(spoilernde) Schlagwörter
- grauselige Details
- Gewalt
- sexuelle Nötigung
- Blasphemie!
- Jaroyesh
Geschichte
Herzlos in Orr
Eine Ewigkeit lag sie da. Im Sand. Im nassen Sand, neben den Toten, neben Dwaynas abgebrochenem Flügel und ihrem zerschlagenen Marmorleib, bei dem riesenhaften, mutierten Harpunier, neben der korallenbewachsenen Frau ohne Unterkiefer. Alle reglos.
Sie atmete immerhin noch.
Der Regen hatte wieder aufgehört.
Sie war so platt und ausgelaugt, dass das Liegen in Rüstung bequem oder zumindest das unangenehme dabei egal geworden war. Jaroyesh breitete die Arme im Schlick aus...schob sie zum Kopf, senkte sie wieder.
Ein Sand-Engelchen..., dachte sie und sah zum Korallenluder, schaute ihr ins Gesicht oder viel mehr die Reste davon. „Ein Todesengel.”, sprach sie stolz und benommen.
Sie hatte wirklich lange nichts mehr getrunken. Nichts flüssiges außer Alkohol hier draußen.
Das Korallenluder schien nicht beeindruckt.
„Bist du der Todesengel?“, fragte eine vertraute Stimme.
„Mhm.“, antwortete Roy einfach mal.
„Das machst du schön, aber pass auf die Seeigel auf-”
Moment. Das war doch...“Maa?”
„Roy.”
„Du?“
„Ja...wieso liegst du hier denn herum?”
Die Frau die neben ihr saß trug die messingfarbene Rüstung der Löwengarde, das fehlende Auge von einer schweren, ledernen Augenklappe verdeckt, Charakterfalten und Grüblein um die erhobenen Mundwinkel. Eine Narbe über ihren Lippen. Sie pustete Roy ihren Pfeifenqualm ins Gesicht.
Ja, das war Mama.
„Ich dachte du bist jetzt ein Strand?“
„Tja! So kann man sich irren.“, lachte sie kehlig.
Roys Mundwinkel wanderten in die Höhe. “Na komm! Ich hab' dich doch selbst auf der Klaueninsel verstreut.”
„Hast du? Du glaubst auch alles. Woher willst du wissen, dass das meine Asche war? Die haben alles auf einen Haufen gelegt und angezündet. Da können die viel erzählen.“
Sie lachten, Roy schloss die Augen.
„Und warum bist du hier, Ma?”
„Seelischer Beistand.”
„Also...dann warst du nie untot?“
Mama sagte dazu nichts.
Roy blickte kurz gen ergrautem Himmel, seufzte...und Mutter war wieder verschwunden...nein, war nie da gewesen. Etwas ganz anderes saß in Wahrheit neben ihr, beobachtete sie. Schon eine ganze Weile, schweigend. Sie hatte für einen Moment Hemmungen, hinzusehen. Es war ganz bestimmt nicht Ma.
Sie drehte den Kopf langsam nach links -
die Untote hatte sich aufgesetzt, mit ihrem deformierten, zerschlagenen Gesicht sah sie Roy an, beobachtete mit leeren, korallenumwucherten Augenhöhlen...ein Geräusch, einem Atmen, einem Röcheln ähnlich.
„Chrrr...hhh.....chhhhrrr....hhhhr....“
Eine Weile starrten sie sich an. Sie war verdammt hässlich. Selbst mit Unterkiefer wäre da nicht viel zu machen gewesen.
Dann sprach es.
„Roy...?“, erklang die kehlige, untote Stimme des Wesens, ein Zahn fiel ihr aus dem Mund.
Das war neu...und irgendwie verstörend. Wieso kannte das Ding ihren Namen?
„...was?“, fragte sie trotzdem, hoffend, dass es doch ein Zufall war.
Wieder nur Atmen. „Chrrr....chhrrrr....“
„Was denn?“, hakte sie nach.
„...nichts.“, antwortete das Korallenluder.
„Das klingt...echt deutlich...dafür dass du keinen Unterkiefer mehr hast.", bemerkte Roy. Aber Magie machte sowas wohl möglich. Sie musterte sie. Der Kiefer war ab, ihr fehlte ein Ohr...
