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Gewaltdarstellung, Blut, derbe Sprache
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„Ethan!“
Seine Faust hat nach der kurzen Rangelei härter in das Gesicht des Canthaners getroffen, als er es eigentlich beabsichtigt hatte und so, wie das Knacken durch beider Gehörgänge geht, ist dabei auch irgendwas zu Bruch gegangen. Der Bleiche wollte sich eigentlich zurück halten, doch die blöden Belehrungen des Wächters und der hohe Stand seines Alkoholpegels, haben ihn im Moment des Ausholens jede Achtsamkeit über Bord schmeißen lassen und er zog ordentlich durch. Er hat ihn auf einem ganz falschen Fuß erwischt und auf einem mentalen Tief. Ganz zur Überraschung Ethans, der gerade noch beide Arme des Trunkenboldes in den Händen gehalten hatte, aber die Kraft des Magiers gut unterschätzte.
„Sag mal spinnst du!?“ blafft der sonst so ruhige Kerl den Nekromanten an, während er eine Hand auf seine Nase drückt, aus der nun ordentlich Blut über seine Lippen und das Kinn läuft und ihn einsaut.
Ah...das haben seine Knöchel getroffen. Vaas ist sich nicht sicher gewesen, wo genau seine Faust dem Anderen im Gesicht erwischt hatte, aber das erklärt auch das knackende Geräusch.
„Die Frage 'nn ich dir zurück stell'n!“ mault er zurück, die Zunge schwer und der Verstand etwas langsam im Worte formulieren und sie zügig über die Lippen zu schicken.
Ein gutes Jahr sind sie sich nicht mehr über den Weg gelaufen, da der Canthaner viel zu beschäftigt in seiner Arbeit als Leibwache gewesen ist. Und jetzt... ausgerechnet JETZT müssen sie sich über den Weg laufen. Götter, der Tag hat kaum angefangen und könnte beschissener nicht werden.
Wenn er sich da mal nicht täuschen würde....
Und er ist immer noch so nervig und kann es nicht lassen, über seinen Alkoholkonsum zu meckern.
Er taumelt dann drei Schritte in einer halben Drehung zurück, um seine Rumbuddel wieder aus dem sandigen Boden von Löwenstein aufzuklauben, deren Inhalt jedoch schon ausgelaufen ist. Oder nicht? Oder hat er es schon getrunken? Er weiß es nicht. Er weiß nicht mal, die wievielte Buddel es ist, die er, seit dem er von den Verlands aufgebrochen ist, in Begleitung mit der Irren aus dem Keller, in sich hinein gekippt hat.
Aber was er weiß ist, dass er jetzt ausholen will, um dem Wächter diese entgegen zu schmeißen, nur dass er meilenweit an dessen Schädel vorbei wirft und Ethan gerade mal diesen nur etwas zur Seite neigt.Ein frustriertes Schnauben seitens des Nekromanten.
„Fick dich doch, Eth'n! Ernsthaft!“
„Vaas, bitte. Die wie vielte ist das? Es ist gerade mal Nachmittag! Du bist völlig durch.“ Ethan klingt verdammt nasal, als er wieder mit strammen Schritten auf ihn zu will. In der makellosen Canthanervisage prangt nun eine dicke Schwellung über der Nase, die mittlerweile durch gezielten Druck auch wieder aufgehört hat zu bluten. Die Rüstung ist dennoch besudelt, aber das ist scheinbar sein geringstes Problem im Moment.
