Hebt den Vorhang (Tailyra Solena)

Unnachgiebig strahlte die Mittagssonne auf den kleinen Garten des Melandru-Schrein, welchen Tailyra in den letzten Tagen häufiger besuchte. Die junge Magierin mochte diesen Ort ganz gerne. Ein kleines Stück idyllischer Natur, welcher im großen Gemäuer der menschlichen Hauptstadt bewahrt worden war. Natürlich gab es auch außerhalb von Götterfels einige durchaus atemraubende Plätze. Sie erinnerte sich an den Ausflug mit der Söldnertruppe, welche zusammen mit ihr zu den versunkenen Ruinen einer Zwergenstadt gereist ist, auf der Suche nach einigen alten Zwergenschätzen. Auch Löwenstein, die freie Handelsstadt aller Rassen, hatte durchaus den ein oder anderen einmaligen Ort, welcher sich lohnte, aufgesucht zu werden. Aber dennoch war ihr dieser kleine Garten von Melandru am liebsten. Auch, wenn sie selbst sich nicht zwingend als eine der gläubigsten Menschen betrachtete, so fand sie zumindest einige der Prinzipien, welche die Lehren der Göttin der Natur beinhalten, durchaus erstrebenswert. In erster Linie, dass man die Natur ehren und bewahren soll, denn sie wird es letzten Endes sein, welche bestimmt, ob wir irgendwo leben können oder nicht.


Die vergangenen Wochen waren durchaus interessant und ereignisreich.

Es gab einige durchaus anregende Diskussionen mit einigen Mitgliedern vom Netzwerk der Magier, wobei gerade ein Thema durchaus interessant war: Die Frage, ob nicht vielleicht durch den Niedergang von zwei weiteren Alt-Drachen weitere Leute, welche bisher so keine Berührung zu Magie hatten, möglicherweise magische Fähigkeiten nun entwickeln konnten. Und wie mit solchen möglichen Fällen umgegangen werden soll. Wobei dieses Thema vielleicht nicht zwingend was neues für Götterfels ist. Vielleicht nicht täglich, allerdings tauchen oft genug neue Magier auf, welche gerade ihre Fähigkeiten entdecken. Überall auf der Welt. Tailyra bezweifelte, dass es am Netzwerk des Magiers nun hing, mit dieser Situation umzugehen, allerdings kann dieses für die Bewohner von Götterfels und der näheren Umgebung herum durchaus eine gute Anlaufstelle sein.


Der kleine Austausch mit dem Wächter vom Netzwerk war auch durchaus interessant, hat dieser ihr immerhin geholfen, die Verwendung von verschiedensten Kristallen in Zusammenhang mit Magie aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Verschiedene Kristalle mit verschiedenen Eigenschaften. Da müsste sie doch eigentlich mal ihre Eltern eine Nachricht zukommen lassen, ob sie ihr nicht einige Exemplare verschiedenster Steine auf Seite legen kann. Natürlich gegen entsprechende Bezahlung, waren ihre Eltern durchaus erfolgreiche Erz- und Edelsteinhändler. Vielleicht nicht ganz so erfolgreich wie andere, größere Handelshäuser, allerdings läuft das Geschäft gut. Wenn nicht in Götterfels oder anderweitig irgendwo in Kryta, dann in der freien Stadt Löwenstein. Die Nachfrage wird da nicht gerade klein sein, immerhin sind da alle Rassen von Tyria zum Handel dort vertreten.


Eine weitere, vielleicht etwas zufälligere Begegnung, in welcher sie tatsächlich sogar eine Nicht-Magierin kennen lernte. Tailyra mochte es, sich mit ihr zu unterhalten. Sie strahlte eine gewisse Erhabenheit aus, welche jedoch nicht arrogant oder überheblich rüber kam. Und vielleicht hat die junge Magierin sogar jemanden gefunden, welchen sie für eine Weile im Auge halten kann, wenn es darum ging, zu beobachten ob eventuelle Nicht-Magier nun zur Magie finden. Wobei sich Tailyra für diesen Gedanken auch gleich ein wenig rügte, immerhin war sie nicht „so“ wissenschaftlich veranlagt, als dass sie kein Interesse an der Person hätte, welche ihr gegenüber stand. Und wer weiß, vielleicht wird da ja sogar eine gute Freundschaft daraus?


Um diese ganzen Begegnungen mal zu verarbeiten, hatte sie sich doch mal aus ihrer doch etwas chaotischeren Werkstatt getraut, um sich etwas Abzulenken. Die angenehme Brise, welche ihre Nase umspielte, während sie das angenehm warme Sonnenlicht am Brunnen der Melandru-Statue genoss, sorgte für ein wohliges aufseufzen. Dann fiel ihr eine weitere Begegnung ein.