„Der Kiefer ab, ihr fehlt ein Orr...Lieselotte kam aus Orr!!“, erinnerte sie sich an ihren Trinkspruch, den sie unter ihren Kameraden etabliert hatte. Damals wusste sie nicht, dass Orrianer eigentlich nicht Liselotte hiessen. „Du bist die Liselotte!“, rief sie begeistert.
Liselotte sah sie einen Moment an...und lachte.
Und Roy lachte.
Sie lachten!
Das Leben war schön.
„Lotte, ich sag's ungern aber du bist verdammt hässlich!“, prustete sie.
Lotte gluckste kehlig, sprach dann monoton. „Wahre Schönheit kommt von iiiihnnen.“
Da grinste Roy, sie fielen sich in die Arme, drückten sich, schlossen die Augen. Oder zumindest Roy schloss die Augen, Lottes Augenlieder waren ja schon von Würmern gefressen worden!
Als sie die Augen öffnete, lag Liselotte wieder in der verkrümmten Position, in der sie sie getötet hatte, Roy hatte die Arme um sich selbst geschlungen.
Sie räusperte sich. Wäre auch zu...interessant gewesen.
Aus dem Schlick vor ihr schob sich jetzt allerdings ein langer, dünner Stachel in die Höhe. Krümmte sich wie ein Spinnenbein. Verharrte, wehte wie ein Halm im Wind...eine von Zhaitans Klauen, wie man sie nannte. Ein Hieb mit einer scharfen Waffe und die Dinger waren erledigt. Nur hatte sie so eine Waffe gar nicht. Als sie aufstehen wollte, merkte sie erst ihre Lähmung.
Nichts ging.
Sie war überall gelähmt, nur den Kopf konnte sie leicht bewegen. “Ma?”, wollte sie sagen, aber die Mundbewegung war so anstrengend, es kam nur ein "...gnhhhm.” heraus. Unmöglich war es den Arm zu heben. Und ihr Atem? Es fühlte sich so schwer an, als läge ein unendlich schwerer Grabstein auf ihr. Oder hunderte Orrianer.
Die Klaue schnellte hervor, rammte den Stachel blitzschnell durch die Platte, in ihre Bauchdecke. Sie konnte nicht vor Schmerzen aufschreien, da folgte schon der nächste Stich, dann noch einer. Teilnahmslos sah sie zu, wie ihr Körper durchlöchert und mit Blutfontänen überschwemmt wurde. “Wie löchriger Käse...” dachte sie sich noch und schloss die Augen. Ein lautes Kreischen entstand an ihrem Ohr, kam näher, als dringe es durch den Gehörgang in ihr Hirn.
Ihr Herz begann zu hämmern, immer fester.
Mit verschwommenem Blick sah sie an ihrem blutigen Leib hinab...ein Druck in ihrer Brust, ein Hämmern. Von innen dagegen. Die Rippen schmerzten. Es drückte...
Ihr Brustkorb, auch die Brustplatte platzten auf wieder Papier- und etwas kam heraus.
Es taste, krabbelte. Krabbelte mit glitschigen, blutigen Füßen.
Das war ihr Herz!
Es krabbelte quiekend zur ihrem Gesicht, das Herz.
"Glub-glub. Glub-Glub.", teilte es mit.
Die Blutgefäße, die dem Herz als Beine dienten, sie troffen natürlich vor Lebenssaft, bald war ihr Gesicht rot.
"Herz du...du...mhhhchst jhha alles dreckig!", sprach sie angestrengt.
Sie musste kichern.
„Glub-Glub?“
"...kkkhhitzelt!"
"Glub-gluuub....gluuu-"
Es sagte nichts mehr.
"Herz, hhhlles...gut?"
Es redete nicht mehr, krabbelte über ihr Gesicht. Lief davon in Richtung Strand, einfach weg. Ins Meer!
"Herz bleib dhha!, krächzte sie.
Es krabbelte weiter.
„Herz...bleib' dhhoch da!“
Es drehte sich nicht mal um zum Abschied.
"Ich habe doch...khheinen sonst!"
