Information/Lesewarnung
Stark gewalttätige Inhalte - Kampf, Blut, brechende Knochen
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Krieg, sagen die Leute... Krieg bleibt immer gleich. Am Ende, sagen sie, verlieren alle.
"Haltet die Jade-Kanone um jeden Preis!", schrie ein Ritter des Mantels. "Um jeden Preis!"
Der Kultist warf sich in den Weg und wurde mit lautem Krachen zerrissen. Blut und Gedärme flogen umher. Nur zwei der Granaten fanden ihr eigentliches Ziel, und die rötliche Barriere waberte ungebrochen vor sich hin.
"FÜRCHTET DEN ZORN BALTHASARS!", brüllte der Priester mit aller Kraft seiner Kehle, dumpf ob des Helmes. Er sah die Welt durch einen schmalen Spalt, fasste seinen Hammer mit beiden Händen, während er dicht hinter Viamon den Strand erstürmte.
"Für Balthasar!!", schrie auch der Korporal.
Soldat Fischer zückte aus brüllendem Lauf sein Schwert.
Die Kanone hatte aufgehört zu feuern. Im Schutz der durchscheinenden Blutsteinkuppel thronte das unheilige Ding auf seinem Holzgerüst, während die Besatzung sich den Angreifern zuwandte. Ein Magier rammte seinen Stab in den Boden und begann zu zaubern. Nahe beim Wabern der Schutzkuppel wob eine Nekromantin dunkle Energie.
"Ihr Narren!", rief ein weiterer Ritter. "Kommt! Kommt und sterbt!"
Vor ihnen brach das Erdreich bebend auf, bildete kleine Löcher und Erhebungen, während eine modrig stinkende, gurgelnde Masse sich darüber formte. Korporal Viamon fing seinen Lauf ab und riss die Arme zu den Seiten auseinander, um seinen Mitstreitern Einhalt zu gebieten. Der Priester bremste knurrend und schliddernd, seine Panzerstiefel pflügten tief durch Sand und trockene Erde. Fischer, schneller zu Fuß und weiter voraus, hatte bereits einen Fuß in der nekrotischen Brühe.
Wenige Meter voraus peitschte die Stimme des Ritters mit Spott. "Was ist los, Priester?! Lasst Euren Worten endlich Taten folgen, ihr Feiglinge! Kommt!!" Pok, pok, pok. Wüst pochte der Blasphemiker mit einem Streitkolben auf seinen Schild.
Der Boden bebte erneut, und der Priester trat einen Schritt zurück, ließ instinktsicher den Hammer sprechen. Sein Hieb zerbrach den Felsdorn, der blutsteinglühend aus dem Erdreich barst. "Befehle, Korporal!"
"Auffächern! Verteilt e-uargh!" Ein zweiter Dorn schoss empor, bohrte sich in Viamons Flanke und färbte den hellen Waffenrock rot. Untotes Ungeziefer war aus der üblen Brühe gesprungen, und Soldat Fischer fuchtelte wild mit dem Schwert, um es loszuwerden. Schmerzgeplagt riss der Korporal seinen Schwingenschild hoch, und ein blauschimmernder Schutzzauber wölbte sich über ihre Köpfe.
Der Priester beschloss, nicht darunter zu verharren. Befehl ist Befehl. "Euer taktisches Geschick überrascht mich!", lachte vorne der Ritter. "Ihr solltet die Rüstungen an richtige Seraphen zurückgeben!" Der Priester Balthasars zog seine Fackel vom Gurt. Als der Sigill im Hammerkopf aufglühte und die lange Waffe fauchend in Flammen hüllte, führte er Hammer und Holz hoch überm Kopf zusammen, ließ die Flammen greifen. Balthasar, gib mir Kraft. Nach vorn ausscherend rammte er die Waffen nieder. Der pechgetränkte Fackelkopf schmorte und brach, genauso wie der Boden. Eine berstende Welle aus Flammen riss das Erdreich auf und schuf eine schwelende Schneise, an deren Ende dem Spötter das Lachen im Halse stecken blieb, als der Feuerbrecher ihn von den Füßen holte. Irgendwer ließ blaue Wächterflammen zwischen den Rittern des Mantels empor lecken, die sich stürmisch mit den orangeroten vermischten.
Der Priester kam mit tosendem Stahl als Erster durch die Feuer der Vergeltung, schwenkte den brennenden Streithammer weit kreisend mit beiden Händen, Hiebe links und rechts verteilend.
"BRENNT!", gellte Arondal Khiraj, irgendwo im Hintergrund.