Vaas... interessiert es aber eh nicht. Stattdessen greift er zu einem seiner Holster und reißt die alte Steinschlosspistole heraus, um sie dem Kerl entgegen zu halten. „Kein Schritt näh'r. Steck dir deine Hilfsb'reitschaft sonst wohin.“ Die Waffe ist nicht entsichert, soweit arbeitet sein betrunkener Verstand nicht den Schritt mit einzuplanen, aber dem Größeren ist es nicht entgangen, es gibt wenig, was seiner Aufmerksamkeit entgeht, damals schon nicht und jetzt auch ebenso wenig, das hat Vaas früher schon gehasst. Oh bei den Göttern, es gibt so vieles, was er an Ethan nicht leiden kann. Und trotz, dass keine Gefahr von der Waffe ausgeht bleibt dieser nun stehen und hebt beschwichtigend die Hände. Eine. Die andere hält er immer noch über der gebrochenen Nase, zum Schutz, falls der Bleiche sich entscheidet die Steinschloss zu schmeißen. „Ist gut. Ist gut. Ich habe es verstanden, Vaas. Kann ich dich dennoch nach Hause bringen? Du kannst nicht mal mehr gerade aus laufen.“ Himmel. Er hat ihm doch gerade die Nase gebrochen und der Bastard bleibt weiterhin ruhig und hilfsbereit. Wie ihn das ankotzt. Wie kann man nur so ätzend sein!? Und so ruhig bleiben!? Allein das regt ihn ja schon auf.
„Dich fick'n kannste.“ Vaas torkelt an dem Canthaner vorbei, immer noch mit der Waffe herumfuchtelnd und ihm im trüben Blick behaltend. Dabei stolpert der Hexer beinahe noch über die eigenen Füße, da er nicht darauf achtet, wo er hin läuft. Erst, als er auf genügend Abstand ist, lässt er die Waffe nach mehreren, erfolglosen Versuchen, unter dem doch etwas mitleidigen Blick des Wächters, wieder im Holster verschwinden. „Guck nich' so! Du schuld'st mir 'n Rum, Kyl...Kyc... Eth'n!“ blökt er noch zurück und präsentiert ihm beide Mittelfinger, was den Mann letztendlich kopfschüttelnd mit besorgtem Blick zurück lässt. SO hatte er sich das nicht vorgestellt, als er den Mann aus der Seemannskehle stolpern sah und es für eine gute Idee hielt, ihn mal an zuhauen. Den Rest seines freien Tages wird er dann wohl bei einem Arzt verbringen dürfen, der ihm die Nase irgendwie richten könne. Doch nicht hier in Löwenstein. Tja, die beste Gelegenheit gleich einmal die neuen Ärzte im Ossaviertel aufzusuchen...
Vaas aber muss nun erst einmal den Weg zurück zu seinen vier Wänden unbeschadet überbrücken. Das ist tatsächlich etwas zu viel des Guten gewesen, selbst für einen Alkoholiker wie ihn und er musst das Auge zusammenkneifen, um den Blick überhaupt einigermaßen scharf zu stellen, während er das Gefühl bekommt, dass er auf einer riesigen Schlange läuft, die einfach nicht aufhört sich zu bewegen. „Pah... 'völlig durch'. 'm Arsch, Eth'n.“ mault er in sich hinein und wirft noch einmal einen Blick über die Schulter, um sicher zu stellen, dass der Wächter ihm nicht folgt. Tut er nicht, aber da läuft ihm wer anderes nach.
Amre!?
Dreck!
Die Irre mit ihrem besoffenen, halbtoten Mops hat er ja direkt vergessen, obwohl die sich zusammen mit ihm in der Kaschemme die Kante gegeben hat. Der Hexer ist sich nicht einmal sicher, ob sie oder der Mops mehr getrunken hat. Er blickt einen Moment zulange nach hinten und in dem Moment, als er sich wieder umdrehen will, da küsst er erst einmal ungewollt eine der Palmen, die neben den Wegen hier und da stehen. Fuck!? Wo kommt die denn auf einmal her!? Er ufft hörbar, als sich die harte Rinde unangenehm in sein Gesicht drückt. Sollte das Voodooweib im Hintergrund irgendwas von sich geben, dann blendet er es gekonnt aus. Dass erinnert ihn ungewollt an den einen Besuch, in diesem Hafenpuff, wo er nie wieder in seinem Leben hingehen wird. An diese eine Hafenhure, die... „Uah!“ Er schiebt sich mit einem angewiderten Schütteln von der Palme weg und klopft sich unkoordiniert die Klamotten ab, wankt zurück auf die Straße und tut so, als wäre absolut nichts passiert.