Es lief weiter.
"Herz bleib' bitte da!!", presste sie hervor.
Tränen sammelten sich in ihren Augen.
Was hatte sie getan, das dass Herz sie nicht mehr wollte...?
Ihre Sicht verschwamm unter den Tränen noch mehr, das Herz lief immer weiter fort.
"Bleib doch hier Herz...", keuchte sie. Kaum noch Luft bekam sie, die Lider flatterten.
"Bhhitte...bitte...komm wieder zurück...", murmelte sie.
Präsenzen waren da. Viele Präsenzen.
Schlurfende Schritte im Schlick. Geruch von Weihrauch. Mit einer Bratfischnote.
Ein großes Wesen in dunkler, zerfetzter Robe.
Es blieb neben ihr stehen. Es wurde begleitet von einer Prozession weiterer seiner Art. Seine Arme umklammerten eine Kette mit einem rauchenden Kessel. Aber seine Hände waren knochenlos, wie Fangarme einer dunkelgrünen Krake schlossen sie sich um das rostige Metall. Es hatte einen Kopf, doch kein Gesicht. Der Kopf sah aus wie eine Blumenblüte. Doch keine schöne Blume, eine dunkle, modrige Blume. Wie eine faulige orrianische Seeanemone, überwuchert mit toten Korallen. Manche von ihnen hatten Krebsscheren als Hände, gesichtslose Seeigel als Köpfe.
„Komm' mit uns.“, bat das Wesen in einer grellen, warmen Stimme. Sein Inneres leuchtete dabei in grellem Blau auf.
In der Ferne, wie aus einer anderen Welt, erklangen tiefe Hörner.
„Wohin denn?“, presste sie hervor.
„Wir verlassen diese Welt.“
„Ah...nein ich bleib' noch...“
„Es geht alles zu Ende, komm mit uns.“, bat das Geschöpf nochmals geduldig.
„Ich lieg hier grad gut... Alles gut...“, keuchte sie erstickt.
„Dein Herz ist schon gegangen.“, sagte das Wesen.
Sie schüttelte leicht den Kopf, mehr Bewegung war nicht möglich.
„Nein...nein es kommt wieder....“, kam es angestrengt.
„Es ist vorangegangen in die neue Protorealität. Diese Dimension zerfasert. Komm' mit uns, Roy.“
Hä?
Schwach schüttelte sie wieder den Kopf.
Die Wesen begannen tief und kehlig zu singen. Wie dieser canthanische Mönch, den sie als Kind in Löwenstein gehört hatte. Die Hörner erklangen weiterhin.
Sie beobachtete die Prozession bei ihrer ewig wirkenden Wanderschaft. So viel Kraft hatte sie noch.
Liselotte war aufgestanden und mit ihnen mitgeschlurft, ebenso der Harpunier und der Ankermann, auch all die anderen Orrianer.
Aber das musste sie sich nicht geben. Sie blieb lieber liegen.
Da war auch eine Norn, blutig, mit zerfetzem Gesicht, die herunterhängende Hautlappen wippten bei jedem wackeligen Schritt.
„Svantje?“, keuchte sie.
„Roy! Kommst du denn nicht mit?“, krächzte die Norn.
„Nein...ein...andermal vielleicht. Heute nicht. Ich bleib' hier liegen. Aber viel Spaß dir.“
„Danke...mach's gut, Roy!“ Das zerrissene Gesicht hatte ihr nichts von ihrer sonnigen nornischen Sorglosigkeit genommen.
Die Prozession zog kettenrasselnd an ihr vorüber. Nach und nach wurde es stiller, sie schwiegen. Es waren wohl hunderte. Sie beobachtete sie noch, bis sie alle verschwunden waren, dort wo ihr Herz hingekrabbelt war.
Dunkelheit legte sich bald über die Hügel vor ihr.
Ein Rascheln, ein Rauschen, wie ein Wasserfall oder eine näherkommende Flut.
Das Dunkle über den Hügel breitete sich aus. Auch das Wasser war schwarz.