Eine ganz kurze, mit der Gründerin vom Eulenspiegel. Diese hatte sich mit einigen ihrer Freunde unterhalten, Söldner der Schattenflamme, welche die Gedenkfeier des Netzwerks der Magier wohl nutzen wollten, um ihren Anteil an der Schlacht und dem Sieg gegen die Alt-Drachen zu feiern und wahrscheinlich auch einige Verluste zu betrauern. Tailyra erinnerte sich daran, dass sie erwähnt hatte, vielleicht doch mal beim Eulenspiegel vorbei zu schauen, um sich ebenfalls mal vorzustellen. Eine Organisation wie diese wäre die perfekte Gelegenheit, ein Ziel weiterzuverfolgen, welches Tailyra sich gesetzt hatte. Die Darstellung der Schönheit von Magie. Diese dient nicht einfach nur als Werkzeug für Schlachten oder als Mittel zur Heilung. Magie kann wunderschön sein. Der eine mag Tanzen, ein anderer singen, ein dritter spielt vielleicht ein Instrument. Doch Magie kann ebenso zur Ausdrucksdarstellung angewandt werden. Auch, wenn der junge Blondschopf eher mäßig gut darin ist, ihre Magie für artistische Darstellung zu nutzen.


Etwas verstohlen blickte Tailyra sich dann um. Sie begang doch wohl hoffentlich keine Straftat, wenn sie nun hier an einem heiligen Ort versuchte, ein wenig die Beherrschung von Magie zu üben? Sicherlich gab es den ein oder anderen Beobachter, allerdings waren diese weit genug weg als dass diese groß stören würden. Sie zog ihren Magierdolch hervor – eine schmucke Klinge, welche extra sogar noch von ihr abgestumpft wurde, soll diese wirklich nur als Werkzeug zum wirken von Zaubern dienen. Aus einer kleinen Tasche zog sie einen bläulich schimmernden Kristall, welchen sie in den Dolchknauf einsetzte. Dieser wurde ein wenig nun gedreht, woraufhin der Kristall nun kräftiger leuchtete. Am Brunnen wölbte sich bereits das Wasser ein wenig, als wartete es darauf, von ihr befehligt zu werden. Langsam erhob sie sich und wandte sich der Statue der Göttin zu. Leicht verneigte sie sich und sprach im Gedanken ein Stoßgebet. In erster Linie um Vergebung bittend, dass sie diesen heiligen Ort nun einfach missbrauchte. Allerdings bat sie auch um Unterstützung. Nicht, dass sie diese erwartete, allerdings ist es ja nicht falsch, auf Glück zu hoffen. Wie einen Dirigentenstock hob sie nun ihren Dolch an, worauf sich auch eine recht große Wasserkugel mit erhob. Da stellte Tailyra dann fest, dass ihr das ganze vermutlich besser gelingen würde, wenn sie noch einen zweiten Dolch oder einen Fokus oder ähnliches tragen würde. Das Kriegshorn, welches an ihrer Hüfte noch hing, wird da wohl eher weniger hilfreich sein. All diese Gedanken brachten aber nun nichts. Hochkonzentriert fing sie an, den Dolch langsam zu schwingen, woraufhin sich nach und nach verschiedene „Ranken“ aus der Kugel lösten. Abstrakt, einem Farbklecks ähnelnd, streckten diese sich von der Wasserkugel aus, einige begannen sogar, sich um die Kugel wie Ranken zu winden. Wirklich zufrieden war Tailyra zwar mit dieser Figur noch nicht, allerdings half es ihr erst mal, ein Gefühl für die Kontrolle zu bekommen. Da schlich sich nun eine weitere Idee in Tailyras Kopf. Langsam zog sie die Wasserkugel nun zu sich, dessen Ranken sich sofort in diese zurück zogen. War ihre Kontrolle und ihre Beherrschung doch besser, als sie es selbst von sich glaubte? Gemächlich führte sie diese um sich herum, welche nun nach und nach flacher und schmaler wurde. Ihre Idee war, dass sie eine kleine Wasserwand um sich zieht.

„Vielleicht kann man mit dieser ja etwas künstlerisches Darstellen. Begleitet von Musik vielleicht sogar die Tonlagen aufzeigen? Vielleicht hat diese Frau da ja ein paar Ideen? Wie wäre es, dass in dieser Wasserwand Musikno..-?!“

Der Gedankenstrom brach abrupt ab, als sie realisierte, dass sie beobachtet wurde, sogar aus nahezu nächster Nähe. Eine Frau mit blonden Haaren und verzierter Kleidung mit grünen Akzenten. Nicht nur, dass der Gedankenstrom dabei abbrach, ihre Konzentration auf den Zauber war auch verschwunden. Die Wasserwand fiel plätschernd auf die Erde hinab und Tailyra blinzelte den Neuankömmling verwundert an.

Kommentare 2

  • Schön, das Tailyra so gut Kontakte inzwischen schließen kann. Ich wünsche ihr das sie mehr aus sich heraus kommt. :P


    Und im Eulenspiegel werden immer Talente gesucht! <3

    • Fängt halt so langsam an :D Wird sich zeigen, wohin das alles noch gehen wird. In erster Linie aber vorwärts ^^