Ja, dachte der Priester. Brennt. Er fällte zwei Ritter auf einmal; Der erste knickte bereits ein, schreiend inmitten all der Magie, und er traf ihn hart am Harnisch, sandte ihn vollends auf den Rücken. Zu seiner Rechten erhob sich der angeschlagene Spötter, zog einen Dolch, doch der Priester war schneller. Derb verbog sich der Stahl des weißen Helms, der Schädel darunter brach mit mattem Crack und Blut spritzte durchs dichte Visier, als der Ritter tot zu Boden fiel. Ringsum ging Khirajs Werk nieder. Ein Meteoritenschauer schwerer Feuerbälle schoss vom Himmel herab, donnerte auf die Blutsteinkuppel ein. Glorreich. Eines der mächtigen Projektile zermalmte den feindlichen Elementaristen, der gerade mit einem Erdzauber einzuschreiten versuchte. Der Priester stand mitten im Flammenmeer. "Mehr.", schnaufte er unter seinem Helm, den Hammer noch immer im Schwung, doch der Lärm des Infernos erstickte alle Worte. "Mehr!" Er war vor lauter Feuer beinahe versucht zu lachen. Hinter ihm brüllte Viamon etwas. Zu spät sah er die Nekromantin und ihre okkulten Gesten; hörte das Knirschen und Schmatzen von Fleisch zu seiner Rechten und riss den Kopf herum, erkannte weswegen der erste Ritter wirklich eingeknickt war.
Aus der Rüstung des Toten brach eine unförmige Masse aus Knochen, Blut und wildem Fleisch hervor, begann sich zu erheben. Er schwang den Streithammer mit voller Kraft darauf nieder, versengte Gewebe und brach Knochen, doch der Fleischgolem wuchs einfach um den brennenden Hammer zusammen und schwenkte einen unförmigen Arm. Nur zu. Der Hieb traf seine Rüstung mit Kraft, und wo der Stahl sich andellte, schoss eine Welle aus Schmerz seine Flanke hinauf. Der Hammer entglitt ihm und blieb stecken, noch immer brennend durch den Sigill, und er wankte schwungvoll davon. Einen Herzschlag lang war der Schmerz heftig, seine Sicht verschwamm, der Atem rasselte. Feuer, Schreie, Explosionen und Waffenlärm lagen in seinem Rücken, die Blutsteinkuppel nicht weit zu seiner Rechten. Er fühlte die chaotische Macht mit heißen und kalten Fingern zugleich an sich nagen. Danke. Nur noch wenige Meter bis zur Nekromantin. Sie hatte ein junges, hübsches Gesicht. Mit ihrer gebräunten Haut und ihren rasierten Schädelseiten erinnerte sie ihn trotz der türkis gefärbten Haare ein Stück weit an Mavey. Ändern wir das. Er hievte sich vorwärts und bekam sie am Hals zu fassen. Sie schrie auf, als plötzlich ein Messer aus ihrer Schulter ragte, aber der Priester achtete nicht darauf wo es herkam. Er packte ihren Kopf von beiden Seiten und drückte der Frau seine gerüsteten Daumen in die Augen. Ihr Schrei wurde zu einem schrillen Kreischen, als ihre Augäpfel zerquetscht wurden. Hektisch griff sie nach seinen Armen und bekam nur harten Stahl zu fassen. Ein Schuss knallte nicht weit entfernt, aber er hielt nicht inne. Heißes Blut quoll in dicken Strömen über die Panzerhandschuhe, während seine Daumen bis zum Ansatz in den Augenhöhlen versanken und er mit aller Kraft auf ihren zierlichen Schädel eindrückte. Sie kreischte und kreischte, und er brüllte zurück, und dann kam das laute KRACK, als er an ihrem Schädel grob in gegensätzliche Richtungen presste und der Knochen unter seinen Händen nachgab. Ihr blutüberströmtes Gesicht verlor jede Form und Substanz, und sie hing schlaff in seinem Griff.
Sein Atem ging schwer und kehlig, als er nach links herumfuhr. Weiter. Der Fleischgolem war zerplatzt, überlastet von zu viel Feuer und abgetrennten Gliedern. Soldat Fischers Rüstung war genauso blutbesudelt wie die Klinge seines Schwertes, und die Flammen brannten niedrig, während das rötliche Leuchten der Blutsteinkuppel sich schummrig gegen die Dunkelheit abhob. Khirajs Zauber hatte fast Nichts ausgerichtet. Der Priester entdeckte keinen Schützen, doch die knorrige Eiche auf dem Hang oberhalb der Artilleriestellung verriet ihm alles, was er wissen musste. Und doch gab es Nichts, das er hätte tun können. Ein weiterer Knall, auflohendes Mündungsfeuer in der Baumkrone, und Soldat Fischers Kopf ruckte zur Seite.
"GEBT ACHT!", schrie der Priester, sinnlos; Zu spät. Das Loch im Helm des Seraphen war nicht rückgängig zu machen. Ellis Fischer würde niemals in die Reihen der Kameraden oder die Arme seiner Frau zurückkehren. Der Priester grollte rasend und warf die tote Nekromantin nieder, während Fischers Leichnam zusammenbrach.