„Nochmal. Fester. Wenn ne Kokosnuss runter fällt, saufen wir Rum draus und sehen aus wie Urlaub.“ meint sie schließlich mit einem absoluten Nullface, dass man meinen könnte, sie sei Gehirntot. Aber sie raucht noch, also lebt sie immerhin. Wenigstens etwas.
Vaas brummt und läuft kommentarlos weiter, nun doch wesentlich schlechter gelaunt als vorher noch.
Den restlichen Weg schafft er zwar nicht ohne hier und da mal halb zu stolpern, aber weitgehend ohne sonstige Zwischenfälle. An der Türe angelangt muss er sich allerdings gegen den Türrahmen lehnen, während er seine unzähligen Taschen abklopft, um den Schlüssel zu finden, der doch irgendwo hier... irgendwo da hatte er doch.. wo ist er denn.. der muss doch... AH! Eigentlich in der immer gleichen Innentasche. Und immer wieder sucht er. „So... 'n Schätzgen... 'n lass dir 'n Schlüss'l ins Loch schieb'n. Na komm. Nich so schücht'rn! 's tut mir auch nich' weh.“ nuschelt er da vor sich hin, während er den Schlüssel versucht ins Schloss zu zielen, die Zunge zwischen den Lippen ein wenig hinausgestreckt, konzentriert, jedoch die ersten Male gezielt daneben trifft. Irgendwann landet das Lange dann auch endlich im Runden, gerade als er schon beginnt die Geduld zu verlieren und die Versuche immer grober und harscher geworden sind. Er schnaubt. „Endlich.“ Bedenkenlos holpert er halb in den Flur.
Kein Hahneinbrechergeschrei ertönt.
Seit dem letzten Sonntag traut sich das Vieh im Moment nicht mehr aus der Ecke, sobald Vaas die Wohnung betritt. Bis auf ein oder zwei Lichtblicke haben ihm die Tage nach den Tributen nichts gutes gebracht. Er war dauerhaft wütend, sobald er hier war und hat den Gockel auch das ein oder andere Mal durch den Flur oder von der Treppe getreten. Dabei sollte er sich eigentlich freuen. Das Gold für sein Schiff ist zusammen, er müsste es nur noch abholen. Er hat endlich seinen auserwählten Navigator dazu überredet, bei ihm anzuheuern. Und ein guter Mechaniker kommt als i-Tüpfelchen mit dazu. Dabei waren die Tribute ein reiner Erfolg. Dabei war bis zu deren Ende alles so grandios.
Und dann der mentale Absturz.
Wiedermal.
Er ist selbst überrascht, dass ihn ein paar dämliche Worte so dämlich tief verletzen können, wegen so einem dämlichen Weib und einem dämlichen Kerl und... dämlich dämlich dämlich!
„Dämlich.“ brummt der Bleiche, der sich, mit einer Hand gegen die Wand stützend, durch den Flur schiebt. Sein Ziel ist die Küche. Hunger? Nee. Hangry? Mh.. vielleicht. Er hat tatsächlich vor einfach weiter zu saufen, bis er kotzt. Amre? Die hat er schon wieder komplett vergessen und ihr vor der Nase einfach die Türe zugeschlagen. So behandelt man aber keine Saufbuddys! Ah, ist ihm gerade egal. Flaschen klirren und ein Glas geht neben ihm auf dem Boden zu Bruch, als er schon die nächste Flasche aus dem Schrank zerrt und sich dann alleine an den großen Küchentisch hockt. Den Korken reißt er mit den großen Eckzähnen heraus und spuckt ihn irgendwo in den Raum hinein und.... hockt dann erst einmal da. Das Etikett der Flasche für eine geraume Zeit anstarrend, ohne es visuell wirklich wahrzunehmen.
Es dauert Sekunden, oder gar Minuten, – sein Zeitgefühl ist gerade für'n Arsch – bis er sich davon löst und einen tiefen Schluck nimmt, ehe er den Schädel in die Handfläche der Linken bettet und einmal tief durchatmen muss.
Fuck. In Momenten wie diesen wird ihm alles immer so elendig bitter bewusst.
