Gedanken der Drei: Welten (Carmeen)

Sie lebte in unterschiedlichen Welten. So liess es sich am besten beschreiben. Sie blieb eine Träumerin. Auch, nachdem sie aus dem Traum erwacht war. Sie träumte sich in ihre Welt der Romane, voll von Rittern, bösen Drachen und holden Prinzessinnen. Voll von Liebe, Mut, Rachegelüste und Intrigennetze. Voll vom wahren Leben, welches aber mit dem jetzigen wenig und doch viel gemeinsam hatte. Auch in ihrer Realität gab es Drachen, die es zu erschlagen galt, adlige Mädchen, deren Herzen voller Hoffnung auf die wahre Liebe eines ebenso adligen Mannes warteten. Intrigen wurden in den Rängen der Menschen und Asura gesponnen, Rachegelüste gefühlt von verletzten Norn und Charr.
Sie erkundete die Welt der Bücher auf die gleiche Weise, wie sie mit offenen Augen durch die Welt wanderte, bedacht jedes noch so kleines Eckchen in ihrem beblätterten Kopf aufzubewahren. Sie wollte eine Bibliothek aus Momenten der Schönheit und Momenten des Leids aufzeichnen. Erinnern, wenn sie wieder durch die Landschaften von Wut und Freude, Leben und Tod wandelte.
Ihre Exkursionen führten sie in die unwirtlichen Wildnisse hinaus, ob feuchtwarmer Dschungel, eisigkalte Gletschergebirge, ausgetrocknetes Ebenen oder über grüne Wiesen. Immer auf der Suche zur nächsten Geschichte. Zum nächsten unbekannten Ort. Begierig mehr über die Welten zu erfahren, in denen sie lebte. Dem Ruf folgend, mit der Neugierde eines Sprösslings und der Wissbegierde einer Abendblüte. Und dabei blieb sie die Träumerin, die sie von Anfang an war und vermutlich niemals ablegen wird.
Man könnte sagen: Sie sei eine Weltenwanderin.


Ein Schneeeulerich zupfte mit seinem harten, gekrümmten Schnabel weckend an einem Kopfblatt der auf dem Tisch schlafenden jungen Frau. Mit wenig Erfolg allerdings. Sabber troff aus dem Mundwinkel und besudelte das offengelegte Buch. Die Geschichte darin handelte von unvergorener Liebe und Schuldgefühlen. Ein schwarzer Jaguar grummelte im Schlaf und der Eulerich liess von seinem Vorhaben ab, seine Freundin zu wecken.
Das Sternenlicht funkelte zwischen den Bäumen hindurch und hinterliess ein friedliches Bild einer anderen Welt.

Kommentare 8

  • Träumerlein! Carmen hätte bestimmt Spaß an den Geschichten um Don, Celeste, Olivia, Hazel und Co.!

    • Eine Träumerin durch und durch! Sie fände diese Geschichte mit allen ihren Facetten womöglich unglaublich spannend!

  • Mein Lieblingswort in der Geschichte: Schneeeulerich <3

  • Unglaublich atmosphärisch erzählt! Ich finde diesen Charakter bezaubernd und würde gerne mehr über sie lesen. <3


    Ich befürchte nur, die Realität ist etwas trostloser als die Märchenwelten.

    • Vielen lieben Dank <3 Ich schau mal, was sich machen lässt. Ich wollte dir zumindest einen Vorgeschmack geben, weil du mich schon dazu gezwungen hast als Einstieg ins neue Jahr. ^^ Ich hab ja schon genügend Möglichkeiten für Geschichten. ;) Also wenn ich Grimms Ursprungsmärchen so ansehe, bin ich gerade zu happy über die Realität...

    • Ja, das stimmt. Wobei ich finde, dass Grimm's Märchen zwar schon eine gewisse Grausamkeit haben, aber meistens ja doch gut ausgehen. Die Andersen Märchen indes hinterlassen einen ja zuweilen mit großer Traurigkeit, wenn ich mal an die kleine Meerjungfrau oder das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern denke. Ich möchte Carmeen also wünschen, dass ihr Leben eher ein Disney Märchen wird! Mit viel Gesang!

    • Jede Welt hat ihre Geschichten. Manche haben einen leidvollen Anfang und enden im Guten, andere beginnen fröhlich und enden in Trauer. Sie ist nur auf der Suche nach jenen freudig und traurig endenden Geschichten. *Teaser*