"Jetzt!", tönte Viamon, irgendwo viel zu weit nördlich.
Der Streithammer war verklebt mit Blut und verschmortem Gewebe, als der Priester Balthasars ihn aus den Überresten des Fleischgolems fischte, den Hang hinauf stürmend. Nördlich entlang des Strandes, von wo aus sie gekommen waren, preschten zwei weitere Ritter des Mantels auf Torres und Khiraj zu, die inmitten von Blut und aufgewühltem Erdreich auf dem Grund lagen, während Viamon eine blauschimmernde Zuflucht heraufbeschwor, um die Angreifer abzuhalten. Zwei Verräter mehr, die zu erschlagen er sich verzehrte. Der Weg war frei. Doch da kam der Läufer endlich über den Strand gerannt, ungerüstet mit fest umgriffener Bombe, und rannte gen der Kanone so schnell er nur konnte. Der Priester kannte seinen Namen nicht - und musste ihn nicht kennen, um zu wissen dass mit dem Erfolg dieses Mannes alles stand und fiel. Er fletschte die Zähne, verbannte die wüsten Rufe der Mantler bei Viamon aus seinen Ohren und zwang sich schnaufend den Abhang hinauf, so schnell die Rüstung und sein schlechtes Bein es zuließen. Nicht schnell genug. Der nächste Knall ertönte. Nicht schnell genug... Doch der Läufer strauchelte nur und rannte zähnefletschend weiter, vorbei an ihm und weiter auf die rote Kuppel zu. Der Priester sah sich nicht um, hielt sich dicht bei der nächsten Felsformation, während er sich selbst weiter drängte.
"Hey!", rief eine fremde Stimme, irgendwo hinter ihm. "Nicht! NICHT!"
Er tastete aufwärts, seine Linke glitschig vor Blut, brauchte drei Anläufe um das Visier des Helmes nach oben zu klappen. Sein Sichtfeld weitete sich drastisch, aber er sah nur das Mündungsfeuer über sich. Die Kugel schlug funkensprühend in seinen Harnisch. Der Schmerz war stechend, doch er hielt ihn nicht auf. Fünf weitere Schüsse knallten in rascher Folge, als er am Felsen in Deckung ging, aber keine der Kugeln schlug auch nur in seiner Nähe ein. Nicht doch, nicht.. Aber als er zurück sah, lag der Läufer krampfend im Dreck und zog eine Blutspur hinter sich her, während er auf die abgeschirmte Kanone zu kroch. Es fehlten nur wenige Meter. Ein Mantelritter rannte auf Abfangkurs, aber die Lunte brannte bereits, und der Priester knurrte und wandte sich kein zweites Mal mehr um. Im Blätterdach knallten erneut Revolverschüsse, aber er war bei der Eiche angelangt und fand Sichtschutz unter den schweren Ästen. Der Hammer fiel dumpf ins Gras, und er krallte beide Hände an der Rinde des Baumstamms fest. Es hatte einige Tage nicht geregnet. Vergib mir, Melandru. Das Blut der Nekromantin dampfte und kochte auf dem Stahl seiner Panzerhandschuhe, und er fletschte die Zähne. Sein Griff zitterte mit rasender Hitze, die Flammen leckten gierig an der schwelenden Rinde. Als Rauch nach oben stieg und das Feuer die alte Eiche zu umschlingen begann, raschelte oberhalb das Blattwerk.
Ein Schemen sprang von Ast zu Ast, tauchte ab und überbrückte die letzten Meter im freien Fall. Der Sucher des Weißen Mantels rollte sich fließend im Gras ab, kam auf die Beine und blickte ihn an. Der Verräter trug die rot-weiße Lederuniform seiner blasphemischen Zunft, doch er war nicht vermummt, sein dunkles Haar militärisch kurzgetrimmt wie das vieler Seraphen. Die wettergegerbten Züge eines gefassten Veteranen sahen ihm entgegen. Revolver und Flinte fielen ins Gras, als der Mann einen scharfen Langdolch zückte und abwartend in Ausfallschritt trat. Ein ausgedehnter Augenkontakt sagte alles, was zu sagen war. Sie verstanden sich in einer Sprache, die keiner Worte bedurfte. Der Priester löste den Kinnriemen seines Helmes und ließ ihn polternd zum Hammer ins Gras fallen. Er ließ das Gladius in der Scheide, senkte langsam die Arme. Seine Fäuste ballten sich lederknarzend, Panzerglieder klackerten leise. Der Sucher rotierte seinen Dolch knapp ums rechte Handgelenk und bekam ihn gekonnt wieder zu fassen. Winkelte die Linke als Deckung an. Hektische Rufe hallten vom Strand herauf - dann explodierte die Bombe mit solcher Wucht und Lautstärke, dass der Boden bis zum Baum hinauf bebte.
