Gewaltdarstellung
In Erinnerung: Erste Szene
Es war stickig hier und neben dem penetranten Geruch schlechten Bieres und alter, feuchter Stiefel hatte dieser Laden nicht wirklich viel mehr zu bieten. Trotzdem hatten seine Schritte ihn an diesem Abend hier her geführt. Er war nicht gekommen, um sich die Kehle mit billigem Gesöff zu verätzen oder ein paar Kupfer für den wässrigen Ratteneintopf hinzublättern, den man hier voller Großmut und ganz ohne Gegenleistung an die ärmsten unter den Armen verteilte und diese bescheidene 'Spende' dabei auch noch als selbstverständliche Pflicht unter Dwaynas wachenden Augen deklarierte. Nein, er wollte weder etwas trinken, noch reichte sein Hang zum Masochismus dazu aus sich einen Napf Suppe zu bestellen.
Unter den vielen dunklen Gestalten, die sich an dem abgehalfterten Tresen dieser Kaschemme tummelten, fiel er einzig durch seine Masse und die hohe Qualität des Pelzmantels auf, den er achtlos von seinen fleischigen Schultern strich. Dann warf er ihn über den grob gezimmerten Schemel, der neben ihm stand.. Den obersten Knopf seines Hemdes mit Daumen und Zeigefinger öffnend, zog er sich einen zweiten Hocker mit dem Fuß heran, um sich nur einen Augenblick später darauf nieder zu lassen. Unter seinem nicht unbeträchtlichen Gewicht knarzte das alte Holz seinen missbilligenden Protest, der hier niemanden interessierte. Schmale Lippen schmunzelten, während mit zwei Fingern schlicht ein Krug Bier geordert wurde. Ein paar Münzen sprangen klimpernd über die Theke und beglichen eine Schuld, die in seinem Sinne gar keine wirkliche war. Mit der Handkante vergossenen Schnaps von seinem Platz wischend, landete ein breiter Unterarm auf dem Tresen, während ein bulliger Nacken knackte. Den Kopf leicht zwischen die Schultern gezogen, das blond-weiße Haar mit glänzender Pomade in Form gebracht, fixierten zweigefärbte Augen eine von vielen Wirten, die in den vergangenen Jahren die undankbare Aufgabe übernommen hatten den gewürgten Flaschenhals am Leben zu halten. Der Mann war so blass und unbedeutend, wie die fleckige Schürze, die er sich zum Dienstbeginn um den feisten Wanst gebunden hatte. Er unterhielt sich mit einer blonden, jungen Frau, die nur ein paar Plätze weiter rechts saß und die Blicke der Männer rings um sich herum auf sich zog. Sie schien guter Dinge, ließ sich Drinks spendieren und badete selbstbewusst und mit einem ausgeprägten Drang zum Narzissmus in der ihr geschenkten Aufmerksamkeit. Sein Lächeln vertiefte sich, während seine Augen weiterhin an dem Gesicht des Narren hingen, der sich ganz offensichtlich tatsächliche Chancen bei der Schönen ausrechnete.
Die Stunden verstrichen und die Stubengäste wechselten Auftritt und Erscheinung. Ein stetes Kommen und Gehen gesichtsloser Schatten, die ohne Bedeutung waren. Die Blonde aber blieb und achtete nicht der Verehrer, die einander den schwarzen Dreck unter den Nägeln nicht gönnten. Doch als der Abend sich dehnte, die Nacht kam und ging, da wurde es den Männern zu lang und mit der schwindenden Dunkelheit und dem Einsetzen der Morgenröte, verließen sie sie. Alleine jetzt, dafür aber gut gelaunt und deutlich über ein Maß gewöhnlicher Trunkenheit hinaus, thronte die Königin noch immer an ihrem Platz, einen vollen Aschenbecher in ihrer Front, ein kaum noch gefülltes Glas in ihrer Hand wissend.