Schwarze Käfer krabbelten in dichten Strömen die Hügel hinab! Sie hatte diese Käfer schon einmal gesehen. Auf eine Wand gemalt in einem orrianischen Keller. Sechs lilane, geschlitzte Punkte trugen sie auf dem Rücken. Den Anblick würde sie nie vergessen, die Schlitze starrten einem wie dämonische Augen entgegen. Aus einer anderen, vergessenen Weltebene heraus starrten sie.
Das Meeresrauschen war weg. Der Himmel wurde dunkler – unendliche Schwärme schwarzer Aasfliegen stürzten wirbelnd herab. Auch die Käfer kamen näher. Sie waren blitzschnell über ihr, begruben sie. Sie krabbelten in ihre Wunde im Bauch, in das Loch in ihrer Brust. Sie kicherte leise, es kitzelte im ganzen Körper, bis auch die Augen, das Gesicht bedeckt war.
Es war nun ganz schwarz alles.
Luft bekam sie keine mehr.
Ganz dunkelschwarz.
Ein kleines Lichtpünktlein erschien vor ihr. Es wurde größer, oder es kam näher. Ganz langsam, aber sicher.
„Komm.“, trötete und winkte ein kleines berobtes Wesen mit einer grünen Laterne. Gebückt hoppelte es vor. Sie schwebte ihm nach. Ihr Körper war nicht mehr da. War sowieso kaputt. Sie atmete nicht mehr, brauchte nicht mehr atmen.
Das Wesen hielt wieder an, winkte. Es hatte einen bemalten Hirschschädel aufgesetzt, an den Geweihen baumelten kleine Glöckchen und Taschenuhren. „Komm, weiter.“
Sie schwebte langsam hinterher, im Schein der Laterne erkannte sie dicke Wurzeln, die den Boden bedeckten.
Wieder hielt das Wesen, die Glöckchen bimmelten. „Los, weiter, komm.“
In einem unterirdischen See leuchteten in schwachem Grün Pilze. Das Wesen hüpfte und hoppelte über diese, winkte. „Noch ein kleines Stückchen weiter.“
Hier war alles voller sechseckigem Basalt. Über ihnen, unter ihnen. Eine Gestalt krabbelte am Boden. Sie sah aus wie ein Mann, dem der Kopf oberhalb des Oberkiefers fehlte. Er tastete auf dem Grund, als suche er etwas. Als Roy etwas näher auf ihn zu schwebte, hob der fast kopflose Mann schützend die Hände vor sich.
„Weiter, ein kleines Stücklein noch voran!“, erinnerte sie das Hirschmännchen. Sie folgte.
Dann musste es geduckt gehen, als es einen Tunnel aus Wurzeln durchquerte. Das Männlein lief erst an der Wand, dann an der Decke. Am Ende des Tunnels blieb es stehen, zog einen Vorhang zur Seite.
„Wir sind fast da, weiter weiter!“
Hinter dem Vorhang war alles weiß. Sie schwebte hindurch, es fühlte sich an wie Auftauchen. Das Wesen war weg.
Vor ihr, in Weißer Leere, unendlichem Nichts, da hockten zwei riesige verrottete Männer im Schneidersitz und flüsterten in einer fremden Sprache vor sich hin. Einer wickelte sich einen rostigen Anker vom Hals, der andere zog sich eine modrige Harpune aus dem Wanst. Die Werkzeuge schwebten in die Höhe und zerfaserten zu Nichts, ebenso ihre Kleidungsfetzen. Die grässlichen Gestalten veränderten sich. Das tote, blaugrüne wich aus ihnen. Fleisch wurde frisch und Haut verteilte sich über die geschundenen Körper. Augenlider wuchsen ihnen. Als sie diese langsam öffneten, waren da glänzende Augäpfel. Ihren nackten Körpern wuchsen weiße Gewänder. Sie erhoben sich langsam. Ohne Roy anzusehen wandten sie sich ab und gingen ins weiße Nichts. Dem suchenden Mann mit dem Unterkiefer war ein Kopf gewachsen und er ging ebenfalls. Ebenso eine junge Frau, sie freute sich still über ihren neuen Unterkiefer, über neue Augen...sie verschwanden alle im Weiß.
Ahn ja..., fiel Roy dazu nur ein und sie rieb sich den Nacken.
