„Bring das in Ordnung.“ Die schnarrende Stimme des Luden war bar jeglicher Freundlichkeit in diesem Moment. Sie war die glühende Klinge, die ein Stück weiche Butter in der Mitte zerteilte und danach genüsslich dabei zusah, wie die Hälften unter der ausgestrahlten Hitze der nahen Herdplatte langsam aber sicher auseinander flossen.
„Geweihter Streiter des Eisigen Prinzen. Wenn das eine Sache zwischen dir und der Priesterschaft ist, dann kannst du zurück ins Lager, mein Freund. Ich bin nicht gewillt diese Form des Aufbegehrens in meinem Haus zu dulden.“ Papier knisterte zwischen den dicken, mit schweren Goldringen geschmückten Fingern des bulligen Fleischberges, den ein törichter Narr fälschlicher Weise in einen teuren Anzug aus schwarzem Samt gesteckt hatte. In eine mit Silberfaden durchwobene Damastweste und ein weißes Seidenhemd. Ein paar helle Hundehaare hafteten am Saum des Jacketts und zerstörten die Illusion der absoluten Schwärze vernichtend.
„Ich dachte, dass ich mich bei unserem letzten Mal klar genug ausgedrückt hätte.“ Das Ende der daumendicken Ebonzunge, einer schweren, würzigscharfen Zigarre, glühte in einem flammenden Orange auf, als eine tabakstarre Lunge gierig an ihrem Mundstück zog. Die rasch abkühlende Asche, die bei dieser Bewegung auf das erlesene Papier in des Iorgas Händen rieselte, war ein schlechtes Omen. Das Ende einer Geschichte, die noch nicht geschrieben worden war. Verbrannte Verse am Grund eines kalten Kamines, eingedickt und fest geworden, unfähig jemals wieder zu dem zu werden was sie einstmals waren.
„Du hast keine Hilfe von mir zu erwarten. Ich teile deine kranken Neigungen in keinster Weise und ich habe dir gesagt... ich habe es dir gesagt, dass sie eines Tages dein Untergang sein werden. Sorge dafür, dass du deinem Blut nicht noch mehr Schande bereitest.“ Wirbel knackten ungesund in einem vor zähen, harten Muskeln starren Nacken, den ein ordentlich gefalteter Kragen gar meisterlich in Szene zu setzen wusste. Ihm etwas von der Grobschlächtigkeit nahm, die ihm anhaftete ähnlich eines Blutegels, der sich immer fester in Haut und Gewebe biss. Die jadegrüne Dahlienblüte, die nur eine Handlänge darüber im weißen Fleisch steckte, troff nur so vor heuchlerischer Ironie. Solch ein zartes, vergängliches Pflänzchen in Form eines fast schwerelosen, filigranen Kunstwerkes, das man einem Schlächter, gleich einer Rindermarke, ins Ohrläppchen gestanzt hatte.
„Ich kann dich nicht leiden.“ Grellweiße Zähne bleckten sich zu einem schmierigen Haifischlächeln, während die Zigarre sich, im unten Mundwinkel harrend, gefährlich nahe der Tischplatte entgegen neigte. Doch sie fiel nicht. „Ich konnte dich noch nie besonders gut leiden.“ Die grobe, schwielige Daumenkuppe pflückte die Ebonzunge in Gemeinschaft mit einem krummen Zeigefinger aus dem Mund, der nach bitterer Galle, süßer Vanille und scharfem Wodka stank, die Hand in Hand eine betäubende Mixtur der Andersartigkeit bildeten.
„Aber wenn er dich umbringt...dann wird er zu meinem Problem. Also sorge dafür, dass es nicht soweit kommt. Auf meiner Abschussliste steht ein anderer Name an erster Stelle. Ich erlaube es dir nicht ihn von dort zu vertreiben. Ich erlaube dir nicht zu versagen. Ich verbiete dir zu sterben.“ Rotbraun lackiertes Teakholz ächzte unter der Last des Hurenwirtes, der sich schwer zurück gegen die Lehne warf und sich, süffisant schmunzelnd, über das schüttere, ausgeblichene Haar strich, dessen Sitz prüfte und den hauchzarten Ölfilm, der danach an seiner Handinnenfläche haftete, mit einer unverhohlenen Liebe bewunderte und schweigend blieb.
„Bring mir seinen Kopf.“ Ganz unvermittelt hellte sich die Stimmung auf. Das ernste, strenge und so schonungslos ehrliche Gemüt erblühte und wurde zu etwas anderem. Victors Lachen donnerte dennoch gleich den polternden Rädern eines Charrpanzers durch die kleine, fensterlose Kammer, die er sein Büro nannte. „Ich habe Lust auf ein wenig Schabernack.“ Herzlichkeit perlte über schmale Lippen, die sich zu einem gutmütigen, fröhlichen Lächeln wölbten. Selig verblieb der Iorga in seinem Thron, den eigenen Gedanken im Geiste nachjagend, während der Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches verwaist vor ihm lag.
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