als alle Frauen, die hier sonst zu finden sind. Dunkelblondes Haar fällt ihr in Wellen über die Schultern auf die leicht gebräunte Haut. Ich bin paralysiert. Ich merke, dass ich rot werde als der Blick dieser Frau mich trifft und wie mein Herz zu pochen beginnt, als sie mir ein Lächeln schenkt.


Unsere Finger berühren sich, als sie mir meinen Jeton abnimmt und in die Mitte schiebt. Zwei Karten legt sie vor mir offen ab und schenkt mir erneut ein Lächeln. Als ihre Lippen sich bewegen nicke ich stumm. Noch einmal greift sie in meine Richtung, legt mir noch eine Karte hin und strahlt mich im nächsten Moment an. Mein Herz pocht wilder. Als ich meinen Blick auf den Spieltisch vor mir werfe sehe ich, dass sich eine Reihe aus Jetons unterschiedlicher Farbe vor mir aufgebaut hat. Ich höre meinen Bruder neben mir sprechen und fühle seine Hand an meiner Schulter. Doch alles, was mich wirklich interessiert ist sie. Der Augenaufschlag, wie sie den Kopf nach unten neigt, wie sie lächelt. Erneut legt sie mir Karten hin. Ihre zarten Lippen formen Worte, doch ich höre sie nicht. Meine Welt besteht nur aus ihr. Neben mir schiebt mein Bruder den bunten Haufen an Coins in die Mitte. Ich bekomme eine dritte Karte. In diesem Moment wechselt der Blick zu einem anderen Mann am Tisch. Ich fühle, wie mir die Schulter geklopft wird. Ich fühle den Zug an meinem Arm. Ich will nicht gehen. Doch mein Bruder führt mich gen Ausgang. Noch einmal sehe ich zurück. Ihre Aufmerksamkeit erhasche ich nicht wieder. Es interessiert sie nicht mehr wer ich bin oder wer ich war. Nicht heute. Doch morgen werde ich wieder kommen. Nur um noch einmal ihr Lächeln zu sehen.

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