Es war einer der letzten Besucher der Tavernen, der sich schwerfällig und müde von seinem Platz erhob, sich träge einen löchrigen Mantel über warf und das kupferrote Haar mit einem ungezielten Strich gänzlich aus der Form brachte. Schlurfenden Schrittes durchmaß er die Stube und passierte den breiten Rücken des Gastes, von dem er die ganze Nacht über keine Notiz genommen hatte. Zu sehr waren seine Blicke auf der Frau gewesen, die er zu einer Zwischenstation auf seinem Weg in die ungewisse Zukunft eines neu anbrechenden Tages machte. Er wusste nicht um die Augen, die ihn verfolgten und als er hinter ihr angekommen war, die Blonde ahnte nichts von seiner Präsenz, hob er die Rechte und schoss ihr von hinten in den Kopf. Es war nur eine Fingerpistole, die ihr Ende bescheinen sollte, nur eine Bewegung, die keinen näheren Sinn hatte, aber die Provokation war nicht unbemerkt geblieben.
Victor Iorga leerte den letzten Schluck schalen Bieres und stellte seinen Krug ordentlich beiseite. Dann stand er auf und trat um seinen Schemel herum, dessen Sitzfläche warm von seinem eigenen Pöter war. Der Mann beugte sich ein My nach unten, umschloss mit den kräftigen Gelenken ein Bein des Hockers und hob ihn an. Dann folgte er mit langen aber nicht besonders eiligen Schritten dem Rotschopf, der nichts böses ahnte und zog ihm den Sitz in einem Moment nüchterner Brutalität mit ungeahnter Wucht über den Schädel. Ächzend gingen Mann und Möbel zu Bruch. Victor schmatzte. Er griff seine eigene Hose an den Oberschenkeln und raffte ihren Sitz, sodass sie nicht zwischen den Beinen spannte, als er in die Hocke sank und den gefällten an Kragen und Hosenbund packte. Der Blonden, die erschrocken herum gefahren war, schenkte er lediglich ein zugewandtes Lächeln, das verflog, als er den Mann, den manche wohl Tin Wiesel nannten, vom Boden in die Luft riss. Das Gesicht des Jüngeren mit stumpfer Ignoranz gegen den Türrahmen schmetternd, schleuderte er den Bedauernswerten mit neu deformierten Zügen nur wenig später auf die Straße. Jaulen und Stöhnen unkommentiert lassend, lehnte Victor gemütlich in der Zarge, an der noch Blut und Speichel und ein Rest aufgeplatzter Haut hafteten. Er verschränkte die Arme vor der breiten Brust und wartete. Er wartete bis der Fingerschütze nach ein paar Momenten wieder zu sich kam und voller entsetzter Empörung zu ihm hinauf blickte. Jetzt zuckten die Mundwinkel des Iorgas und es war ihm eine offensichtliche Wohltat in vor Selbstherrlichkeit strotzender Ruhe seine Rechte zu heben, eine Pistole aus seinen behaarten Gelenken zu formen und Tin Wiesels Leben damit zu beenden.
Auge um Auge...Zahn um Zahn...Victor Iorga hatte keine Lust mehr darauf ein Gönner der Gassenschleicher zu sein. Einer, der sie hoch genug hob, um einen „Waffenfrieden“ mit ihnen zu legitimieren. Sollten sie nur kommen, er fürchtete keinen von ihnen.
Kommentare 8
Aegi
Achja *seufzt*
Victor und Tin in einer Story. Wow sie gefällt mir. Ich frage mich wer die Blondine ist.
Levi Iorga Autor
So viele Möglichkeiten gibt es dahingehend nicht. Landläufige Blondinen immerhin haben Victor in der Regel nicht interessiert. Es gibt nur eine bestimmte Frau, bei der er derart "abgegangen" ist, nachdem sie mit einer Fingerpistole "erschossen" wurde. Du kommst sicherlich darauf.
Aegi
Trixie
Levi Iorga Autor
Thaha. Nein.
Aegi
Ohhh :O
Lianne
It's Helena!
Travon
"Alte Schule". Netter Tag.
Ich vermisse ihn immer noch.
Levi Iorga Autor
Ja, ich auch