Der Legendenbogen

  • Der Legendenbogen


    Das alte gebogene Holz des Rasteingangs ziert mittlerweile so einiges an Zeug, so dass er mit der Zeit den Namen Legendenbogen erhalten hat. Jeder, der die Rast betritt, schreitet unter einem Stück Legende der Norn hindurch. Manche winzig klein, andere skurril und wieder andere, deren Geschichten mittlerweile älter sind als die meisten Norn. So ist es seit jeher Brauch, dass der Rastwirt oder die Vertreter der Sippe Weulfspakk dort die Legendträchtigen Schätze fest nageln.


    Folgende Schätze kann man am Legendenbogen entdecken, zu den meisten lässt sich eine Geschichte erzählen, die man sicherlich von jemand aus der Rastcrew mitkriegen kann.


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    Recht mittig, zwischen einem fast schon verrotteten Lederband und einem Eichhörnchenschädel, prangt ein abgebrochener Axtstiel. Der Größe nach zu urteilen war es mehr eine Holzaxt denn eine Waffe. Der Griff ist nicht nur von der Zeit verwittert, die er hier vor sich hin hing. Deutlich sieht man dem hellen Holz an, dass es lange Jahre von kräftigen Händen geschwungen wurde. Von der Klinge ist nichts zu sehen außer einem schmalen Streifen Rost um die ausgesplitterte Spitze.


    Man sagt, dies wäre die Holzaxt des ersten Rekkin Weulfson gewesen. Mit ihr hätte er das Borealisholz geschlagen, aus dem er die Rast erbaute - auch den Legendenbogen selbst.
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    Beim Hinausgehen rechts fangen auf Augenhöhe drei Knöpfe den Blick. In einer waagrechten Reihe sind sie mittig in das Holz genagelt. Einer ist aus Hirschhorn, einer aus Bronze und der dritte aus Perlmutt. Niemand weiß mehr die Legende, die dahintersteckt und so werden in heiter-trunkener Runde immer wieder neue erfunden. Die besten aus den letzten Jahren handeln davon, dass sie von den Westen draller Jungfern abgesprungen sind, wahlweise wird auch von Hosenknöpfen geredet. Welcher Legende sie wirklich erinnern sollen, weiß man aber nicht.
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    Zwischen einem getrockneten Büschel Heidekraut und einer weissen Hasenpfote baumeln drei zerbrochene Pfeile an bleichem Garn. Wenn der Ledervorhang nicht zugezogen ist, schaukeln sie im Zug, klackern leise aneinander. Das weisse Pfeilgefieder ist ausgefranst, dunkelbraune Flecken zieren es - einst waren jene Flecken wohl blutrot. Nur mehr zwei Pfeile haben eine Spitze und beide sind sie rostig und schartig.


