Waldtag

Feuchtes Erdreich drückt sich zwischen den nackten Zehen hinauf. Die blasse Haut ist bereits vom Dreck verklebt. Gras, Bucheckern, Eichelhütchen und Stückchen von Rinde. Es stört sie nicht. Im Gegenteil. Kurz bleibt sie sogar stehen. Der Blick geht nach unten zu den Füßen, bewundernd auf das Kunstwerk. Die Mundwinkel rücken weit in die Höhe. „Oh!“, tönt es verzückt und ein heiteres Kichern folgt sofort. Die Zehen des Mädchens wackeln auf und ab. Und unter aufmerksamen Blicken verfolgt sie die abfallenden Matschklumpen. Den Verlust der Stachelschale einer Buchecker. Dem breiten Lächeln tut es keinen Abbruch. Der Entdeckerlust ebenso nicht.



Weiter führen sie ihre Schritte, immer tiefer in den Wald hinein. In der Ferne liegt der gewaltige Schemen des Wolfsfelsens in der Stille des Waldes. Die roten Löckchen hüpfen wild auf dem Schopf. Sie rennt einige Schritte weit. Holt Schwung. Und springt in eine flache Pfütze. Laut schallt das Lachen durch den Wald. Glockenhell und klar. Die nächste Pfütze wird angepeilt. Matsch spritzt zu allen Seiten. Das grüne Leinen des Kleides und die blassen Beine nun noch mehr beschmutzt. Eine dritte Pfütze angepeilt. Größer. Flacher. Tief geht sie in die Hocke, um Schwung zu holen. Die Zunge zwischen den Zähnen und Lippen eingeklemmt. Volle Konzentration.
Dann stockt sie mitten in der Bewegung.



Da steht etwas. Vor der Pfütze. Sie schaut an den Läufen hinauf. Zwei davon wie dicke Arme. Sie haben starke Hände. Zwei davon kräftig schlank. Sie sind behuft. Die Nüstern beben unter den tiefen Atemzügen. Das Mädchen richtet sich auf. Blinzelt. Er blinzelt auch. Macht einen Schritt näher, schnaubt ihr ins Gesicht. Sie lacht. Erneut glockenhell, jedoch leiser. Die Finger werden ausgestreckt. „Ho.“, haucht das Stimmchen des Mädchens. Die Schnauze legt sich an die Handfläche. Sie gleitet hindurch. Kurz verschwimmt das Gesicht der massigen Gestalt. Das Mädchen lächelt warm. „Komm!“, tönt sie bestimmend und springt schon lachend davon.
Der Minotaurus hebt den gehörnten Kopf. Er schaut dem Kind nach. Schnaubt. Und folgt letztlich mit gemächlichem Schritt.

„The Norn will not change simply because the Dwarves do not understand our ways.
I'd rather be hated for who I am than loved for who I am not.“

Jora

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