† Lehrmeister der Alchemie †

Charakter: Vitaja


“Ich will dich schmieden. Der Weg ist mir egal. Wenn ich einen Schüler annehme, dann wird es meinen Qualität-Standards entsprechen. Du wirst nichts Illegales machen. Nur lernen und Können. Ich bereite nur vor.”
Wieder die Sache mit dem Schmieden. Die Metapher war ihr zwar geläufig, aber sie verstand den Zusammenhang zwischen ihm und ihr noch immer nicht.
“Das mit dem Schmieden hast du schon in der räudigen Stute gesagt. Aber was genau meinst du damit?”
Er drehte sich nicht um, wühlte weiter in den Sachen zwischen der welk gewordenen Laborausrüstung herum und schien die Regale zu überfliegen.
“Dich zu einer mächtigen Person machen. Etwas wertvolles... etwas Starkes. Jemand, den ich sogar akzeptieren würde, als meine Klinge. Noch bist du aber Meilenweit davon entfernt.”
Vitaja glaubte nicht so recht an das Gewicht seiner Worte. Aber Wissen war Macht und wissen wollte er ihr vermitteln.
“Und... lass mich raten: Dir fehlt es noch an Vertrauen zu mir?”
“Nicht nur das. Dir fehlt Vertrauen zu mir. Aber das kann ich dir nicht verübeln.”
Auch wenn die Worte der Wahrheit entsprachen, kam es ihr wie eine Ohrfeige vor.
“Zugegeben, du hast Recht. Na... Wobei, vielleicht habe ich mehr Vertrauen als du glaubst. Aber es ist Fragil.”
Jetzt erst dreht er sich zu ihr um. Sagte aber nichts zu ihren Worten. Was hätte er auch sagen sollen. Ob ihre Worte Wahrheit oder nicht waren, konnte er nur vermuten, nicht spüren.
“Also gut. Womit fangen wir an?”
Irgendwie euphorisch wollte sie sofort beginnen. Ihr Meister griff ohne hinzusehen hinter sich und warf ihr einen Staubwedel vor die Füße. Etwas ungläubig starrte sie zu ihm runter.
“Staubwischen.”
Er selbst legte seinen Köcher ab und schnappte sich den Besen voller Spinnenweben. Genervt schnaufend nahm Vitaja den Staubwedel auf.
Milde lächelnd sah er sie an.
“Wenn Staub in den Phiolen ist, bevor wir die Mixtur hineingießen, wird das Produkt verunreinigt.”
Innerlich nickte sie und stimmte ihm zu. Er hatte ja Recht. Ein sauberer Arbeitsplatz machte das Lernen leichter und so konnte sie sich auch selber einen Überblick darüber verschaffen, was sie hier alles finden würde. Während er sich um die Spinnenweben an der Decke kümmerte, wischte sie den Staub von Phiolen, Tiegeln, Gläsern und ihren Etiketten. Ein Teil davon war noch gut gefüllt und die Etiketten hatten unbekannte Schriftziechen.
“Wie lange hast du hier gelebt? Ich meine vor der ganzen Sache.”
Halblaut rechnete er vor sich hin.
“... dann die Vier Jahre die ich noch im Hain war... Joa ungefähr 10 Jahre war ich hier, hab Freunde gefunden und mich sogar verliebt.”
Überrascht von seiner offenen Antwort, dreht sie sich um. Hielt es für einen Versuch Vertrauen aufzubauen. Aber da stand er schon am Eingang, fegte etwas Sand vom Holz und sah zu Boden. Die tiefen Rillen waren keine natürliche Alterserscheinung. Es war ein verzweifelter Versuch sich mit gespitzten Fingern am Boden festzukrallen. Schleifspuren, die deutlich Wehr zeigen und doch nach Draußen führen. Jetzt erst verstand Vitaja, warum er den Ort gemieden und Angst vor den Patrouillen hatte.
“Ein Wunder... das sie dir nicht die Hände abgehakt haben... Entschuldige, ich sollte sowas nicht sagen.”
“Abgehakt nicht, aber gebrochen und dafür gesorgt, dass sie falsch zusammenwachsen. So dass selbst meine Heilkraft die Hände nicht reparieren konnte. Erst wird man Nutzlos gemacht. Das machen sie oft zu Anfang.”