    Es heißt, mit diesen Pfeilen hätte Sonia Agdridsdottir die frischgebaute Rast vor einem Haufen plündernder Jotun verteidigt. Vier konnte sie mit ihren Schüssen niederstrecken - von den restlichen drei Riesen wurde sie selbst blutig erschlagen. Sonia war des ersten Rekkin erstes Weib und obwohl er sich nach ihr noch weitere Gefährtinnen nahm, hat er ihren Mut und ihr Opfer nie vergessen.
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    Ein wenig über Kopfhöhe prangt auf der linken Bogenseite: Ein Angelhaken mit vier Bögen und grausigen Wiederhaken daran wurde angenagelt. Zwischen einem Schauflerstirnband und vier Haifischzähnen passt der Haken ja gut hin. Es heißt, dieses monströse Ding hätte in Sveta Hunnveigs Hinterteil gesteckt. Am Löwensteiner Strand hätte das Weib sich stumpf hineingesetzt und könne seitdem kaum mehr laufen.
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    Genau in der Mitte, hoch über den Köpfen die ein- und ausgehen, fällt einem etwas ins Auge.
    Ein Nagel hält den kleinen Zopfkreis aus rotem und blonden Haar, das fest um eine blutverfärbte Wolfskralle verflochten wurde. Worum es sich handelt, darüber sind keine Geschichten überliefert.
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    Auf der Innenseite des Bogens, genau in der Mitte prangt waagrecht ein zerbrochenes Großschwert. Die Klinge ist etwa eine Handbreit unter der Spitze entzweigebrochen. Das Bruchstück ist mit ein wenig Abstand daneben befestigt. Klinge und Parierstange glänzen frisch geschliffen und geputzt, obwohl man nie jemanden das Ding abnehmen sieht...
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    An der rechten Seite, nicht weit der Mitte, findet man das Horn eines Minotauren. Es ist schon ein paar Jahre alt und hat einige Kerben. Auf Nachfrage wird erzählt, das es sich um das Horn des Minotauren handelt, der bei einer Wilden Jagd anlässlich eines Midsonnfestes von sechs wilden Jägern die nur mit Dolchen bewaffnet waren und sonst wenig am Leib trugen, gejagt wurde. Die Namen sind noch in aller Munde. Rhunuk, Toivo, Grangar, Lenya, Carys und Aanika.
    Fragt man weiter wird gemunkelt, Rhunuk hätte das Horn zuerst für sich allein beansprucht, es aber dann zur Rast zurückgebracht. Fragt man in der Rast nach, wird man hören sie sagen das Rhunuk es Aanika zurückbrachte und sie es als Trophäe und Erinnerung an die Wilde Jagd an den Bogen genagelt hat. Fragt man weiter wird man hören, dass es ein Zeichen und Warnung zugleich ist. Jeder kann sein Horn verlieren, der eifersüchtig Ansprüche erhebt!
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    Auf einem eigens in den Bogenbalken getriebenen Ast sitzt ein merkwürdiges Tier: Aus hellem Holz geschnitzt, eher flach und mit Zacken bewehrt ähnelt es ganz vage einem Igel. Oder Lindwurm. Oder Eichhörnchen. Ein Beinchen fehlt allerdings und das eine Auge ist zu groß geschnitzt. Sehr geschockt sieht das Vieh also aus, wie es da oben am Legendenbogen hockt. Man hat einen alten Hüttenwirt es im Morgengrauen selbst anbringen sehen. Hochzufrieden und ziemlich begeistert sah er dabei aus, obwohl das Schnitzstück wahrlich kein besonderes Kunstwerk ist. Wer weiß, was da nun hinter steckt.
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    Hoch und mittig, direkt am Haupt des Torbogens prangt an der Außenseite ein besonderer Schädel. Bleiche Knochen waren einst Kopf eines Hasen, man sieht es an der Größe und der Form des Gebisses. Nichts Besonderes, möchte man meinen - wäre da nicht das verästelte Geweih eines Hirschen, das aus dem Hasenkopf herausragt...ganz recht! Ein Wolpertinger ist nun vom Weg oben bereits als Willkommen am Rasthof zu sehen. Es heißt, jenes seltene Tier wurde am Jahresfest von einer jungen Jägerin als Geschenk gebracht.
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    An wenig aufsehenerregender Stelle, nämlich aus einem Astloch knapp über Kopfhöhe auf der linken Seite, wächst eine einzelne Blüte, deren Pflanze niemand kennt. Nur die ehemalige Rastwirtin Aanika Weisspelz und Eik Legendensänger selbst wüssten wohl, was es mit dieser Blüte, die aus dem Holz selbst zu wachsen scheint, auf sich hat. Ein Sproß der Rast, der auch auf härtestem Holz gedeiht, so munkelt man.
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    Am linken, unteren Bogenende der Rastpforte wurde eine Pfeilspitze eingeschlagen. Um sie herum baumelt fest verknotet eine Kette aus grobem Garn. Knochen, Kralle, Bernstein und Ast sind mit komplizierten Knoten zusammengefügt worden. Alles ist dunkelbraun verschmiert, um die baumelnde Kette herum zieht sich auf dem alten Holz des Torbogens eine Rune aus getrocknetem Blut. Niemand scheint zu wissen, was es damit auf sich hat.
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    Dort, wo sich innen entlang des Bogens der braun-weiße Wollschal der "Hoelbraker Heuler" windet, hängt ein weiteres Teil: Mittig in die Maschen hinein wurde eine zerbrochene Daube genagelt, das eingebrannte Wort "Frusen" ist darauf zu lesen. Darunter prangt ein Autogramm: "Wildsau"!
    Man munkeln, dass es sich hierbei um ein Geschenk der Hilja Ruutu handelt, Sturmklopperin bei den Isenfaller Jotunbrechern. Ob da etwas dran ist, weiß man aber nicht mehr genau, aber eins steht fest, es gab wohl den ein oder anderen Fan von Fasskeilen an der Rast.
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    Hoch oben auf der Innenseite des Bogens, brachte einst die Jungwirtin Tuula Eidsvag von den meisten einfach nur Lücke genannt, ein Stück an. Ein langer verfilzter Haarzopf, im selben rot wie die Mähne der einstigen Hüttenwirtin, baumelt durch einen Nagel gehalten, am Bogen herab.
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    An der Innenseite des Bogens, linkerhand und etwa auf Kopfhöhe eines durchschnittlichen Norn, wurde ein Zettel angebracht, bekritzelt mit zwei Figuren und einem Napfküchlein. Während die linke Figur Tränen vergießt, lacht die rechte glücklich. Ob es wohl von einem Kind gemalt wurde? Wer es letztendlich war, der dieses Stück zum Bogen beigetragen hat, wissen wohl nur wenige - die, denen die Bedeutung dieses Zettels vom ehemaligen Rastwirt Thrym erklärt wurde. Und die Lücke, die scheint es auch zu kennen. Beide gehen mit einem Schmunzeln an diesem Bildchen vorbei.


