Er hatte den Baron schon zwei Straßen hinter sich gelassen, da stand ihm noch immer die Hitze im Gesicht. Es wurde sogar noch schlimmer, was er bis eben mit Bravur hinter der Maske hielt, brach sich nun Bahn und an die Nachtluft. Die freundliche Einladung des Barons hatte da auch nicht viel dagegen auszurichten vermocht. Er hob die Hand zum Hals und löste das Tuch dort um etwas mehr Luft zu bekommen. „Dieser imptertinente Laffe!“ stieß er zwischen den Zähnen hervor und merkte jedoch dass diese Worte kaum ausdrücken konnten woran er eigentlich dachte. Maßlos war sein Ärger und auch seine Abscheu als er den Rosengarten seines Anwesens erreichte. Noch frisch waren die Stellen an denen er nur Stunden zuvor die roten Rosen geschnitten hatte.
Er hielt an den Büschen, lehnte sich nach vorn und atmete ein. Eigentlich dachte er dabei an Sie, doch schlich sich damit auch das abendliche Zwiegespräch in seinen Geist und sofort brandete neue Wut in ihm empor. Als er die Tür aufschloss, drückte er sie kraftvoll auf. Mit einem lauten Krachen schlug eine Seite des zweiflügligen Eingangsportals in die Wand neben der Tür. Kaum war die Türe wieder im Schloss, ließ er den Abendfrack ebenso fallen wie seine Maske vorhin. Vom oberen Ende der Treppe her fiel ein Lichtschein in die Halle obschon es späte Nacht war. "Mister Turpin?!"
Es war Minna die sich einen Eindruck verschaffen wollte wieso mitten in der Nacht ein derartiger krach im Haus zu hören war. Turpin hätte sich Ohrfeigen können das er sie nun weckte. Als sie ihn fragte was geschehen sei, brachte er nur hervor dass ihm der Wind die Tür aus der Hand gerissen hatte. Ob sie ihm glaubte? Wahrscheinlich nicht, er wusste dass sie nicht auf den Kopf gefallen war, und da er ihr gesagt hatte wo er hingehen würde, konnte sie sich wohl ausrechnen was ihn umtrieb. „Sie wird morgen aufbrechen“ ließ er sie wissen. „Wahrscheinlich in aller Frühe.“ Er erntete ein Nicken und ein „Dann werde ich bereit sein, gute Nacht Mister Turpin.“
„Gute Nacht, Minna“ und damit war er schon auf dem Weg um die Treppe herum und in Richtung der hinteren Salontüre, als ihm das Päckchen einfiel welches er dort in der Hand hielt. Er hatte keine Ahnung was darinnen war und die Form wirkte seltsam. Statt jedoch hinein zu sehen, dreht er sich herum, erklomm dann die Treppe wobei er drei Stufen auf einmal nahm und reichte der verdutzt drein blickenden Minna das kleine Päckchen. „Von Leni“ fügte er erklärend an, dann hing er seinen Frack über das Geländer und ging erneut die Treppe hinab.
Sein Blick glitt noch einmal nachdenklich in den Salon, doch würde ihm Klavierspielen heute Abend keine Ruhe bescheren und wahrscheinlich würde Minna ihn zu Grenth wünschen wenn er nun zu einem kraftvollen Crescendo ansetzte, noch dazu, dass es im Zorn wahrscheinlich schrecklich falsch klingen würde. „Selbst jetzt sehe ich noch dein Gesicht und möchte zuschlagen“ fluchte er und ging mit einem schnellen Schritt zur Bar hinüber, um jener ein Glas Cognac zu entnehmen. Er leerte es zügig und ging wie ein Tiger im Käfig umher.
Es dauerte einen Moment, dann verließ er den Raum, nahm den Schlüssel der Kellertür an sich und die Laterne, steckte sie an und verschwand im Gewölbe. Dann wurde es ruhig im Haus. Erst eine halbe Stunde später waren erneute Schritte von der Kellertreppe zu hören und ein abgekämpfter und verschwitzter Graham kam empor. Die Haare wirkten zerzaust, das Hemd nass von Schweiß und in der Hand gehalten, aber er war ruhiger. Er konnte wieder denken. Als er den Kellerschlüssel und die Laterne an ihre Plätze hing, tupfte er sich mit dem Hemd das Gesicht ab. „Contenance Graham. Genauso etwas würde er wohl von dir erwarten und ihr hilft es auch nicht“ mahnte er sich selbst, bevor er leise die Stufen nach oben ging. Eines war sicher, diese Teegesellschaft würde ihm eine Weile im Gedächtnis bleiben, umso mehr, als das er gehofft mehr Zeit in ihrer Gegenwart zu verbringen.
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