Sie hatte einen Nacken!
Sie war wieder da. Ihren Körper umhüllte ein dünnes, weißes Seidentuch.
Aus dem weißen Nichts heraus drehte sich etwas um – sie erschrak.
„Keine Angst.“, erklang eine reine, engelshafte Stimme.
Vor ihr stand eine Gestalt. Eine blonde Frau im weißen Kleid und mit Engelsflügeln, wunderschön. Und als sie lächelte gingen alle Sonnen auf.
„Roy.“, sprach die warme Stimme.
Roy blinzelte. „Bist du...?“
„...Dwayna.“, sagte sie, nicht ohne Stolz in der Stimme.
Das war gut und schlecht zugleich.
„Bin ich also...tot?“
Sie lächelte nur. Ihr blondes Haar wehte in einem Wind, der gar nicht da war. Außer Dwayna und ihr gab es nichts mehr in diesem unendlichen Weiß. Der einzige Ton den man hörte war ein stetiges, warmes Pulsieren.
„...was ist los hier?“
„Du bist im Licht.“
„Ah ja...“
Dwayna legte ihr die Hand an die Wange.
Schönere Finger gab es wohl nicht. Roy packte Dwaynas Handgelenk und küsste die Fingerspitzen. Es schmeckte nach Licht, Ewigkeit und Universum.
„Heh.“, sprach Dwayna tadelnd, zog die Hand zurück.
Roy hob enschuldigend die Arme. Ihre Tätowierungen waren weg!
Eine Weile starrte sie die Gestalt an.
„Also was ist...? Jetzt wo ich hier bin... willst du dich vielleicht mal entschuldigen?“
Dwayna legte den Kopf schief. „Enschuldigen? Wofür?“
„Na ja... Dass du rumgelegen hast und ich alles alleine machen musste?“
Sie wirkte pikiert. "Ich-"
„Zwanzig, dreißig Orrianer. Schänden deinen heiligen Platz. Und du krümmst keinen Finger?“
„Roy. So ist das nicht. Es verhält sich -“
„Und du hast Sam sterben lassen, sie hat dir vertraut. Zu dir gebetet Tag und Nacht!“
„Roy, du solltest-“
„Und jetzt willst du wohl noch Dank?? Wie du da selbstverliebt stehst? Hier gibt's ja nicht mal 'nen Stuhl!“
Dwayna blieb geduldig. „Du hättest nie diese innere Stärke gefunden, hätte ich eingegriffen.“
Roy lachte auf, winkte ab.
„Aha. 'Innere Stärke'. Du meinst Drogen? Ich hab' mir ne ganze Ladung Pilzsuppe reingepfeffert um da durchzukommen!!“
„Roy-“
„Vielleicht bin ich deshalb auch tot!? Mein Herz ist weggelaufen, das wollte nicht mehr mitmachen bei sowas.“
„Du bist in Sicherheit. Roy, du-“
„Mein ureigenes Herz!“
„Roy-“
„Miststück...ich meine, entschuldigung. Aber nein. Miststück. Sowas nennt sich Göttin..na gute Nacht...“
Dwanya lächelte. Es wirkte angestrengt. Sie blieb ruhig.
„Das tut mir alles leid, Roy...aber jetzt ist alles gut.“
„Ah?“
„Du musst dich beruhigen. Hier im Licht gibt es nur den Frieden." Dwayna strahlte und legte ihr die Fingerkuppen an die Schultern. Es bitzelte wie ein Sternschnuppensturm. So stellte sie sich einen Sternschnuppensturm jedenfalls vor. Da beruhigte Roy sich...kurz. Was war das noch gleich mit Frieden?
"Moment...Frieden?? Es hiess doch man kann im Nebel weiterkämpfen wenn man tot ist!? Und wo ist überhaupt Grenth??! Sag nicht das war der kleine niedliche Knilch eben mit dem-"
„Du bist nun hier, es gibt keinen schöneren Ort.“ Dwayna lächelte.
Es gab schlimmere Orte, da hatte Dwayna vielleicht recht. Sie seufzte.