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    Ein weiteres Kleinod hat seinen Platz an den Legendenbogen gefunden. Eine bronzene Scheibe, die genau in der Mitte am Scheitel des Bogens hängt. Wie eine kleine Sonne scheint sie herabzustrahlen auf die, die die Hütte betreten oder verlassen. Unbekannt ist ihr Erschaffer, unbestimmbar ihr Alter und namenlos die Geister, die ihren Segen über diesem Stück Kupfer gesprochen haben. Reichlich verziert ist sie, mit mythischen und detaillierten Mustern und Formen.
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    Neben der Zeichnung mit den Figuren und dem Küchlein hängt eine Art Postkarte. Ein Asura ist darauf zu sehen, der eine Rose in Händen hält. Manch einer mag den Kleinen erkennen und wohl auch wissen, dass der blonde Rastwirt ein glühender Verehrer des selbigen ist.


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    An einem Nagel hängt nun ein Lederband mit einem hölzernen Amulett daran, darauf abgebildet sind die Tiergeister. Schneeleopard, Bär, Rabe und Wolf sind besonders schmuckvoll ins Holz eingearbeitet worden, wobei der Wolf etwas vergrößert im Vergleich zu den anderen nach Norden zeigt.


    Das Schmuckstück hängt für Nornverhältnisse nicht besonders hoch am Eingang der Rast, scheint jedoch von der eigenen Größe her ursprünglich für einen Vertreter dieses Volkes gefertigt worden zu sein.
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    Ein hölzernes Abbild auf dem das, für den einen oder anderen wohl
    bekannten, Gesicht eines Norn des Wolfsrudels zu erkennen ist. Während man im Hintergrund einen halben Rabenkopf und einen halben Bärenkopf zu sehen bekommt welche sich in der Mitte des Bildnisses treffen.


    So wacht dieses Abbild am rechten Außenpfosten des Legendbogens, während das Feuer der Rast es mit leichtem Licht- und Schattenspiel fast schon mit Leben erfüllt.
    Die neue Wirtin Arya soll man des öfteren vor diesem Kleinod stehen sehen, was es damit auf sich hat, wird sie sicherlich erzählen, wenn man sie fragt.
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    Schon seit vielen Mondumläufen hängt ein unscheinbar wirkender Axtkopf am Legendenbogen, welcher zwischen den anderen Legendenstücken ruht und seine Aufwartung mit den anderen teilt. Genau betrachtet kann man auf der Seite der Axtschneide in Nornischer Runenschrift den Namen 'Einar Thorvason' erkennen. Offenbar soll seine Legende nicht vergessen werden, weshalb es die Schamanin Fraja Tamon höchstpersönlich war, welche den Axtkopf an Juno, der ehemaligen Rastwirtin übergab.


    Seine Legende mag noch nicht den Weg zu den Skalden gefunden haben, aber sein Abbild wird ewig auf dem Bogen der Legenden zu finden sein.
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    Zur linken Hand, wenn man die Wirtshütte betritt, wurde eine kleine Laterne angebracht. Darin befindet sich stets eine brennende Kerze. Für Norn gerade so auf Höhe des Bauchnabels findet man diese, wohl damit die ehemalige Wirtin selbst auch regelmäßig das Licht auswechseln kann.


    Wohl soll es all jenen ein Gedenken sein, die bereits in die Nebel gegangen sind und stets an diese erinnern. Hilda, die Rastköchin weiß bereits davon zu berichten. So soll es wohl ein Brauch der Flachländer sein, welchen die Jungnorn Astrid aufgegriffen hat.
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    Als Erinnerung und Andenken wurde wohl auch etwas an der Innenseite im Eingangsbereich angebracht, eine Hölzerne Tafel, in die die Namen aller bisherigen Rastwirte und Wirtinnen wohl hinein gelötet wurde. Direkt neben dem Legendenbogen zeugt dieses Kleinod von den vergangenen Tagen und der langen Tradition von Rekkins Rast.
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    Kaum ist die neue Wirtin in der Rast tätig nagelt sie auch schon ein neues Teil an den Legendenbogen, dabei handelt es sich um eine gut 30cm große Holzscheibe auf denen folgende Worte geschnitzt wurde:
    „Ein Champion Jormags ist gefallen! Jhavi, die Erbin von Jora führte die Schlacht an. 1333 das Jahr in dem das Volk der Norn einen neuen Teil der Geschichte geprägt hat!“
    Die Holzscheibe ist reichlich verziert, die Abbilder der vier großen Geister sind darauf zu sehen, aber auch die der Verlorenen.

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