Ein charmantes Kerlchen - Kapitel IV

Kapitel IV – Zufällige Zufälle


Es sind geschickte Handgriffe, die die immer noch recht neue Waffe reinigen. Nicht, dass sie schon oft benutzt worden wäre aber anscheinend wollte das charmante Kerlchen auf Nummer sicher gehen. Es ist bereits das zweite Mal, dass er die öligen Dochte in den Lauf schiebt und zu drehen anfängt.


Irg'ndwie muss er ja all'n sechs Göttern ins Knie gefickt ham. 's war ja nich' so, als ob er 'n sehr gläubiger Mensch wär aber das, was in letzter Zeit schief lief, war einfach zuviel des Gut'n gewesn. Man könnte fast sagn, das alles schief gelaufn ist, was überhaupt schief laufn konnte. Un' wenner ehrlich war, stinkte das alles zu sehr, um 'n Zufall zu sein.


Athes, dieser kleine Penner, zum Beispiel wollte ihn doch glatt abserviern! Von wegn es wär sicherer, wenner nich' bei der Aktion mitmacht. Der hatte irg'ndein Plan mitm Rotschopf ausheckt den blondn Lord da zu vergiftn. Toller Plan. Hatte nur'n paar miese Lückn. Dieses Weichei von Blaublut hatte nämlich Wind von dem erstn Treffn bekomm. Ansonsten hätt der nämlich nich' jemandn geschickt, um 'n Kind zu entführn. Also wusste der Kerl dass se' irg'ndwas planen.Un' der Griesgram wollte den Rotschopf da ohne Rück'ndeckung reinschickn. 'türlich war das 'n scheiß Plan!


Aber ne', Griesgram wusste ja alles besser. Un' überhaupt hatte Griesgram voll den Durchblick. 's war 'n echt toller Plan un' der Rotschopf wär ja nich' ganz alleine. Die würd'n ja Schmiere stehn. So 'ne ausgemachte Scheiße! 's wär ja auch umso viel besser wenn er nich' dabei sein sollte. Wäre auch besser für die Kinder un' so. Blödsinn! Wenn was schief ging, wär er sowieso gleich drauf un' dran den Rotschopf wegzusperrn un' sich an den Kindern zu vergreifn. Warum also nich' die Chancn erhöhn, wenn einer mehr mitkomm würd? Weils' Griesgram so nich' wollte. Arschloch!


Die Bewegungen sind sehr routiniert bei dem, was sie tun und die öligen Dochte landen bereits auf dem 'Haufen', wo bereits jene liegen, die beim ersten Mal benutzt worden sind. Bevor er sich den nächsten Strang Dochte schnappt und sie zu einem etwas dickeren Knäuel dreht, wird die Waffe vorsichtig auf einem speckigen sowie leicht verdreckten Tuch abgelegt.


Irg'ndwie hatter sich dann darauf festgebissn, dass das der Rotschopf entscheidn soll. Weils' ja um sie ging. So 'ne ausgekochte Mäusekacke. 's ging um weit mehr als nur den Rotschopf. Aber das Kommentar hatter sich erstma gespart. Tatsächlich musst er auch nich' lange wartn bis Kor mit 'ner Nachricht angewackelt kam. Von wegn geheimes Treffn in seinem Ladn un' so. Wär ganz dringend un' so. Klar wars dringend. Vor allm, weil er sich denkn konnte, was der Griesgram alles für'n Mist erzählt hat. Schonma vorher draufknüppeln. Sicher is' sicher.


Blöd war einfach nur, dass se' nich' aufgetaucht is'. Klar war er sauer. Er hatte irg'ndwie damit gerechnet. 's war sicher auf dem Mist von Athes gewachs'n un' die war'n bestimmt dabei die Aktion mit'm Gift alleine durchzuziehn. Dachte er zumind'st. 's war einfach blöder, dass der miese, kleine, verhurte Dreckssohn von 'ner Skritmutter nich' wartn wollte bis der Rotschopf zu ihm kommn würd. Anschein'nd hatte der irg'ndwelche Schläger angeheuert, die den Griesgram un' den Rotschopf schon vorher schnappn solltn. So ganz an 'nen Zufall kanner da nich' mehr glaub'n.