„...und...was macht man hier die ganze Zeit? Hier gibt es doch nichts!“
„Es gibt uns." Sagte Dwayna lächelnd.
Das stimmte...Roy grinste breit.
„Ach so ist das...also doch.“, säuselte Roy, wippte mit den Brauen, tat einen Schritt auf sie zu. Eine Hand legte sich auf Dwaynas Oberschenkel - Dwayna wich zurück, hob die Arme.
„Nein! Roy, das meine ich nicht, wir-“
„Klang' für mich wie eine Einladung.“
„Nein, Roy-“
„Du hast mich zu dir geholt, weil du mich für dich haben willst, stimmts?
„Roy...“
„Das kannst du ruhig zugeben.“
„Pfui, Roy!“
„Bist du nicht einsam? Komm...“
„Roy, stopp!“
„Du musst einiges wieder gut machen...“
„Roy, aufhören-“
„Ach stell' dich nicht so an!“
Roy packte in den Stoff des weiße Kleidchens, dass die göttlichen Rundungen verdeckte. Das brauchte Dwayna hier sicher nicht.
Ratsch – da hatte Roy ihr den Stoff heruntergrissen. Dwayna wehrte sich nicht, war zu erschrocken.
„N-nein! Roy-“, begann sie zu stammeln.
„Es wird dir gefallen."
„Roy-“
„Roy, Roy, Roy...du liebst diesen Namen...“, schnaufte sie.
„Du kannst nicht einfach-“, stammelte sie.
"Kssch, Engelchen, ich bin gut zu dir...." Sie küsste Dwaynas Hals, rieb ihre gebrochene Nase an der göttlichen Haut. Gebrochen? Moment...
"Wieso ist meine Nase noch kaputt?! Deine ist wieder ganz! Und dem einen ist sogar der Kopf nachgewachsen!!"
"Huh? Ich dachte du sieht immer so aus?" War das Schadenfreude in der Stimme? Roy schnaubte.
Der würde sie es zeigen.
Sie legte den Arm um ihren Hals, drückte sich gegen ihren Rücken, presste Dwayna auf den weißen Lichtboden. Sie ächzte, wand sich. Roy gab ihr von der Seite her einen Klaps auf den Hintern - Die Göttin keuchte. Roy lachte rau auf. "Das gefällt dir, mmh?"
Dwayna blickte scheu über die Schulter, ein schwaches Lächeln. Also doch!
Bei diesem Anblick konnte Roy nicht mehr an sich halten, ihre Finger fuhren die nackte Haut entlang, sie packte sie an-
Roy spürte einen schmerzhaften Stich in die Brust, wie von einer Nadel – und Dwaynas Gestalt löste sich auf. Sie blickte plötzlich in ein Maul voller spitzer Zähne! Sie schlug mit der gepanzerten Faust hinein, das zahnige Monster fiel zur Seite. Sie trug also wieder Panzerhandschuhe und Rüstung, kein Kleidchen. Aber auch keine Brustplatte, jedoch ihr Wams mit den Kettenarmen darunter. Es war auch nicht mehr alles weiß, es war wieder trüb und nass. Wieder am Strand, neben Lottchen.
Etwas steckte in ihrem Oberkörper. Aber es war kein Stachel, es war eine Spritze. Ihr Torso war dafür wieder frei von Löchern und Blut und sie konnte wieder atmen. Das Herz pochte vor sich hin. Das hatte sie sehr vermisst.
Sie war auch nicht mehr gelähmt, aber schwer fühlte sich jede Bewegung dennoch an. Die Rüstung drückte sie an den Boden, langsam hob sie den Arm. Die ganze Sache mit der Klaue und dem Herz, mit den Gestalten und Dwayna, alles hatte sich plötzlich in Wohlgefallen aufgelöst.
Aber das Monster mit den Zähnen war noch da. Ein Jammern war zu hören. Es hatte den Schlag nicht gut verkraftet, aber es lebte noch.
Sie hörte Stimmen.
"...genau davor hast du doch selber gewarnt?", fragte ein Sylvari, der wie Farlif aussah, das Monster.
Das Monster ähnelte stark einem Asura, Tzup. Es hatte sich aufgesetzt und rieb sich den Kopf, spuckte einen spitzen, blutigen Zahn in die Handfläche.