Sie warfen sich einander entgegen.
"RÜCKZUG!" Viamons Stimme. Fern, so fern.
Der Sucher wich nach links aus, um nicht gerammt zu werden. Die Klinge schnellte nach oben, glitt funkenkreischend am Stahl ab, als der Priester mit dem linken Unterarm blockte. "Ihr.." Die rechte Plattenfaust hämmerte vor, doch der Sucher riss seine Deckung hoch und wankte unter der Wucht nach hinten. "..zieht Euch.." Breitbeinig verharrte der Priester, als sein Gegner mühelos neuen Fuß fasste, sein Gewicht auf den rechten Fuß verlagerte und den Langdolch in einem geschmeidigen X durch die Luft zog. "..zurück." Der Mann lächelte.
"Ihr denkt doch nicht wirklich, dass ich Euch den Rücken präsentiere, Häretiker. Ist das schon alles?"
"In fünf Minuten sind unsere Leute hier und Eure fort. Entscheidet Euch... Priester."
Sie standen einander gegenüber. Der Körper des Suchers war angespannt bis in die letzte Faser, reaktionsschnell und bereit für jeden Angriff. Man musste einen Gegner wertschätzen, der den Kampf zugleich ernstnahm und begehrte. Noch immer lächelte der Mann, aber es lag kein Spott in seinen Worten. Keine heidnische Ergötzung. Was immer ihn in die Reihen des Weißen Mantels geführt hatte, es konnte nicht der Glaube sein. Aber das ist keine Absolution. Über ihren Köpfen knisterte es. Inzwischen stand der gesamte Baum in Flammen. Schwarze, schrumpelnde Blätter trudelnden brennend zwischen ihnen nieder. Einen Moment lang ließ der Priester seinen Blick schweifen, gen des Waldes und der Straße nach Neulehmwald. Schemenhaft konnte er Hadricks Bogenschützen an den kruden Feldzäunen erahnen, ihre Bögen hoben und senkten sich, während Pfeile und Feuerbälle hin und her flogen.
"Befehl ist Befehl.", sagte er schließlich. Starrte dem Sucher des Mantels noch eine Weile lang in die Augen. Dann schließlich wandte er sich langsam ab und stapfte zurück zu seiner Ausrüstung am Fuße des heiß brennenden Baumstamms. Er spürte seinen Herzschlag zur Ruhe kommen, als er sich vorwärts beugte. Hörte die Stiefel des Kultisten im Gras, als dieser sich Schritt um Schritt nach hinten schob.
Der Priester zog das Wurfmesser aus der Unterarmschiene und fuhr herum.
Der Langdolch des Suchers sauste haarscharf an seinem Kopf vorbei, hinterließ einen Streifschnitt knapp oberhalb der Schläfe und schlitzte durch sein Filzhaar. Im selben Moment griff der Mantler sich an den Hals, aus dem die andre Klinge ragte, und sank gurgelnd auf die Knie, als Blut durch seine Finger quoll. Die Rechte des Suchers tastete am Gürtel nach etwas, und der Priester beugte zähnefletschend das Knie, bekam mit links den vom Blut glitschigen Hammerstiel zu fassen und griff mit der Rechten um. Als er sich plattenwummernd abstieß, fegte der Hammer aufwärts wie ein riesiges Pendel. CRACK! Blut spritzte, Zähne flogen, Schädelknochen brach. Der Sucher stürzte hart zu Boden.
Aber es gab keinen Knall. Keine Granate ging hoch. Ein kleines Stück Papier trudelte durch die Luft und fiel schließlich sanft auf den Brustkorb des Toten. Es war ein Bild; Das Bild einer blonden Frau, lächelnd und lieblich. Der Priester nahm seinen Helm und richtete sich schwerfällig auf, während rote Ströme sich ihren Weg über den leblosen Körper bahnten und langsam über das Bild hinweg flossen. Für den Moment verharrte er, betrachtete die jüngste Ergänzung einer langen, langen Liste. Reglos lag der Ketzer im Dreck, das blutige Wurfmesser in der Linken. Es gab keinen Namen. Namen waren Schall und Rauch.
Er wandte sich ab und stapfte den Hügel hinab. Die Flammen Balthasars leckten gierig empor, und die Blutsteinkuppel flackerte. Angeschlagen, aber existent. Die Mission war gescheitert. Schmorendes Astwerk brach hinter ihm aus der Krone des sterbenden Baumes und badete den Leichnam in Feuer. Er blickte sich nicht um.
Krieg. Krieg bleibt immer gleich. Für mich gibt es immer den nächsten.
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