Zwei Tage nach'm geplatztn Treffn is' da so'n Blondchen – schon wieder blond, scheiße! - im Hals aufgetaucht un' hat nach "Al, Kor un' Lair" gesucht. So rein zufällig sin' die ander'n beidn dann auch prompt im Hals aufgetaucht. Als ob se' 's gerochn hättn. Jednfalls hatte das Blondchn 'ne echt miese Nachricht. Von wegn das "Miss Nell zu ihrer Hochzeit einlädt.." - so 'ne gequirrte Doylak-Scheiße! Klar hatter se' dann erstma' 'n bisschn durchgeschüttelt. So 'ne Scheiße kann man ebn nich' überbringn ohne 'n blaun Fleck mitzunehm. Ganz zufällig hatte Al dann aber so 'ne komische Nummer abgezogn – Marke gute Junger, böser Junge. War klar wer da den bösn gespielt hat.


Nachdem der Docht-Strang ordentlich geflochten ist, schiebt ihn das charmante Kerlchen in den Lauf und fängt an zu drehen – zu welchem Zweck auch immer. Es scheint fast so, als ob er gar nicht mehr aufhören will den Docht-Strang im Lauf der Waffe zu drehen ... bis er es sich dann anscheinend doch anders überlegt, den Docht-Strang aus dem Lauf zieht und zu dem 'Haufen' befördert.


's Blondchn hat dann auch gleich artig losgezwitschert. Wie so'n kleiner Moa. Nur irg'ndwie nich' so hässlich wie einer. Hat 'n Plan gezeichnet un' alles. War schon irg'ndwie hilfreich gewesn. Trotzdem wars 'n Blondchn un' würd irg'ndwann mal Ärger machn. War mit alln Blondschopfn so. Die machn immer Ärger! ... Jed'nfalls wurd dann direkt 'n Plan gemacht um'n Griesgram un' Rotschopf da raus zu holn. Er wurd echt überrascht 's der Trickser kein Feigling un' dieser Irre da 'n kleiner Feuerteufel is'.


Um das Ganze dann noch abzurundn wurd 'entschiedn' Kors Betthasn dazu zu holn. Von wegn gegn Magie un' so. Solange se' dicht haltn kann wars ihm nur recht. Soll se' doch bei allm mitmachn. Wenn se' nich' dicht hält wird se' schon mitkriegn was passiern kann. Hat jed'nfalls bereit erklärt irg'ndso 'n komischn Fokus zu holn gegen den Magier. Zwei, drei Leute mehr mit Waffn in den Händn wären ihm persönlich lieber gewesn. Aber was solls. Solangs funktioniert.


Die Schaumkrone aufm ganzn Abend war dann dieser kleine Frechdachs, der gelauscht hat - ganz zufällig. 's war schon 'nen süßs Ding gewesn. 'n bisschn jung un' so aber trotzdem lecker. Interessant war einfach nur, dass se' 'ne halbe Waff'nkammer dabei hatte. Wurfmesser, Pistole un' so. Für so 'ne ausgehungerte, halbe Portion war das schon fiel. Dafür hätt man sich sicher genug zu Essn holn können. Nach 'n paar dummen Antwort'n un' 'n paar mehr dummen Bemerkungen wurd se' dann einfach geknebelt un' gefesselt innen Schrank gesperrt. Ohne Kissn. Armer Frechdachs. Hatte immerhin rote Haare. Aber er un' die Andern konntn halt kein Risiko eingehn für morgn. Da durfte nichts schief laufn. Da wird nichts schief laufn! ... wie immer.


Nachdem er die Waffe schließlich und endlich mit dem speckigen, verdreckten Tuch noch einmal 'poliert' hat, zielt das charmante Kerlchen mit einem zusammen gekniffenen Auge auf den gegenüberliegenden Holzpfosten. Mit einem trockenen 'Klick' wird der Hahn gespannt ... und der Streuner drückt ab, was ein hohleres 'Klick' als vorher zur Folge hat. Die Waffe war schlicht nicht geladen.


"Die Hochzeit spreng'n wir, eh ..."


"I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it."
Evelyn Beatrice Hall; The Friends of Voltaire (1906)


"Oh mein Gott, er schluckt ihn ja wieder runter!"
Kay beim ersten Mal. (2016)