"Tzup..." Langsam fiel sie nicht mehr rein auf den Quatsch.
“Roy!” Schon wieder. Immer riefen alle 'Roy!'
“Ihr verarscht mich doch?” Reden konnte sie also auch wieder. Mund so trocken.
“Roy, was ist passiert?” 'Farlif', oder was immer das war, mit verbundener Schulter, kniete sich neben sie. Er öffnete den Wasserschlauch und stillte ihren Durst. Ja, den hatte sie ganz vergessen, diesen Durst.
Sie trank erst mal eine Weile. Als Farlif ihr die Flasche nehmen wollte, gab es einen Klaps auf die Finger und sie machte leer. Würgte und hustete danach.
"Chhr...hhh. Ich will zurück zu Dwayna, sie war grad' am Auftauen..."
"Geht es dir gut?", fragte der Sylvari.
Ob sie in so einer Art Nachtodesspirale gefangen war? “Seid ihr echt? Oder bin ich schon untot? Vielleicht erzählt Übrich deswegen so 'nen Stuss, weil alles komisch wird dann.“
“Wir sind echt, definitv. Zumindest von meinem Standpunkt aus.” Tzup zog sich seufzend einen weiteren gebrochenen Zahn aus dem Mund und wischte sich Blut von den Lippen.
Er überlegte einen Moment “...allerdings ist keine Existenz vollständig beweisbar. Es besteht immer die Möglichkeit, etwa Teil einer Simulation oder eines Traumes zu sein. Vielleicht ein Hirn in einem Glas, dem Gedanken eingegeben werden. Vielleicht bist du oder ich ein Hirn in einem Glas, in irgendeinem Versuchslabor. Angenommen der Wissenschaftler, dem dieses Labor gehört, ist selber nur ein Hirn in einem Glas, im Labor eines anderen Wissenschaflters. Sie leben in simulierten Simulationen, ohne deren Kenntnis. Der Wissenschaflter – vielleicht ein Ettin, wer weiss? - verwaltet dieses Geflecht aus Realitäten -”
“Äh? Alles klar. Du bist echt. Sowas kann nich aus meinem Kopf kommen..”
Sie setzte sich mühsam auf, seufzte einmal erleichert und rieb sich den Kopf. Auch wenn sie Dwayna irgendwie vermisste. Diese saftigen -
"Was ist passiert?" Fragte Farlif nochmal.
"Na das wonach es aussieht...." Sie blickte über das Leichenfeld, stolz hob sie die Mundwinkel. Ganze Arbeit hatte sie geleistet. Mehr als zwei Dutzend untote Körper, gedemütigt von Roy.
“Nicht schlecht, was? Habt ihr die mit der Maske gesehen? Die kommt in den Ekelsack.”
"Bist du verletzt?", erkundigte sich der Sylvari.
„Mir hat eine Klaue den Bauch und alles da drunter zerhackt, und mein Herz hat sich befreit und ist weggelaufen. Aber sonst geht's. Dwayna hat mich geheilt.“
Sie sahen sie schweigend an, Tzup rupfte ihr die Spritze aus dem Oberkörper.
„Au. Hat mich das gerettet?“ Sie tätschelte Tzups Kopf mit einer groben, aber dankenden Handbewegung, dieser grinste schief...und irgendwie sehr erleichtert. Trotz zweier verlorener Zähne.
"Wer ist Übrich? Ist das der Asura?”, fragte Farlif schließlich und nickte in Richtung eines kleinen malträtierten Asura-Leichnams. Ah, der. Der hartnäckige Agent.
"Als ob ein Asura Übrich heissen würde...", brummte Tzup, tupfte sich das blutige Maul ab.
Übrich...
"Ach ja, nein...Übrich... Kannst du das lesen?“ Roy wühlte in der Tasche und reichte Farlif den Ehering, den sie dem Verbrannten vom Finger geknackt hatte.
Farlif drehte den Ring in den Fingern, reichte ihn zurück.
„Zaik & Tilva, vereint in Leben und Tod.“, leierte er herunter.
Sie lachte trocken.
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