„Doch nicht so der große, taffe Badboy, wie du immer tust, was?“
Er zuckt zusammen und der Blick und Schädel reißt fahrig aus den Händen hoch, dass er beinahe das Gleichgewicht auf dem Stuhl verliert. Doch... er sitzt immer noch alleine in der Küche. Alleine mit seiner Buddel Rum und all den Gedanken, die seit dem letzten Gespräch mit Jero und Evan und auch davor schon unbeständig in seinem Schädel umher kreisen. Und jetzt, da er hier sitzt, ganz für sich allein, da bröckelt die Außenfassade stückchenweise und er spürt die Schwere auf seinen Schultern lasten, die er schon seit Ewigkeiten mit sich herumschleppt, die in den letzten Tagen zugenommen hat und sich nichts hat anmerken lassen.
Ein Schluck vom Rum.
Alkohol. Eines der wenigen Dinge, welches ihn auch in schweren Zeiten nie im Stich gelassen hat. Auch wenn es gewiss irgendwann seine Leber tun wird.
Zwei Schlucke vom Rum.
Und macht es dennoch einfach, sich in einer Spirale der Gedanken zu verlieren, die einen immer tiefer hinab zieht.
Drei Schlucke vom Rum.
Das Brennen in der Kehle tut gut. Der seichte Schmerz, der ihn noch ansatzweise wissen lässt, dass er nicht gänzlich tot ist.
Vier Schlucke vom Rum.
Es wird für eine gefühlte Unendlichkeit einfach nur noch gerade aus gestarrt, nicht in der Lage durch die Schwere, die gerade in ihm aufkommt, sich zu bewegen.
Fünf Schlucke vom Rum. Und die Buddel schon zur Hälfte leer.
Ein Lachen in seinem Gehörgang lässt ihn aus seiner Trance der Gedanken heraus blinzeln und die Brauen tiefer hinabziehen, als sie es eh schon waren.
Sechs Schlucke vom Rum.
Ohja..jetzt knallt es rein. Jetzt knallt alles rein.
„Dann tu's doch! Tu's doch! Na los!“
Sieben Schlucke vom Rum.
Er drückt beide Hände auf die Ohren, als könne er damit dem Flüstern, Brüllen und Lachen in seinem Schädel entkommen.
Sein Blick zuckt hektisch und leicht benommen durch den Raum und bleibt letztendlich auf der Küchenzeile und dem dort ruhenden Brotmesser liegen.
Acht Schlucke vom Rum....
Der Stuhl kippt rückwärts um, als Vaas sich in den Stand hievt und gefährlich dabei wankt, ehe er hinüber zur Küchenzeile stolpert und nach dem Messer greift. Er langt durch seinen Suff direkt in die Klinge, die sich durch das dünne Leder seiner Handschuhe und in das Fleisch seiner Finger gräbt. Es schmerzt, aber alles, was er gerade tun kann, ist darüber debil zu lachen, als er damit zurück zum Tisch läuft. Mit unwirrschen Lauten reißt er sich beide Handschuhe herunter und wirft sie knurrend beiseite. „Tu's doch.“ wiederholt er abfällig ausspuckend, im plötzlichen Wahn zwischen wütend und belustigt hin und her torkelnd. Lacht darauf und und betrachtet sich die Unterseite seiner Hände und Handgelenke. Die linke Handfläche blutet und der Hexer bemerkt gar nicht, wie er gebannt für ein paar hastige Herzschläge dem dunklen Lebensquell betrachtet, wie er auf die helle Tischplatte hinunter tropft, ehe seine Aufmerksamkeit wieder von der Klinge gefangen wird.
Ein Schluck vom Rum....
Es ist ein dumpfer Laut des Schmerzes, der noch einmal durch die Küche zuckt, ehe komplette Stille einkehrt.
Stille, die nur noch einmal von dem Klirren einer Flasche durchbrochen wird, als sie auf den Boden knallt und die verbliebenen Schlucke Rum sich auf den Dielen verteilen und mit der sich ausbreitenden Blutlache vermengen.
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