FSK 16
Zwar beschreibe ich nichts explizit, aber für Leute mit zu bildhafter Fantasie ist es möglicherweise doch ... eklig.
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Lis trat durch den Spiegel und bewegte sich lautlos durch das nächtliche Schlafzimmer. Noch auf dem Weg zur Kommode zupfte sie sich die lästige Haarnadel aus der Frisur und zog sich dann den Ring vom Finger um der Illusion zu entkommen, die ihr heute Nacht als Verkleidung gedient hatte.
Durchatmen. Nur durchatmen. Es gelang ihr nicht. Der Spiegel über der Kommode verriet ihr einen Haarschopf zuviel im Ehebett und ließ sie herum fahren. Seltsamer Weise entspannte es sie nicht den kupferroten Lockenschopf auf ihrem Kopfkissen zu erkennen. Der Anblick des friedlich schlafenden Mädchens rief ihr noch ganz andere Assozitionen ins Bewusstsein und mit ihnen kam die Übelkeit.
Natürlich war es absurd. Und weil sie daran keinen Zweifel hatte gelang es ihr die Bilder zu vertreiben. Aber die Übelkeit blieb, wuchs, wurde übermächtig und ließ sie ins Bad stürzen, wo sie gerade noch das Waschbecken erreichte, bevor sie das wenige erbrach, was sie an diesem Abend zu sich genommen hatte. Wasser. Den Göttern sei Dank, nur Wasser.
Vor dem Waschbecken auf die kalten Marmorfliesen sinkend zog sie den Kopf zwischen die Knie, versuchte zu ergründen, welcher Wahnsinn Menschen dazu treiben konnte... Sie dazu brachte...
Die Badezimmertür fiel leise ins Schloss. Es wurde nicht heller. Dann eine große, ruhige Hand in ihrem Nacken. "Sie haben sie gegessen, Lesha. Sie haben sie wirklich... Sie lag da präsentiert wie ein ...aufgeschnittenes Stück Buffet von dem man sich bedienen konnte. Lebendig. Und sie haben..." Es kam ihr nicht über die Lippen. Die Worte waren da, waren so greifbar wie die Erinnerung an das Gesehene, aber sie sträubte sich es auszusprechen, ließ zu, dass der Mann nach ihrem Kinn griff und ihren Blick hob und ihr prüfend ins Gesicht sah. Keine Tränen. Sie hatte keine Tränen für das Gesehene. Nur Ekel und erschreckend wenig Verständnis für den Wahn anderer, wo sie sich ihres Eigenen doch so wenig bewusst war. Für einige Momente herrschte Stille in dem dunklen, kalten Raum, dann hörte sie den Iorga tief Luft holen, als er sich entschieden hatte, wie er seine Frau am ehesten wieder auf ebenen Boden führen konnte.
"Ihr habt sie da rausgeholt." schlussfolgerte er, immerhin saß sie hier. "Ja." Lis nickte. "Drei Stück. Sie werden überleben. Vex kümmert sich um sie."
"Und ihr habt das Schiff versenkt." - "Ja." wieder ein Nicken. "Aber die Explosion war nicht so ... zerstörerisch, wie ich es gern gehabt hatte. ...es wird mehr Überlebende geben, als gut ist."
"Aber du hast deine Leute alle wieder mit nach Hause gebracht." sprach er ruhig weiter um ihren Geist zurück in friedliche, analytische Gewässer zu locken. Und obwohl er damit im Grunde Erfolg hatte schüttelte sie hier den Kopf. "Heliar und Nola nicht. Sie hat sie wegteleportiert. Ich hasse Mesmer! ...dich nicht." fügte sie dann kleinlauter an und entlockte ihm damit ein widerwilliges Schmunzeln. Vor ihr auf dem Badezimmerboden hockend griff er nun nach ihr und zog sie in seine Arme. Sie sollte sich gegen ihn lehnen. Und jetzt war sie auch in der Stimmung dazu. "Ich weiß nicht wohin." fuhr sie ungefragt fort. "Aber ich werde sie auch nicht suchen. Sie werden es schaffen, oder auch nicht."
Alexej Iorga nickte. "Wer ist Sie?" - "Theodora. Theodora ... ich hab mir ihren verfluchten Namen nicht gemerkt. Ich habe sie verletzt, Lesha." Verletzt, nicht getötet, das war es, was sie ihm damit sagen wollte, und ihn, der verstand, damit dazu brachte die Arme enger um sie zu schließen, weil 'Verletzen' nur bedeuten konnte, dass der Mord versucht, aber unmöglich zu vollbringen gewesen war. "Aber sie hat mich nicht erkennen können. Es gibt keinen Grund zu erwarten, dass sie unerwartet vor unserer Haustür steht."
Wenigstens diese Tatsache war beruhigend. Das Verschwinden von Heliar und dieser Sylvari... Nun, die Zeit würde es zeigen. Lis schloss die Augen, all ihre Sinne auf den Mann ausgerichtet, der ihr Gemüt so gut zu kühlen wusste, der auch an diesem Abend der souveräne Anker in einer viel zu chaotischen Welt für sie war. "Für mich klingt das nach einem weitgehend erfolgreichen Abend." sprach er leise zu ihr und zog mit den Fingern die Schnüre auf, welche die Reste des zerrissenen Abendkleides noch zusammen hielten. "Du hast das gut gemacht. Und jetzt lass mich diesen Abend von dir abwaschen."
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