Die letzte Jagd

Ich streife durch den Wald um meine Fallen zu überprüfen als ich ein vertrautes Geräusch höre. Mein Blick wandert in die Richtung, aus der ich das Geräusch hörte während ich bereits nach meinem Bogen greife. Sollte sich meine Vermutung bestätigen, dann haben wir ein schmackhaftes Festmahl vor uns. Da ist er, ein stämmiger Keiler. "Nur noch den Pfeil einlegen und dann habe ich dich." Meine Gedanken kreisen schon um den köstlichen Eintopf, den Mutter damit zubereiten wird. Ich spanne den Bogen, ziele und werde von meiner eigenen, zuschnappenden Falle bei der Jagd gestört. Natürlich hat auch der Keiler das Geräusch gehört und macht sich davon. Ein schweres Seufzen kann ich mir nicht verkneifen und dahin ist der Traum von Abwechslung in der Küche, wird es wohl doch wieder was mit Hase. Ich bleibe noch kurz stehen, um mich davon zu überzeugen, dass der Keiler alleine war und sich wirklich davon gemacht hat, ich habe wenig Lust von so einem Tier angegriffen zu werden. Schließlich mache ich mich auf den Weg zu meinen Fallen.


"Da bist du also, stolz auf dich? Hast mir ja schön das Schwein verjagt!" Mit den Worten packe ich den Hasen an den Löffeln und sehe ihn an. Ein kurzes knacken und dieser hier gibt keinen Mucks mehr von sich, die Falle und der Hase werden eingepackt und die restlichen Fallen gehe ich auch noch ab. Drei Hasen kann ich heute mit nachhause bringen, wobei ich während des gesamten Rückwegs noch dem Schwein hinterher trauere.


Ich habe fast den ganzen Tag im Wald verbracht, dementsprechend froh bin ich, als ich in die Nähe unserer Hütte komme, doch heute ist es anders. Ich bleibe stehen, lausche den Geräuschen des Waldes und... Da, schon wieder, was ist das? Ich beeile mich auf die Lichtung zu kommen, an der unsere Hütte steht. Diese Geräusche, es klingt als würde eine Horde Pferde durch unsere Hütte rennen und dabei alles Kurz und Klein trampeln. Kaum habe ich die Lichtung erreicht, sehe ich auch warum.


"Was machen diese Zentauren hier?" Ich lasse alles fallen außer meinen Bogen und den Köcher. Sonst überlege ich immer erst und achte auf die Umgebung, ob es eine gute Beute ist, aber diese Bestien zerstören gerade mein Heim. Schon rast der erste Pfeil auf das Biest zu, hätte es still gehalten, hätte ich sicher das Herz getroffen, aber anscheinend hat es mich bemerkt und sich auf den Weg davon gemacht, aber immerhin hat das Biest nun ein Andenken von mir. Die Luft scheint rein zu sein, also stürme ich auf das Haus zu.


Während sich langsam kleine Rauchschwaden im inneren bilden, suche ich nur nach meiner Mutter. Hinter, oder besser gesagt unter einem unserer Schränke finde ich sie schließlich, wie sie mir ihre blutige Hand entgegen streckt. Die folgenden Minuten sind für mich in düsteren Nebel gehüllt, aber was mir noch deutlich ist, ist die kleine Kiste, die sie vor sich an den Bauch geklammert hält und wie meine Hände ihre leblose, blutige Hand fest umklammert. Immer wieder höre ich ihre letzten Worte. "Finde deine wahre Familie!"


Nie zuvor in meinem Leben habe ich so geweint, wie in diesem Moment.

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