Vitaja hielt inne und starrte ihn einen Moment an. Er sagte das so als wäre es eine Geschichte aus einem Buch, aber nicht seine. Machte sich mit dem Besen weiter über die Spinnenweben her und ignorierte die Spuren. Von seiner Empathie war nichts nach draußen gedrungen, als wäre er ein Lautloser.
“Sind sie... noch immer deformiert?”
Zwar hatte sie ihn schon ein paar Mal vor sich gehabt und sogar mit ihm gewürfelt, aber so genau hatte sie nicht auf ihn geachtet.
“Nein, über die Zeit habe ich meine Hände und Arme zu oft verloren. Dann sind sie heile wieder Nachgewachsen.”
Er so schnell über die Schulter und sie direkt an, dass ihr beinahe der Staubwedel aus der Hand gefallen wäre.
“Gegenfrage: In welchem Licht seht Ihr mich gerade?”
Die Frage traf sie wie ein Hammerschlag. Nicht nur weil sie so plötzlich kam, auch wegen seiner auf einmal so umgeschlagenen Wortwahl. Peinlich berührt drehte sie sich weg und machte weiter sauber.
“E-es... also wie soll ich sagen... Das kann man... Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll.”
Sortierte die Phiolen und Flacons im Regal neu und fand einem Fläschchen ein Etikett, das sie völlig aus der Situation warf. Selbstgebrauter Nektar war noch sehr deutlich zu lesen.
“Versuch es. Ich will wissen, von welcher Basis aus ich weiterarbeiten soll.”
Der fast schon befehlende Ton brachte sie wieder zum Stocken.
“Von welcher Basis?... Also gut. Du warst ehrlich zu mir, also bin ich es auch zu dir.”
Aber ihre folgenden Worte schienen ihn mehr zu beunruhigen als eine Basis zu schaffen. Seine Empathie brach mit einem heftigen Schlag aus und fauchte, verschwand aber genauso schnell wieder. Mit einem eigenartigen Lachen sank er zu Boden begann seine Finger so fest über das Holz zu ziehen, das sie aufrissen und harzten. Geschockt von seiner Reaktion dreht sie sich um und stürmte auf ihn zu.
“Hör auf!”
Landete auf den Knien und riss seine Hand vom Boden hoch. Auch wenn er nicht traurig aussah, hatte er Tränen in den Augen und wollte das sie seine Hand loslässt. Was Vitaja nicht wollte. Sie hatte Angst er würde weiter machen und seine Hände wie einen Bleistift weiter runter kratzen.
Egal was sie sagte, es schien ihn nicht zu überzeugen oder gar als Antwort zu genügen. Widerwillig ließ sie seine Hand los, als er aufstand.
“Ich hole was zu essen.”
“Ist gut, ich mache hier weiter.”
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Vitaja blieb alleine zurück. Sie konnte seine Schritte durch den Zirkel aus toten Käfern spüren, der eigentlich für die Patrouillen gedacht war.
Hatte sie ihn damit so sehr getroffen?
Seufzend sah sie sich um. Es war nicht so, dass sie sich nicht vorstellen konnte dort neben ihm zu stehen und ihm auf die Finger zu sehen. Auch den Zirkel würde sie immer wieder erschaffen, es war ja auch ihre Sicherheit. Es war etwas anderes das sie plagte, als sie auch draußen vor der Wohnkapsel aufräumte und die Schubkarre reparierte. Wie die drückende Sommerluft, die kurz vor einem heftigen Gewitter aufkommt. Ein Gewitter das man sich herbeisehnt, egal wie viel Angst einem der Donner macht. Von dem man weiß, es kommt eine Sturmflut die alles hinwegschwemmt. Blitze die ein Wälder vernichtendes Inferno ankündigen und doch wünscht man es sich.


Der Name des Lehrmeisters wurde bewusst verschwiegen. Abmachung mit dem Spieler.